Aachener Nachrichten, 29.9.2000

BGS nahm Hüssein Calhan am Bahnhof fest

Amtsrichter verfügte Abschiebehaft

Aachen (an-o). Hüssein Calhan, Kurdensprecher des Kirchenwanderasyls, ist in Abschiebehaft. am Donnerstagnachmittag ordnete ein Aachener Amtsrichter die Haft an.

Schwer bewacht wurde Calhan in den Sicherheitstrakt des größten Abschiebegefängnisses von NRW, nach Büren, transportiert. Kurz zur Vorgeschichte: Am Mittwoch wurde der 27-jährige Kurde, der seit zwei Jahren im Kirchenwanderasyl - zuletzt in St. Germanus Haaren - lebte, vor dem Aachener Hauptbahnhof von Beamten des Bundesgrenzschutzes bei einer Personenkontrolle aufgegriffen. Da gegen ihn eine Abschiebeverfügung vorlag, wurde Calhan von den Beamten festgenommen.

Noch am gleichen Abend wurde der Mann ins Polizeigewahrsam des Polizeipräsidiums überführt. Calhan war zum Hauptbahnhof gefahren, um eine kurdische Kinder-Folkloregruppe abzuholen, die an einer großen Veranstaltung verschiedener Medien, Aseag und der Polizei gegen Rassismus auf dem Markt teilnehmen wollte. Der Kurde gehörte dort zu den offiziellen Gästen. Er war eingeladen und gekommen, obwohl gegen ihn ein internationaler Haftbefehl vorlag.

Um "Gnade vor Recht" bitten

Am Donnerstagmorgen um halb acht trafen sich rund 20 Personen, darunter Regionaldekan Hans-Georg Schornstein, Grünen-Ratsfraktionsvorsitzende Hilde Scheidt und die stellvertretende Aachener SPD-Vorsitzende Claudia Walter, auf dem Flur des Ausländeramtes - sie wollten um "Gnade vor Recht" bitten.

Jedoch erfolglos: Die Stadt Aachen stellte im Rahmen der Amtshilfe für die Stadt Wesel den Antrag auf Anordnung von Abschiebehaft. "Wir haben den Atrag gestellt, weil Calhan vom BGS aufgegriffen wurde", teilte der Chef des Ordnungsamtes, Franz Josef Wüller, mit. Eine weitere Stellungnahme wollte er "aus datenschutzrechtlichen Gründen" nicht geben.

"Und dem Antrag musste der Amtsrichter entsprechen", sagte Gerichtssprecher Dietmar Dumke den Nachrichten. Ermessensspielräume seien in diesen Fällen für Richter nicht vorhanden. Selbst in dem Fall nicht, wenn Folter und Tod drohten. "Herr Calhan steht es aber frei, einen Asylfolgeantrag zu stellen".

Georg Dünnwald