Rheinpfalz online, 10.12.1999

Prodi warnt vor überstürzter EU-Erweiterung

Bei Gipfel Auseinandersetzungen erwartet

BRÜSSEL (gac). Zwei Tage vor dem EU- Gipfeltreffen in Helsinki hat der Präsident der Europäischen Kommission Romano Prodi davor gewarnt, die Verhandlungen über die Osterweiterung mit zu hohen Erwartungen zu belasten.

Er hoffe zwar, dass sich die EU das Ziel setze, bis zum 1. Januar 2003 ihre institutionelle Reform unter Dach und Fach zu bringen und damit bis zu diesem Datum erweiterungsfähig zu sein. Das bedeute jedoch nicht, dass dann auch schon die Verhandlungen mit einzelnen Beitrittskandidaten abgeschlossen und die ersten neuen Mitglieder aufgenommen werden können. In Helsinki werden die 15 Staats- und Regierungschefs voraussichtlich dem Vorschlag der EU-Kommission folgen und weitere sechs Kandidaten in die EU-Beitrittsverhandlungen einbeziehen. Eine Antwort auf die Frage, wann die offiziellen Aufnahmeverhandlungen mit Rumänien, Bulgarien, der Slowakei, Lettland, Litauen und Malta beginnen, blieb Prodi schuldig. In Brüssel rechnet man offenbar damit, dass es bei nahezu allen Themen des EU-Gipfels zu harten Auseinandersetzungen kommen wird. Das gilt sowohl für die geplante Entscheidung, die Strukturen für eine eigenständige EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu schaffen, als auch für die Frage, ob die Türkei den Status eines "offiziellen EU-Beitrittskandidaten" erhalten soll. Strittig ist auch das EU-Steuerpaket, das von den Briten hartnäckig blockiert wird und nach mehreren gescheiterten Anläufen nun den Regierungschefs zu einem letzten Einigungsversuch zugeschoben wird.