Der Standard (A) 26.9.2000

Türkei spricht über Menschenrechte

Ankara - Erstmals haben Vertreter der Regierung in Ankara am Montag mit Lokalpolitikern, Armee-Offizieren und Mitgliedern regierungsunabhängiger Organisationen über die Lage der Menschenrechte in der Türkei gesprochen. An der Gesprächsrunde in Tunceli im türkischen Kurdengebiet nahm unter anderen Menschenrechtsminister Rüstü Kasim Yücelen teil, wie türkische Medien berichteten. In den kommenden Monaten sollen weitere Runden in insgesamt zehn Städten des Landes stattfinden.
Die Ergebnisse sollen vor dem Nizza-Gipfel der EU im Dezember vorliegen, bei dem über die Lage im EU-Kandidatenstaat Türkei gesprochen werden soll. Die häufigen Verstöße gegen die Menschenrechte in der Türkei gehören zu den Haupthindernissen für eine weitere Annäherung Ankaras an die Union.
Organisiert werden die Menschenrechts-Versammlungen vom so genannten Hohen Koordinationsrat für Menschenrechte, einer Regierungskommission, die in den vergangenen Monaten einen Plan für weit reichende Reformen zur Erfüllung der EU-Kriterien ausgearbeitet hatte. Bei den Treffen sollen auch Beschwerden über Folter und Misshandlungen zur Sprache kommen. Zu den Gesprächsrunden im Kurdengebiet werden auch Funktionäre der Kurdenpartei Hadep eingeladen.
Unterdessen hat, wie am Montag bekannt wurde, die Mutter der mutmaßlichen deutschen Terroristin Andrea Wolf Anzeige wegen des Todes ihrer Tochter erstattet. Diese soll 1998 nach Kämpfen zwischen der PKK und dem türkischen Militär von der Armee gefasst, gefoltert und getötet worden sein. (AFP/dpa)