web.de, 29.09.2000 15:54

Asylbewerber in Brandenburg protestieren gegen Rassismus

Schlechte Lebensbedingungen kritisiert - Erneut Übergriff auf Ausländer

Potsdam (AP)

Rund 200 Asylbewerber haben am Freitag in Potsdam gegen Rassismus bei Behörden und in der Bevölkerung protestiert und bessere Lebensbedingungen gefordert. «Überall in Deutschland werden Asylbewerber als Menschen zweiter Klasse behandelt, in Brandenburg ist die Lage jedoch noch schlimmer», sagte der Sprecher der Flüchtlingsinitiative Brandenburg, Christopher Nsoh. Bereits am vergangenen Sonntag hatten Flüchtlinge im südöstlich von Berlin gelegenen Cottbus demonstriert.

Mit dem Protest solle auf die nicht abreißende Serie von fremdenfeindlichen Attacken gegen Ausländer in Brandenburg aufmerksam gemacht, erklärte Nsoh. Außerdem führe das restriktive deutsche Asylrecht zu unwürdigen Lebensbedingungen für Flüchtlinge.

Asylbewerber seien durch das Asylrecht aus der Gesellschaft ausgegrenzt, kritisierte die Sprecherin des Flüchtlingsrates Brandenburg, Judith Gleitze. Sie müssten in abgelegenen Heimen leben, die sie nur mit amtlicher Erlaubnis verlassen dürften. Flüchtlinge seien zusätzlich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil sie kein Bargeld erhielten, sondern nur Wertcoupons.

Die Flüchtlingsinitiative Brandenburg, die die Demonstration organisierte, ist ein loser Zusammenschluss von brandenburgischen Asylbewerbern aus mehreren Heimen. Sie entstand auf Initiative des Heimes im nordbrandenburgischen Rathenow. Deren Bewohner hatten unlängst mit einem offenen Brief Schlagzeilen gemacht. Darin hatten sie die Verlegung in ein anderes Bundesland gefordert, weil sie sich in Brandenburg nicht mehr sicher fühlten.

Unterdessen kam es in Potsdam in der Nacht zum Freitag erneut zu einem ausländerfeindlichen Übergriff. Vier junge Türken, die als Gäste eines TV-Senders in der Stadt waren, wurden von vier Jugendlichen beschimpft und bestohlen, wie die Polizei mitteilte. Die 16- bis 18-Jährigen seien auf dem Weg von einer Pizzeria zu ihrem Hotel von den stark alkoholisierten Deutschen als «Scheiß Ausländer» beschimpft worden. Außerdem sei ihnen eine Pizza entwendet worden. Bei der Auseinandersetzung erlitt laut Polizei ein Deutscher eine leichte Verletzung durch einen Schlag mit einer Flasche. Der betreffende türkische Jugendliche erklärte den Angaben zufolge, er habe damit einem Angriff zuvorkommen wollen.