Tagesspiegel, 29.12.99

Abschiebung straffälliger Ausländer?

Herta Däubler-Gmelin (SPD) regt Strafverbüßung im Heimatland an - CSU begrüßt den Vorschlag

Ausländische Häftlinge sollten ihre Strafe nach Ansicht von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) grundsätzlich in ihrem Heimatland verbüßen. Voraussetzung sei aber, dass es dort einen wirksamen und rechtsstaatlichen Strafvollzug gebe, sagte sie der "Bild"-Zeitung. Der bayerische Justizminister Manfred Weiß (CSU) begrüßte den Vorschlag. Däubler-Gmelin sagte, Ausländer und Spätaussiedler gehörten zu den Randgruppen, die besonders häufig mit Gefängnis bestraft würden. Unter anderem ihretwegen seien die Haftanstalten überfüllt. Von den rund 57 000 Strafgefangenen in Deutschland sind rund 14 000 Ausländer. Eine Strafverbüßung im Heimatland ist heute schon möglich, wird aber wegen praktischer Hindernisse nur selten verwirklicht.

Wie das bayerische Justizministerium erklärte, ist ein rechtsstaatlicher Strafvollzug nicht in allen Ländern garantiert. Zum Beispiel würden in der Türkei viele Täter mit langen Strafen begnadigt. Zweitens sei das Verfahren in jedem Einzelfall sehr langwierig. Und drittens sei die Überstellung nur mit Zustimmung der Häftlinge möglich. Ein europäisches Übereinkommen, das die Überstellung auch gegen den Willen des Häftlings ermöglicht, sei bislang nur von wenigen Ländern ratifiziert worden. Hier müsse sich die Bundesregierung stärker einsetzen. Däubler-Gmelins Ansatz sei aber völlig richtig.

Der Grünen-Politiker Beck mahnte, die Diskussion über Kriminalität von Ausländern müsse "mit aller Behutsamkeit geführt" werden. Nur wenn der Ausländer nach Verbüßung der Haft ohnehin in seine Heimat zurückkehre, könne bei rechtsstaatlichem Strafvollzug eine Verbüßung der Strafe in diesem Land erwogen werden.