Berliner Morgenpost, 27. Dezember 1999

Rot-Grün weitet Rüstungsexporte aus

SPD-Expertin für Panzerverkauf an Türkei

rtr/AFP Hamburg - Die deutschen Rüstungsexporte haben nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" unter der rot-grünen Bundesregierung ein Rekordhoch erreicht. Die Ausfuhren von Rüstungsgütern seien 1999 von 1,383 auf 3,2 Milliarden DM gestiegen. Die Regierung habe unter anderem die Lieferung von drei U-Booten und vier unbewaffneten Korvetten nach Südafrika genehmigt. Indien habe Minenjäger, Indonesien Logistikpakete für U-Boote und die Türkei einen Test-Panzer sowie vier U-Boote erhalten.

Der CDU-Haushaltsexerte Dietrich Austermann betonte, jetzt werde von der Bundesregierung großzügig genehmigt, was vorher kritisiert worden sei. In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung hatte es geheißen, dass der "nationale deutsche Rüstungsexport außerhalb der Nato und der EU restriktiv gehandhabt" werden solle.

Die SPD-Verteidigungsexpertin Verena Wohlleben hat sich unterdessen für den Verkauf von Panzern an die Türkei ausgesprochen. In der "Welt am Sonntag" sagte sie, es bestünden keine Bedenken dagegen, weil die Türkei ihre Haltung geändert habe. So habe die türkische Regierung ein Programm gegen Folter und Korruption aufgelegt. Außerdem würden die Militärrichter gegen zivile Richter ausgetauscht.

"Dies war auch entscheidend dafür, dass die Türkei den Status eines EU-Beitrittskandidaten bekommen hat", sagte Frau Wohlleben. Nach ihrer Auffassung ist eine Annäherung der Türkei an die europäische Menschenrechtspolitik zu beobachten. Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass sich die Türkei im Kosovo im Rahmen der Kfor-Friedenstruppe engagiere.

Hinzu komme der Konflikt um Wasser in der Region. "Die künftigen Kriege in dieser Region werden Kriege um das Wasser sein. Mir ist es lieber, wenn wir die Türkei ordentlich mit Panzern ausgerüstet haben, als dass wir im Nato-Fall pflichtgemäß unsere Soldaten dorthin schicken müssen."

Der Bundessicherheitsrat hatte im Oktober die Lieferung eines Probepanzers an die Türkei genehmigt und damit einen heftigen Koalitionsstreit ausgelöst. Die SPD hat sich auf ihrem Bundesparteitag Anfang Dezember gegen die Lieferung deutscher Panzer in die Türkei ausgesprochen. Endgültig will die Bundesregierung im Jahr 2001 über das Panzergeschäft entscheiden.