Rheinische Post 8.12.1999

SPD-Parteitag lehnt Lieferung deutscher Panzer an Türkei ab

Berlin (dpa) - Die SPD will die Lieferung deutscher Panzer in die Türkei verhindern. Der Bundesparteitag hat am Dienstag in Berlin einen entsprechenden Antrag verabschiedet. Ein solcher Rüstungsexport stehe im Widerspruch zu dem programmatischen Ziel der SPD, Waffenexporte schrittweise zu reduzieren und langfristig ganz zu beenden. Angesichts der bewaffneten Auseinandersetzungen mit den Kurden innerhalb und außerhalb der Türkei erhöhe eine weitere Aufrüstung der türkischen Armee das Risiko einer Konflikteskalation.

Der Bundessicherheitsrat hatte vor wenigen Wochen die Lieferung eines Testpanzers an die Türkei beschlossen. Die Entscheidung, die der Grüne-Bundesaußenminister Joschka Fischer und die Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) nicht mitgetragen hatten, war sowohl bei den Grünen als auch bei Teilen der SPD auf scharfe Kritik gestoßen.

Breiten Raum in der außenpolitischen Debatte nahm auch die Diskussion um den Einsatz deutscher Soldaten am Kosovo-Krieg ein. Von mehreren Delegierten wurde scharfe Kritik an dem Nato-Vorgehen laut. Der Kölner Bundestagsabgeordnete und Partei-Linke Konrad Gilges meinte, er sei etwas dadurch "genervt, wie unkritisch unser Einstieg in den Kosovo-Krieg diskutiert wird". Der frühere Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau regte eine "Bestandsaufnahme über Dauer und Massivität des militärischen Einsatzes" an. Bundeskanzler Gerhard Schröder verteidigte vehement den Einsatz im Kosovo. Ein Initiativantrag, der die Einsetzung einer Kommission forderte, die die Folgen des Krieges untersuchen soll, wurde an den Vorstand überwiesen.

Einem von Wieczorek-Zeul präsentierten Leitantrag zur Außenpolitik stimmten die Delegierten zu. Kernpunkte sind ein umfassendes Sicherheitskonzept innerhalb der Europäischen Union, die Erweiterung der EU, die Stabilität für Südosteuropa und eine auf Menschenrechte ausgerichtete Außenpolitik.

Eine vereint handelnde Europäische Union müsse die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Vereinten Nationen (UN) stärken, heißt es in dem Antrag. Außerdem setze sich die SPD dafür ein, den Erweiterungsprozess zügig voranzutreiben. Dieser dürfe sich nicht auf die jetzigen Beitrittskandidaten einschließlich der Türkei beschränken.

Auch vor dem Hintergrund der Tschetschenien-Krise will Deutschland im Interesse der europäischen Sicherheit die Partnerschaft mit Rußland weiter entwickeln. Die Einbeziehung Moskaus sei wichtig für die Vermeidung und die Eskalation von Konflikten.

Beim Thema Menschenrechte forderte die SPD die Wirtschaft auf, gemeinsam mit Menschenrechtsorganisationen Normen und Standards zu entwickeln, die "als Richtschnur für unternehmerisches Ethos dienen können". Diese sollten unter Beachtung der jeweiligen kulturellen Rahmenbedingungen insbesondere das Verbot der Kinderarbeit, das Verbot der Diskriminierung von Frauen, nationaler religiöser und anderer Gruppen enthalten.