Tagesspiegel, 28.12.99

Krauss-Maffei fürchtet um Leopard-Know-How

US-Konkurrent will den spanischen Lizenz-Hersteller übernehmen tmh

Der Münchner Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) GmbH & Co KG muss in Spanien gegen den US-Konzern General Dynamics eigenes Firmen-Know-how verteidigen. Es besteht die Gefahr, dass die Amerikaner intensive Einblicke in die jüngsten technologischen Entwicklungen des deutschen Kampfpanzers Leopard II erlangen, beschreiben Branchenkenner die Lage. Hintergrund dafür ist der Verkauf von 218 Leo II an die spanischen Streitkräfte, bestätigte ein KMW-Sprecher in München auf Anfrage. Diese Panzer mit einem Stückpreis von sechs bis zehn Millionen Mark werden zwischen 2002 und 2007 teils vom spanischen Lizenznehmer Santa Barbara Blindados (SBB) in Sevilla gebaut. Der Liefervertrag, der je nach Ausstattung der Panzer ein Volumen von 1,3 bis 2,2 Milliarden Mark umfasst, sei unterschrieben, bestätigten die Münchner. Bereits seit einem Jahr fließe Know-how an die vor ihrer Privatisierung stehende SBB. Über diese Hintertür versucht nun General Dynamics offenbar einen Fuss in die Tür zu bekommen. Denn die Amerikaner wollen SBB komplett übernehmen, bestätigten die Spanier. Dadurch würde vor General Dynamics die aktuelle Leopard-Technologie ausgebreitet, was die deutsche Industrie verhindern will. Ein Gegenangebot zur SBB-Übernahme wird nach Angaben aus Industriekreisen derzeit von KMW und der Düsseldorfer Rheinmetall AG erarbeitet. Wichtig wäre ein Zuschlag für die Deutschen schon wegen zukünftiger Panzergeschäfte. Denn General Dynamics baut den US-Panzer M 1, der dem Leo bei den beiden letzten Aufeinandertreffen unterlegen ist, wie sich Insider erinnern. Bei Ausschreibungen von Panzeraufträgen für die Schweiz und Schweden hätten sich die dortigen Regierungen jeweils wegen dessen technischer Überlegenheit für den Leopard II und gegen den M 1 entschieden. Wenn General Dynamics Detailkenntnisse über Leo-Schlüsseltechnologien erhalte, könne der M 1 entsprechend aufwertet werden, befürchtet die deutsche Rüstungsindustrie. Zudem würde die US-Konkurrenz im wichtigen Segment Kampfpanzer durch die SBB-Übernahme einen ersten Brückenkopf für künftige Geschäfte in Europa errichten.

Neben der Türkei dürften in naher Zukunft auch die osteuropäischen NATO-Beitrittsländer Interesse an modernen Panzern zeigen. Falls den Amerikanern die SBB-Übernahme gelingt, werde KMW nicht vom Panzerdeal zurück treten, um das Know-how zu schützen, bestätigte ein Firmensprecher, wo von einem einzigartigen Vorgang gesprochen wird. Der Kaufpreis für die SBB könne Schätzungen zufolge rund 50 Millionen Mark betragen. Über die Privatisierung will die spanische Regierung noch dieses Jahr oder Anfang 2000 entscheiden. Das Rennen gilt dort als völlig offen. KMW ist ein Gemeinschaftsunternehmen der zum Mannesmann-Konzern zählenden Krauss-Maffei und des Kasseler Familienunternehmens Wegmann, an dem die Hessen die Mehrheit halten. Für den Leopard II ist KMW der Generalunternehmer.