Frankfurter Rundschau, 31.12.1999

Flüchtlingszahl sinkt weiter

Zuzug durch Asylbewerber und Aussiedler so niedrig wie seit zwölf Jahren nicht mehr

Von Helmut Lölhöffel

In diesem Jahr sind erneut weniger Asylbewerber und Spätaussiedler nach Deutschland gekommen als im Vorjahr. Rund 95 000 Asylanträge wurden gestellt und gut 100 000 Aussiedler aufgenommen. Beide Zahlen sind die niedrigsten seit zwölf Jahren.

BERLIN, 30. Dezember. Die Zuwanderung von Asylbewerbern und Aussiedlern ist im ablaufenden Jahr weiter zurückgegangen. Dies zeichnet sich in den Statistiken der Länder ab, deren Trends am Donnerstag der Frankfurter Rundschau in Berlin bekannt wurden. Die Daten werden im Bundesinnenministerium zusammengefasst und sollen am 3. Januar amtlich bekannt gegeben werden. Nach dem Stand der fortgeschriebenen Zugangszahlen vom Donnerstag wird die Zahl der Asylbewerber bei 95 000 liegen. 1998 hatten sich mit 98 644 erstmals seit 1987 weniger als 100 000 Asylbewerber gemeldet. Die Anerkennungsquote der 1999 entschiedenen Asylfälle betrug 3,2 Prozent und sank gegenüber dem Vorjahr (4 Prozent) um 0,8 Prozentpunkte. An erster Stelle der Herkunftsländer lag mit etwa 33 000 Jugoslawien, gefolgt von der Türkei und Irak mit jeweils rund 8000 Asylbewerbern.

Die Zahl der Spätaussiedler lag 1999 knapp über 100 000. Etwa 50 000 kamen aus Kasachstan, an die 40 000 aus Russland. Im vorigen Jahr waren 103 080 deutschstämmige Zuwanderer registriert worden. Der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Jochen Welt (SPD), sieht seine Prognose bestätigt, "dass der Gesamtzuzug der Spätaussiedler 1999 bei etwa 100 000 liegen wird".

Welt sagte der FR, die Integration jugendlicher Spätaussiedler stehe im Vordergrund seiner Bemühungen. Erneut forderte er alle Aussiedlungswilligen in Osteuropa auf, sich "durch gute deutsche Sprachkenntnisse bessere Voraussetzungen auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen". Dadurch werde es auch leichter, sich einzugliedern.

Vor einigen Tagen hatte Welt in der FR Aussiedler gewarnt, ohne bestandenen Sprachtest nach Deutschland zu kommen. "Sie laufen Gefahr, in ihre Herkunftsgebiete zurückgeschickt zu werden", sagte er. Zurzeit leben nach den Angaben des Aussiedlerbeauftragten rund 1200 Menschen in Deutschland, die "keine Aussiedler im Sinne des Vertriebenengesetzes sind und deshalb nach dem Ausländerrecht behandelt werden müssen".

Plädoyer für Menschenrechte

FRANKFURT A. M. (afp). Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl hat dafür plädiert, das kommende Jahrhundert zu einem "Jahrhundert der Menschenrechte" zu machen. Am Ende des 20. Jahrhunderts bestehe die Gefahr, "dass soziale und humanitäre Standards den Interessen des Marktes und der Macht geopfert werden", erklärte Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kauffmann am Donnerstag in Frankfurt am Main. Komme es nicht zu Veränderungen, drohe ein neues Jahrhundert der Flüchtlinge, das die Massenvertreibungen und den Terror des 20. Jahrhunderts in den Schatten stellen könne.