Ruhr Nachrichten, 28.9.2000

Kurden bangen im Kirchenasyl

HÜLS: Pauluskirche bietet neunköpfiger Familie Unterschlupf

Weil sie in der Türkei verfolgt wurden - der Vater soll dort auf einer Todesliste stehen - flüchtete die kurdische Familie Dönmez vor elf Jahren nach Deutschland. Weil die Stadt Bocholt sie in die Türkei abschieben wollte, rettete sich die neunköpfige Familie im April ins Kirchenasyl nach Marl. Doch Bocholt verfolgte ihre Spur. Um die Abschiebung durchzusetzen, wurde Marl um Amtshilfe gebeten. Und hat keine Wahl. . .

Dabei hat die Familie durchaus noch eine Chance, offiziell in Deutschland bleiben zu dürfen. Noch nicht entschieden ist ein Petitionsverfahren vor dem Düsseldorfer Landtag und ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Dieses soll klären, ob für die kurdische Familie nicht doch die Altfallregelung gilt oder das Verfahren grundsätzlich neu aufgerollt werden muss.

Doch eine Entscheidung zugunsten der Dönmez will die Stadt Bocholt , um Sozialhilfekosten zu sparen, unbedingt verhindern, argwöhnen die Vertreter des Kirchenasyls.

In Bocholt hatte sich die neunköpfige Familie problemlos eingelebt. Der Vater fand eine Beschäftigung in der Landwirtschaft. Die Kinder besuchten die Schule, die älteste Tochter bestand im vergangenen Jahr sogar ihr Abitur. Doch weil der Asylantrag der Familie abgelehnt wurde, verfolgte die Stadt die Abschiebung.

Über Kirchenkreise fand die Familie Unterschlupf in der Hülser Paulusgemeinde. Dieses Kirchenasyl inklusive der dadurch entstehenden Kosten wird von der evangelischen Stadtgemeinde und dem katholischen Dekanat getragen und unterstützt. Denn Hilfe vom Staat bekommt die Familie nicht mehr.

Marl müsse Bocholt Amtshilfe leisten, erklärte Rechtsdezernent Frank Gensler auf Befragen. Doch solange die Verfahren noch anhängig seien, sehe er keinen akuten Handlungsbedarf. -gge