Die Presse (Wien), 3.12.99

Neuer Anlauf zum Fall der Zypern-Mauer

In New York beginnen heute, Freitag, unter Ägide der UNO Gespräche zur Lösung der Zypern-Frage. V on unserem Korrespondenten CHRISTIAn GONSA

ATHEN/NIKOSIA. 1991 war es, als US-Präsident George Bush erklärte, "zu Jahresende" müsse das Zypernproblem gelöst sein. Er sollte sich täuschen. Die Insel ist auch 1999 geteilt, nach wie vor sind UN-Blauhelme zur Sicherung der Zonengrenzen stationiert. Bushs Nachfolger Bill Clinton ist bescheidener: Er ist bereits glücklich, wenn die Vertreter der griechischen und der türkischen Zyprioten miteinander reden. Ab 3. Dezember führen Zyperns Präsident Glafkos Klerides als Vertreter der Inselgriechen und Rauf Denktasch, Führer der nur von der Türkei anerkannten "Türkischen Republik Nordzypern", in New York Verhandlungen über das Schicksal der Insel - die ersten seit Sommer 1997.

Keine hohen Erwartungen

Die Verhandlungen finden auf Einladung von UN-Generalsekretär Kofi Annan statt. Hinter ihm stehen der UN-Sicherheitsrat, die Gruppe der G-8-Staaten und die EU. Klerides sprach deshalb im Sommer von der "gewichtigsten Initiative" seit der Teilung der Insel 1974. Inzwischen sind die Erwartungen nicht mehr sehr groß. Rauf Denktasch ließ sich lange bitten, sein Erscheinen ist auf den Druck der Schutzmacht Türkei zurückzuführen, die vor dem EU-Gipfel in Helsinki ein positives Zeichen setzen will. Denn in Finnland soll über einen EU-Kandidatenstatus der Türkei entschieden werden. Denktasch scheint nicht zu substantiellen Gesprächen bereit zu sein, denn zunächst wünscht er eine Klärung des Status seiner "Republik". Die griechischen Zyprioten und die UNO gehen, im Gegensatz zu Denktasch, von einem bikommunalen Einheitsstaat aus. Die Gespräche werden nur indirekt, das heißt über einen Vermittler, geführt. Das Programm: Sicherheit, Grenzen, Verfassung, Eigentumsrechte.