Süddeutsche Zeitung 8.12.1999

Europa-Abgeordnete kritisieren die Türkei

old. Brüssel - In der christdemokratischen EVP-Fraktion des Europaparlaments gibt es zunehmend Vorbehalte gegen eine baldige Aufnahme der Türkei in die EU. "Die Türkei hat in den vergangenen Jahren keinerlei substanzielle Fortschritte hinsichtlich Menschenrechte und Demokratie erzielt", sagte der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe, der Europaabgeordnete Hartmut Nassauer, am Dienstag in Brüssel. Nassauer übte Kritik an der EU-Kommission, die einen Vorschlag für das EU-Gipfeltreffen am Freitag in Helsinki unterbreitet hat, nach dem die Türkei in die Reihe der Beitrittskandidaten aufgenommen werden soll. Auch die EU-Außenminister hatten sich mit Ausnahme Griechenlands bei ihrem Treffen Anfang der Woche in Brüssel für diesen Vorschlag ausgesprochen. Offen ist allerdings, wie die EU-Staats- und Regierungschefs in Helsinki entscheiden werden. Die Athener Regierung knüpft ihre Zustimmung an die Bedingung, dass der griechische Teil der seit 1974 geteilten Insel Cypern in die EU aufgenommen wird.

Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber sprach sich für eine Festlegung der künftigen geografischen Grenzen der EU aus. "Wenn die Türkei in die Reihe der Kandidaten aufgenommen wird, kann man dies beispielsweise auch der Ukraine nicht verwehren", meinte er. Nach Ansicht der christdemokratischen Abgeordneten dürfe die EU nicht durch die Aufnahme neuer Mitglieder aus Ost- und Mitteleuropa "verwässert" werden. Zunächst müsse die Entscheidungsstruktur der Gemeinschaft reformiert werden.