taz, 10.12.1999

Herren, bessert euch!

Organisationen: Schily und die Polizei verstoßen gegen die Menschenrechte

Düsseldorf (AP) - Anlässlich des heutigen Tages der Menschenrechte haben amnesty international und Pro Asyl Kritik an der Bundesregierung geübt. Die Generalsekretärin der deutschen Sektion von amnesty international, Barbara Lochbihler, rügte gestern in Bonn, nach den Äußerungen von Bundesinnenminister Otto Schily zur Asylpolitik und der Lieferung eines Leopard-Panzers an die Türkei müsse "man Zweifel haben, ob es die Bundesregierung mit ihrem Engagement für die Menschenrechte wirklich ernst meint".

Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Pro Asyl, Heiko Kauffmann, forderte, "endlich die menschen- und völkerrechtlichen Defizite der deutschen Flüchtlingspolitik zu beseitigen". Es helfe wenig, wenn Bundesaußenminister Joschka Fischer seine Außenpolitik als Beitrag zur Friedens- und Menschenrechtspolitik darstelle, gleichzeitig aber "Schily durch eine nationalstaatlich bornierte Politik der Abschottung und Flüchtlingsabwehr diese Bemühungen konterkariert". Pro Asyl warf Schily vor, das Asylrecht auf einen "bloßen staatlichen Gnadenakt" reduzieren zu wollen.

Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung warf der rot-grünen Bundesregierung vor, sie gefährde mit ihrer Sparpolitik das Menschenrecht auf Familienplanung. Mehr als drei Millionen Frauen und Männer stürben jedes Jahr, weil sie keinen Zugang zu Verhütungsmitteln, Schwangerenvorsorge, Geburtshilfe oder zu Informationen über den Schutz vor Aids hätten. Angesichts dessen seien die geplanten Kürzungen im Bereich der bevölkerungspolitischen Entwicklungszusammenarbeit eine Katastrophe, erklärte Stiftungsgeschäftsführer Hans Fleisch.

Mehr als 40 Ausländer sind nach Recherchen des Vereins "Aktion Courage - SOS Rassismus" in den vergangenen eineinhalb Jahren von deutschen Polizisten oder Sicherheitskräften misshandelt worden. "Das ist nur die Spitze des Eisbergs", sagte der Vereinsvorsitzende und innenpolitische Fraktionssprecher der Grünen, Cem Özdemir, gestern in Berlin. Viele Fälle würden gar nicht erst bekannt. Als Konsequenz aus den anhaltenden Übergriffen forderte Özdemir die verstärkte interkulturelle Bildung von Polizisten, die Einrichtung von Anlaufstellen für Opfer und eine Verbesserung des Akteneinsichtsrechts.