Die Presse 10.12.1999

Deutschland denkt an Ausweis - für wen?

Freiwilliger Pilotversuch

Ob die Chipkarte für alle Ausländer oder nur für Asylwerber eingeführt werden soll, ist noch in Diskussion. Die US-"Green-Card", von der FPÖ oft als Vorbild für die von ihr geforderte "A-Card" genannt, ist jedoch etwas anderes.

WIEN (e. w.). "Ist Gerhard Schröder für die SPÖ jetzt jemand, der sich Nazi-Methoden bedient?", fragt der FP-Klubobmann Herbert Scheibner. Denn die rot-grüne Regierung in Deutschland plane einen Ausweis für Asylwerber. Mit der "A-Card" legte die FPÖ kürzlich einen ähnlichen Vorschlag vor: Jeder Ausländer, der in Österreich lebt, soll verpflichtet werden, eine Identitätskarte mit Photo und Fingerabdruck bei sich zu tragen. Diese Idee wurde von den anderen Parlamentsparteien strikt abgelehnt und unter anderem mit der Juden-Karte des NS-Regimes verglichen. Die deutsche Innenministerkonferenz hat am 19. November beschlossen, einen Pilotversuch zu starten. In einem Bundesland soll eine "multifunktionale Chipkarte" mit Fingerabdrücken getestet werden. Ob für Asylwerber oder alle Ausländer, darüber werde noch diskutiert, sagt Frank Hübschmann von der Aslyabteilung des Innenministeriums in Berlin. "Zunächst auf freiwilliger Basis, kein Ausländer muß mitmachen." Verläuft der Versuch erfolgreich, soll die Karte als einheitliches Dokument, das der Inhaber immer bei sich tragen muß, verwendet werden. Das geht aus einer Anfrage hervor, die der Generalsekretär des EU-Rates, Javier Solana, auf Antrag Deutschlands an die Mitgliedsstaaten verschickt hat. Der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) will wissen, wie die anderen Länder Ausweise für Ausländer handhaben. Die Fragestellung zeigt, daß bei der Chipkarte eben nicht nur an Asylwerber gedacht wird. "Wie ist der Adressatenkreis für den Karteneinsatz? Bezieht sich dies nur auf Asylwerber oder auch auf andere Ausländergruppen?" fragt Schily die EU-Mitglieder.

Verlosung von "A-Cards"?

Ein anderer, von der FPÖ in den vergangenen beiden Wochen oft strapaziert "er Vergleich, hinkt aber immer noch: Die "Green Card", die US-Aufenthaltsgenehmigung, weist zwar ebenfalls Fingerabdrücke auf, der Inhaber muß sie aber nicht ständig bei sich tragen. Und die USA verlosen in einer weltweiten Lotterie jährlich 50.000 Stück der rosa Arbeitserlaubnis. "Na das zeigt doch, wie begehrt so ein Ausweis ist, wenn die Leute sogar darum spielen", meint FP-Klubobmann Herbert Scheibner. FP-Sicherheitssprecherin Helene Partik-Pablé hatte die "A-Card" mit der "Green Card" verglichen. Diese dient aber nicht dazu, Ausländer im Unterschied zu US-Bürgern zu identifizieren, sondern dazu, Nicht-US-Bürgern eine dauerhafte Aufenthalts- plus Arbeitsbewilligung zu verschaffen. Sollte Österreich nun in Serbien, der Türkei oder Nigeria "A-Cards" verlosen? "Das ist Amerika, wir haben ein anderes System", wiegelt Scheibner ab. Und außerdem: "Das war nur ein Beispiel. Das ist überall anders geregelt."