Berliner Zeitung, 23.9.2000

IRAN-IRAK

Der Westen profitierte vom Golfkrieg

Karim El-Gawhary

KAIRO, 22. September. Als vor genau 20 Jahren, am 22. September 1980, irakische Truppen in das Nachbarland Iran einfielen, ahnte niemand, dass damit der längste organisierte Krieg des 20. Jahrhunderts begann. Fast acht Jahre lang dauerte der sinnlose Konflikt, der mindestens 360 000 Menschen das Leben kostete.

Der irakische Diktator Saddam Hussein hatte einen Blitzkrieg geplant. Die iranische Armee schien durch die im Jahr zuvor begonnene Islamische Revolution geschwächt. Doch es wurde ein selbstzerstörerischer Dauerkonflikt. Vordergründig ging es um den umstrittenen Grenzverlauf entlang des Schatt-El-Arab-Flusses. In Wirklichkeit ging es darum, welche der beiden Regionalmächte die Vorherrschaft in der Region erringt. Eine solche Entscheidung aber wollten westliche Strategen verhindern: Eine starke Regionalmacht in der sensiblen Ölregion war nicht im Interesse der ölverbrauchenden Industrieländer. Oberste Priorität Washingtons war zudem, den islamistischen Revolutionsexport zu stoppen.

USA lieferten Waffen an Saddam

Saddam Husseins Überfall auf Iran kam daher nicht ungelegen. Daher hat es auch nie eine ernsthafte Initiative des Westens gegeben, um den Wahnsinn zu stoppen. Die Amerikaner sorgten vielmehr dafür, dass Saudi-Arabien mehr Öl förderte, um die Förderlücke zu schließen. Und sie verkauften Waffen - meist an beide Kriegsgegner, abhängig davon, wer gerade zu siegen drohte. Vor allem Irak erhielt von den USA während dieses Krieges Waffen, Lebensmittel und Kredite.

Eigentlich hatte sich der Westen verpflichtet, keine "tödlichen Waffen" an die beiden kriegsführenden Nationen zu schicken. Britische Firmen aber verkauften an Irak zum Beispiel Schutzanzüge, obwohl bereits bekannt war, dass Saddam chemische Waffen einsetzte.

Die Saat für den zweiten Golfkrieg

Nach fast acht Jahren fand der Krieg endlich ein Ende. Nach langem Patt war die Waagschale ein wenig zu Gunsten der irakischen Militärmaschinerie ausgeschlagen, Ajatollah Chomeni akzeptierte einen Waffenstillstand. Saddam Hussein feierte seinen Sieg. Doch er zahlte einen hohen Preis: Irak hatte vor dem Krieg dank des Öls 30 Milliarden Dollar Währungsreserven angesammelt, nach dem Krieg hatte es 100 Milliarden Dollar Schulden.

Saddam Hussein hatte den Krieg auch für die Golfstaaten geführt, die die Entwicklung in der Islamischen Republik Iran misstrauisch und ängstlich verfolgten. Sie sollten daher einen Teil der Bürde mittragen, forderte Saddam. Die Scheichs aber hatten nur nette Worte übrig. Damit war die Saat für den nächsten Golfkrieg gelegt. Er begann 1990 mit dem Überfall Iraks auf Kuweit.