Nürnberger Nachrichten, 9.12.19999

Vorwürfe von Grünen und SPD an den Innenminister "Regelung unterlaufen"

Streit um Asyl-Altfälle - Beckstein weist die Kritik zurück

MÜNCHEN (dpa) - Bayern unterläuft nach Befürchtungen von SPD und Grünen die Altfallregelung für Asylbewerber.

Eine Anweisung von Innenminister Günther Beckstein schließe de facto über 90 Prozent der in Frage kommenden Fälle durch "willkürliche Verschärfungen" von der Neuregelung aus, kritisierte Elisabeth Köhler (Grüne). SPD-Rechtsexperte Klaus Hahnzog sprach von "Sippenhaft".

Nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern sollen Flüchtlingsfamilien, die vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, trotz eines ablehnenden Asylbescheids in Deutschland bleiben können. Abweichend von der Vereinbarung habe Beckstein die Behörden angewiesen, die Altfallregelung für die gesamte Familie nicht anzuwenden, wenn auch nur ein Familienmitglied straffällig geworden sei, erklärte Hahnzog.

Beckstein wies die Vorwürfe zurück. Zwar würden tatsächlich in Bayern deutlich weniger Personen als erwartet unter die Neuregelung fallen - voraussichtlich 400 statt 700 Asylbewerber. Grund dafür sei jedoch nicht eine angebliche Sippenhaft. Vielmehr zeigten sich Betroffene häufig nicht bereit, an der Passbeschaffung mitzuwirken. Dies sei jedoch eine wesentliche Voraussetzung für die Altfallregelung.

Nach Angaben der Grünen ist zudem vorgesehen, große Familien auszuweisen, wenn sie mehr als sechs Monate ergänzende Sozialhilfe beziehen. Auch Flüchtlinge, die sich in die Obhut von Unterstützern begeben hätten, sollten ausgeschlossen werden.