Süddeutsche Zeitung, 29.9.2000

EU-Minister einig über Flüchtlingsfonds

Von Cornelia Bolesch

Brüssel - Die Innenminister der Europäischen Union haben sich am Donnerstag auf die Einrichtung eines EU-Flüchtlingsfonds verständigt. Der Fonds wird bis einschließlich 2004 mit 216 Millionen Euro (etwa 420 Millionen Mark) ausgestattet. Dieses Geld wird nach einem bestimmten Schlüssel auf die einzelnen EU-Länder verteilt und soll die Unterbringung, die Integration, aber auch die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen, Vertriebenen und Asylbewerbern erleichtern. Von dieser Summe werden 50 Millionen Euro für Notfälle reserviert, beispielsweise wenn es zu Massenfluchten kommt wie in den vergangenen Jahren aus Bosnien und aus dem Kosovo.

Der Anteil, den jeder Staat aus diesem Fonds erhält, richtet sich nach der Zahl der Flüchtlinge, die in den vergangenen drei Jahren in das jeweilige EU-Land gekommen sind. Außerdem soll es für Länder, die bisher keine Flüchtlinge aufgenommen haben, einen Sockelbetrag geben, der im ersten Jahr 500 000 Euro beträgt und bis 2004 auf 100 000 Euro vermindert wird. Nach Auskunft von Innen-Staatssekretär Henning Schapper erhält Deutschland aus dem Fonds etwa 30 Prozent der Gelder.

Ungeklärt im Kreis der EU-Innenminister ist nach den Worten Schappers immer noch das Thema "Physische Lastenverteilung". Im Fall eines plötzlichen Massenansturms von Flüchtlingen bestehe die deutsche Regierung darauf, dass diese Flüchtlinge ausgewogen in der EU untergebracht werden. Man wolle keine Situation mehr, in der Deutschland gezwungen sei - wie im Fall des Kriegs in Bosnien - 90 Prozent der Flüchtlinge aufzunehmen. Eine faire Lastenverteilung solle im Rahmen des Richtlinienvorschlags der Kommission über den vorübergehenden Schutz von Flüchtlingen erreicht werden. Das habe man jetzt in einer Protokollerklärung festgehalten.

Die Innen-und Justizminister einigten sich auch auf eine Ausweitung der Kompetenzen von Europol. Die europäische Polizeistelle in Den Haag darf künftig unabhängig von der genauen Definition der Straftat bei Verdacht von Geldwäsche tätig werden und entsprechende Daten speichern und auswerten. Bislang konnte sie nur handeln, wenn die Geldwäsche in Verbindung mit Drogengeschäften, Straftaten mit Nuklearmaterial, Schleuserkriminalität, Kfz- oder Menschenhandel und Terrorismus stand. Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) erklärte in Brüssel, mit diesem Beschluss sei Europol auf dem Weg "zur wichtigsten Zentralstelle für Informationsaustausch und Analyse in der EU" zu werden.