Die Welt, 11.12.1999

Asyl: Arbeitsverbot wird aufgehoben

SPD-Fraktion kündigt Regelung an - Wiefelspütz verteidigt Schily

Von Armin Fuhrer

Berlin - Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, hat den Beschluss des SPD-Parteitags vom Donnerstag zum Asylrecht verteidigt. "Ich kann nichts Schlimmes daran erkennen, wenn die Partei weitergeht als die Regierung", sagte Wiefelspütz der WELT. Zugleich wies Wiefelspütz aber auch darauf hin, "dass die Koalition nicht alle weiterreichenden Vorstellungen der Delegierten erfüllen kann".

Die Delegierten hatten gegen die Parteiführung einen Antrag verabschiedet, in dem unter anderem eine Erweiterung der gerade erst von den Länder-Innenministern verabschiedeten Regelung zu Asylaltfällen gefordert wird. Danach sollten alle Ausländer, die länger als fünf Jahre in Deutschland lebten, ein Bleiberecht erhalten. Das Arbeitsverbot für Flüchtlinge sollte aufgehoben werden; der Bezug von Sozialhilfe sollte einem Bleiberecht nicht entgegenstehen. Zudem wird in dem Antrag ein europäisches Einwanderungsgesetz gefordert.

Wiefelspütz verteidigte dagegen die Altfallregelung. Die Alternative wäre bei einem Scheitern der Gespräche der Innenminister ein Gesetzentwurf der rot-grünen Bundesregierung gewesen. "Der hätte aber im Bundesrat nie eine Chance gehabt", sagte der SPD-Politiker. Neben den unionsgeführten Ländern hatten sich auch einige SPD-Länder gegen eine Altfallregelung ausgesprochen.

Der Forderung nach einer Aufhebung der Arbeitsverbote für Flüchtlinge werde bald nachgekommen, kündigte Wiefelspütz an. Zwischen den Fachleuten der Koalition werde gerade darüber verhandelt, wie die zukünftige Regelung aussehen könnte. Vorstellbar sei, den betroffenen Personen eine Arbeitserlaubnis zu erteilen, nachdem sie eineinhalb oder zwei Jahre in Deutschland gelebt hätten. "Wenn ein Flüchtling arbeiten kann, dann spart das Geld. Und er hat eine Beschäftigung - das hat auch etwas mit Menschenwürde zu tun", so Wiefelspütz.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Gerd Poppe (Bündnis 90/Die Grünen), forderte am Freitag einen humanitäreren Umgang der deutschen Behörden mit Flüchtlingen und Asylbewerbern. Zum Tag der Menschenrechte kritisierte Poppe, im Vordergrund stünde zumeist das Herkunftsland des Flüchtlings. Im Mittelpunkt müsse aber das Einzelschicksal und der Schutz des Individuums stehen.