Süddeutsche Zeitung, 14.12.1999

Untersuchung der Rüstungsexporte:

Kirchen fordern mehr Transparenz

"Innenpolitische Lage der Käuferstaaten stärker beachten"

Von Andreas Metzner

Berlin - Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) hat eine kritische Bilanz der deutschen Waffenlieferungen ins Ausland gezogen. In ihrem Rüstungsexportbericht 1999 fordert die von den beiden großen Kirchen getragene Organisation die Bundesregierung auf, bei der Genehmigung von Waffenlieferungen weiter eine restriktive Politik zu verfolgen und die innere politische Lage der Käuferstaaten stärker zu beachten. In den kommenden Jahren ist dem Bericht zufolge mit einem Ansteigen der deutschen Rüstungsexporte zu rechnen.

Der Bericht wertet die national und international verfügbaren Quellen über deutsche Waffenlieferungen im Jahr 1998 aus. Demnach konnte die deutsche Rüstungsindustrie überproportional vom Anstieg des weltweiten Waffenhandels profitieren. Es wurden mehr als 11 000 Ausfuhrgenehmigungen erteilt und 27 Exportverweigerungen ausgesprochen. Das Exportvolumen betrug nach Angaben des Bonner Rüstungsexperten Michael Brzoska etwa fünf Milliarden Mark. Damit lag Deutschland mit etwa fünf Prozent Marktanteil auf Platz fünf der Rüstungslieferanten.

In den kommenden Jahren werden Verträge, die noch von der alten Bundesregierung abgeschlossen wurden, die deutschen Waffenexporte weiter steigen lassen. "Das geschieht unabhängig davon, ob die jetzige Bundesregierung die Genehmigungspolitik ändert", sagte Brzoska. Umfangreiche Geschäfte, die über mehrere Jahre abgewickelt würden, beträfen vor allem die Lieferung von Schiffen, Kampfflugzeugen und Panzern.

Der Frankfurter Friedensforscher Bernhard Moltmann kritisierte die Genehmigungspolitik als "zu wenig transparent". Er verwies dabei auf die geplante Lieferung eines Test-Panzers an die Türkei und die unbefriedigende Diskussion über eine Neufassung der politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Waffenexport. Außerdem bemängelte Moltmann fehlende Initiativen zur Kontrolle des Waffenexports während der deutschen EU-Präsidentschaft: "Es hat den Eindruck, als handle es sich für die Regierungskoalition nur um einen zweitrangigen Gegenstand", sagte er. Gemessen an den Absichtserklärungen beim Amtsantritt vor einem guten Jahr müsse sich die Bundesregierung eine "wenig optimistische Bilanz" vorhalten lassen.