Giessener Anzeiger u.a., 21.12.99

Panzerexport in die Türkei: Nicht weltfremd

Von Dieter Wonka, zzt. Ankara

Das Bild eines deutsch-türkischen Händedrucks unter dem Foto eines "Leo-II"-Panzers sei symbolisch, so informierte gestern der türkische Verteidigungsminister die Berliner Besucher. Die gewünschten 1000 "Leo II" gelten als fix gebucht. Weil in der Türkei schon Hunderte "Leo I" rollen, spricht man von einer Nachrüstung. Neue Menschenrechts-Kriterien gelten auch deshalb als unangemessen. Das ist nicht unlogisch.

Die Verständigung der Berliner Koalition auf einen Kompromiss beim Rüstungsexport geht diesen Weg des Realismus weiter. Das Menschenrechts-Argument wird eines von mehreren generellen Kriterien. Ein alleiniger Maßstab wird es nicht sein können. Multinationale Projekte, wie der "Tiger"-Hubschrauber, werden schon längst nicht mehr scharfen deutschen Richtlinien unterworfen. Das ist wie beim Asyl: Die Bereitschaft der EU, sich auf jungfräulich reines deutsches Recht zu verständigen, ist nicht gegeben. Restriktiv, so weit es geht, aber nicht Weltfremdheit als Prinzip.

Wer die Türkei in die EU aufnehmen will, wer ihr eine zentrale strategische Funktion einräumt, wer sie mit alten "Leos" und 100000 ebensolchen NVA-Panzerfäusten ausstaffiert hat, der ist längst parteiisch.

Dieser nüchterne Realismus sollte den Grünen gleich mit abgefordert werden, wenn das Kabinett morgen die neuen Richtlinien für den Rüstungsexport beschließt.