web de 11.09.2000 17:46

Palästinenser verlangen Zugeständnisse von Israel

Nach Verschiebung der Staatsausrufung

Gaza (AP)Nach dem Verzicht auf die Ausrufung eines palästinensischen Staates am 13. September haben die Palästinenser Israel zu Zugeständnissen aufgefordert. Der palästinensische Verhandlungsführer Sajeb Erakat rief am Montag Israel auf, den Palästinensern die Souveränität über das Gelände der Al-Aksa-Moschee im Ostteil Jerusalems zuzugestehen. Planungsminister Nabil Schaath verlangte den Rückzug der Israelis auf die Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 sowie die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge in ihre Heimat.

In einem Interview des israelischen Militärrundfunks lehnte Erakat zugleich weitere palästinensische Zugeständnisse im Friedensprozess ab. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Anerkennung des Existenzrechts Israels im Jahr 1993. Erakat zufolge wollen die Palästinenser keine israelische Gebietsforderungen bezüglich jüdischer Siedlungen im Gazastreifen oder dem Westjordanland mehr erfüllen. Es werde nicht mehr so laufen, dass die Israelis kämen und von den Palästinensern hier ein Stück und dort noch einmal fünf Prozent ergattern wollten, sagte der Unterhändler.

Der israelische Außenminister Schlomo Ben Ami wies die Forderung nach palästinensischer Souveränität über die Al-Aksa-Moschee zurück. Das Gelände sei auch für die Juden heilig, sagte der Minister im israelischen Rundfunk. Unter keinen Umständen werde man die Souveränität über die heiligen Stätten des Judentums aufgeben. Die Zukunft Jerusalems ist der Hauptstreitpunkt zwischen Israelis und Palästinensern. Offen ist aber auch noch das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge.

Vor allem am Streit um Jerusalem war das Gipfeltreffen in Camp David im Juli gescheitert. Um doch noch zu einer Einigung zu gelangen, beschloss der Zentralrat der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) am Sonntag, die Ausrufung eines palästinensischen Staates zunächst auf den 15. November zu verschieben. Damit soll den Friedensgesprächen mit Israel noch eine Chance gegeben werden. Der Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak, Gadi Baltiansky, sprach von einem «positiven Schritt». Bei radikalen Palästinensergruppen stieß die Verschiebung der Staatsproklamation auf Ablehnung.

Der palästinensische Präsident Jassir Arafat kündigte die sofortige Aufnahme einer neuen Verhandlungsrunde mit Israel an. Sie solle fünf Wochen dauern. Der PLO-Zentralratsvorsitzende Selim Sanun erklärte, das Gremium erwarte nun bis zum 15. November, dem Jahrestag der Staatsausrufung im Exil, einen Bericht zur Staatsgründung. Diese sei mit dem jetzigen Beschluss keinesfalls auf die lange Bank geschoben worden. Dem Friedensprozess solle aber noch einmal eine Chance gegeben werden.