reuters 30.9.2000

Irak und Iran auf Annäherungskurs

Caracas, 29. Sep (Reuters) - Rund zwanzig Jahre nach Beginn des Krieges zwischen dem Irak und dem Iran befinden sich beide Ölstaaten offenbar auf einem Wiederannäherungskurs. In der venezolanischen Hauptstadt Caracas trafen Irans Präsident Mohammad Chatami und der irakische Vizepräsident Taha Jassin Ramadan am Freitag zu einem Meinungsaustausch zusammen, der nach Angaben eines Sprechers von Chatami alle wesentlichen bilateralen Fragen umfasste. Nach Angaben von Diplomaten fand die Begegnung, die erste auf dieser höchsten politischen Ebene seit knapp einem Jahrzehnt, auf Wunsch der irakischen Seite im Anschluss an den zweitägigen OPEC-Gipfel statt.

Nach Angaben von Mohammad Ali Abtahi, Generalstabschef im iranischen Präsidialamt, wurden bei dem Gespräch gute Fortschritte erzielt. Es sei außerdem Einigkeit über die Gültigkeit des 1980 von Iraks Präsidenten Saddam Hussein aufgekündigten Vertrags von Algiers erreicht worden, mit dem Saddam Hussein vor der Revolution von 1979 mit dem damaligen Schah von Persien die Abtretung eines Teils des Schatt-el-Arab- Wasserweges an den Iran vereinbart hatte, um so die iranische Unterstützung der um Autonomie kämpfenden Kurden im Irak zu beenden. Auf die Aufkündigung des Vertrages 1980 folgte der irakisch-iranische Krieg, in dessen Verlauf mindestens eine Million Menschen starben. Dieser erste Golf-Krieg endete mit einem Waffenstillstand, aber bisher ohne Friedensabkommen.

Jahrelang blieb das Verhältnis der beiden Länder durch gegenseitige Vorwürfe belastet, die jeweils andere Seite unterstütze die im Exil operierenden Widerstandsgruppen. Auch der Austausch von Kriegsgefangenen gilt als noch nicht abgeschlossen. Unklärt sind auch die Reparationsforderungen.

Chatami, im Westen als moderater Reformer bekannt, hatte anlässlich des 20. Jahrestages des Kriegsbeginns mit Irak dem Nachbarland die Hand zur Versöhnung ausgestreckt. Aber auch im Irak hatten die amtlichen Zeitungen dafür plädiert, zwanzig Jahre nach Kriegsausbruch ein neues Kapitel in den Beziehungen zueinander aufzuschlagen.

Im Iran wurden damals die USA als die treibende Kraft hinter dem irakischen Kriegstreiben gesehen, zwei Jahre nach dem Sturz des Schah-Regimes durch die iranische Revolution. Den arabischen Golfstaaten warf der Iran damals vor, die irakische Kriegsmaschinerie durch Milliarden Dollar an Investitionen während des Golf-Kriegs geschmiert zu haben. Mit dem Amtsantritt Chatamis 1997 begann dann ein Tauwetter in den Beziehungen zwischen Iran und Irak.

rin/bob