Frankfurter Rundschau, 20.09.2000

Kommentar

Schönbohm bleibt hart

Thierse bemängelt herzlose Ausländerpolitik Brandenburgs

Von Karl-Heinz Baum

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) weist alle Kritik an der Ausländerpolitik des Landes zurück. Die Ämter entschieden nach Recht und Gesetz. Im übrigen sei der Bund für das Ausländerrecht zuständig, sagte er. Umstritten sind drei Entscheidungen der brandenburgischen Behörden.

BERLIN, 19. September. Kritiker der Ausländerpolitik in Brandenburg sind unter anderen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und Bischof Wolfgang Huber, Oberhirte evangelischer Christen in Berlin-Brandenburg. Sie bemängeln, die zuständigen Behörden hätten das ihnen zustehende Ermessen nicht genutzt und kalt und herzlos entschieden.

Thierse setzt sich für einen Algerier ein, der 1999 Opfer rechtsradikaler Gewalt im brandenburgischen Guben wurde: Neonazis hatten ihn zusammen mit Omar Ben Noui durch die Stadt gehetzt, der beim vermeintlich rettenden Sprung durch eine Glastür verblutete. Der Algerier will nun eine Therapie beginnen, das Ausländeramt der Stadt Potsdam gewährte ihm zwar Duldung, aber kein Asyl. Die Ablehnung wurde unter anderem damit begründet, er strebe den Aufenthalt in einem Land an, in dem er traumatisiert wurde. Er werde deshalb hier nur bedingt sein Leben meistern können.

Thierse findet das Argument "empörend", könne es doch den Eindruck erwecken, deutsche Stellen nähmen rechtsextreme und rassistische Vorfälle nicht nur hin, sondern nutzten sie gar aus. Wenn der Mann wegen des Überfalls nicht in Deutschland bleiben dürfe, erreichten rechtsextreme Peiniger, gebilligt von offiziellen Stellen, ihr Ziel.

In einem weiteren Fall geht es um einen 37-jährigen Ägypter, der 1993 in Elsterwerda erst eine Döner-Bude, dann eine Pizzeria aufmachte. Unbekannte setzten den Laden in Brand. "Kein fremdenfeindlicher Hintergrund", sagte der Staatsanwalt. Da er ohne sein Geschäft keine Arbeitsplätze mehr bereithielt, bestand "kein öffentliches Interesse" mehr, der Ägypter verlor die Duldung. Auf Vorschlag des Landkreises ist er "kontrolliert" ausgereist, ohne Vermerk im Pass. Er ist inzwischen in Kairo, müht sich um erneute Einreise.

Bischof Huber setzt sich für eine von Abschiebung bedrohte vietnamesische Familie ein: Die Frau erwartet ein Kind, dafür erhielt sie die Duldung bis einen Monat nach der Geburt. Doch der Mann und der achtjährige Sohn sollten ausreisen. Eine evangelische Gemeinde nahm die Familie im Kirchenasyl auf. Das Land verzichtete zwar darauf, das Kirchenasyl mit staatlicher Gewalt zu beenden, will aber der Kirchengemeinde die Kosten für den Aufenthalt der Familie aufbürden.

Inzwischen hat Ministerpräsident Manfred Stolpe (CDU) erklärt, Härtefälle werde der Innenminister künftig persönlich entscheiden. Schönbohm sagte jetzt im Fall des Algeriers zwar, für ihn sei es selbstverständlich, einem Menschen, der hier Opfer eines Verbrechens wurde, zu gewährleisten, dass die Gesundheit wieder hergestellt werde. Doch von einer Änderung des Asylstatus sagte er nichts. In den Fällen des Ägypters und der vietnamesischen Familie will er hart bleiben.