web de 30.09.2000 12:42

Fast 300 Verletzte bei neuen Zusammenstößen

Straßenschlachten im Westjordanland, Gazastreifen und Jerusalem - Aufruf zum Generalstreik

Jerusalem (AP)Israelis und Palästinenser haben sich am Samstag den dritten Tag in Folge blutige Auseinandersetzungen geliefert. Im Westjordanland, dem Gaza-Streifen und in Jerusalem bewarfen tausende Demonstranten israelische Soldaten mit Steinen, diese gingen mit Gummigeschossen gegen die Menge vor. Nach palästinensischen Angaben wurden bei den Straßenschlachten 280 Personen verletzt. Die heftigsten Auseinandersetzungen gab es in der Nähe von Nablus im Westjordanland, wo tausende Palästinenser auf einen Kontrollpunkt der israelischen Armee zustürmten. Eine Gruppe vermummter Männer eröffnete das Feuer auf die israelischen Soldaten, die mit scharfer Munition zurückschossen.

Am Freitag waren bei den schwersten Ausschreitungen seit Jahren auf dem Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt sechs Palästinenser getötet und fast 200 verletzt worden. Um ihrer zu gedenken, rief die palästinensische Autonomiebehörde für Samstag zum Generalstreik auf. Aus Angst vor weiteren Spannungen verbot Israel seinen Bürgern Reisen in die palästinensisch kontrollierten Gebiete. Auslöser für die jüngsten Unruhen war ein Besuch des konservativen Oppositionsführers Ariel Scharon. Dieser hatte am Donnerstag (richtig) den Tempelberg besucht, wo heilige islamische und jüdische Stätten liegen.

Die blutigen Auseinandersetzungen haben auch den Ton bei den Friedensverhandlungen verschärft. Der palästinensische Unterhändler Nabil Schaath warf den israelischen Sicherheitskräften nach den Zusammenstößen auf dem Tempelberg «vorsätzlichen Mord» vor. Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak forderte die Palästinenserführer auf, zur Beruhigung der Situation beizutragen. Die USA appellierten an beide Seiten, die Spannungen wieder abzubauen. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, wies dann aber Scharon die Schuld zu. «Wir waren besorgt, dass der Besuch Scharons an dieser Stätte zu Spannungen führen könnte. Und das war dann ja auch der Fall.»