Westdeutsche Zeitung, 23.09.2000

Fall Manaz: Ein Silberstreif am Horizont in Sicht

Von Alexander Alber

Krefeld. Nach Ende der Debatten im nicht öffentlichen Teil der Ratssitzung kam es binnen 12 Stunden zu einem Treffen zwischen Beigeordnetem und Pfarrer.

"Das ist eine Basis. Es war gut, miteinander zu reden. Aber werden noch viele Gespräche nötig sein", erklärte Cornelius Schmidt, Pfarrer der Altkatholischen Gemeinde, gestern nach Ende eines 140-minütigen Gesprächs, an dem neben Ordnungsdezernent Bernd Gansauer auch Bürgermeisterin Karin Meincke, der Leiter des Fachbereichs Ordnung, Helmut Drüggen und der Leiter der Ausländerabteilung, Hans-Josef Thißen, teilnahmen.

Der, der die Begegnung während der Ratssitzung am Vorabend auf die Schnelle vermittelt hatte, konnte aus Termingründen selbst nicht teilnehmen: Ralf Krings, Ratsherr für den "Krefelder Kreis".

Obwohl Gansauer und Schmidt von ihren Positionen nicht abgewichen sind, wurde eine Lösung für Sultan Manaz und ihre fünf ins deutsche Gesellschaftssystem integrierten und christlich sozialisierten Kinder (Tochter Elif nahm zum Beipiel am Konfirmandenunterricht der Freien Evangelischen Gemeinde teil) diskutiert.

Der "Silberstreif" sieht aus Perspektive der Altkatholischen Gemeinde wie folgt aus: Die Familie könnte in die Schweiz ausreisen (die Stadt wäre bereit, freies Geleit zu gewähren), um später mit einer Arbeitsgenehmigung für die Mutter offiziell zurückzukehren. Ein Arbeitsangebot für Sultan Manaz liegt Pfarrer Schmidt schriftlich vor: Von einem kurdischen Spezialitätengeschäft, für das aus Gründen der Sprache und der Kenntnisse der Landesküche kein EU-Bürger in Frage käme.

Um die Wiedereinreise zu ermöglichen, sind nach Einschätzung Schmidts "noch viele Hürden zu nehmen", unter anderen mit der deutschen Arbeitsverwaltung und den Schweizer Behörden. Schmidt, der in der Schweiz studiert hat, will seinen Bischof in Bern einschalten. Schmidt betonte, dass ein solcher Weg parallel zum Hauptsacheverfahren zu Mutter Manaz und ihren Kindern beschritten werden muss.

Über den Umweg Niederlande konnte nach einjährigem USA-Aufenthalt ein abgelehnter Asylbewerber (Musterschüler mit Abiturdurchschnitt 1,0) nach Hamburg zurückkehren. Für die Variante "Niederlande" im Fall Manaz sieht Krefeld wenig Chancen, da die Holländer das Schengener Abkommen unterschrieben haben und eine Einwirkung des NRW-Innenministeriums nötig wäre.

Als Cornelius Schmidt dem türkischen Generalkonsulat in Düsseldorf einen Besuch abstattete, erklärte ihm der Sachbearbeiter dort sinngemäß, er, Schmidt, habe 70 Millionen Türken beleidigt, weil er in einem Radio-Interview erklärte, die Familie Manaz dürfe nicht in die Türkei zurückkehren. "Wie", fragt sich der Geistliche, "soll eine geschiedene Kurdin mit alevitischem Hintergrund und christlich sozialisierten Kindern dort eine Chance haben können?"