Badische Zeitung, 8.9.2000

Niedersachsen legt Gesetzesentwurf vor / Zugleich Verbesserung des Flüchtlingsstatus

Asylverfahren sollen verkürzt werden

Von unserem Korrespondenten Christian Rath

FREIBURG. Flüchtlingsfamlien sollen schneller abgeschoben werden können, wenn weder Anspruch auf Asyl noch auf Abschiebeschutz besteht. Dies ist das Ziel eines Gesetzentwurfes, den das Land Niedersachsen jetzt im Bundesrat eingebracht hat. Zugleich wird aber auch der Status von Flüchtlingsfamilien verbessert, wenn ein Familienmitglied Abschiebeschutz erhalten hat.

In der öffentlichen Diskussion betont das Land bisher ganz den Aspekt der "Missbrauchsbekämpfung". Es reagierte dabei auf eine "Gestaltungsmöglichkeit ", die von Flüchtlingsfamilien immer wieder genutzt wurde, um das Asylverfahren in die Länge zu ziehen. Sobald die Eltern abgelehnt waren, wurden peu à peu auch Anträge für die Kinder gestellt. Solche Anträge sind dann zwar erst recht aussichtslos, führten jedoch dazu, dass zumindest ein Elternteil zur Betreuung des Kindes in Deutschland bleiben konnte. "Oft unterbleibt sogar die Abschiebung der übrigen Familienmitglieder, wenn es öffentlichen Protest gegen das Auseinanderreißen von Familien gibt", klagt ein niedersächsischer Ministerialbeamter. Bei größeren Familien komme es so "zu Aufenthaltszeiten von sieben bis zehn Jahren", wobei am Ende des Verfahrens eine Abschiebung wegen der dann erfolgten Integration der Kinder immer noch schwierig sei.

Dem will Niedersachsen jetzt einen Riegel vorschieben. Wenn ein Elternteil einen Asylantrag stellt, sollen damit automatisch auch Anträge für die Kinder verbunden sein. Nach der rechtskräftigen Ablehnung der Eltern könnte sofort die ganze Familie abgeschoben werden. Im Bundesrat soll Ende des Monats über den niedersächsischen Vorschlag beraten werden. Auf Beamtenebene haben die anderen Länder auch Zustimmung bereits signalisiert. Entscheidend ist aber, ob das Vorhaben eine Mehrheit im Bundestag erhält. Vor allem die Grünen, die im Asylbereich bisher noch kaum etwas erreicht haben, können einer bloßen Verschärfung wohl nicht zustimmen. Niedersachsen hat deshalb versucht, seinen Gesetzentwurf "ausgewogen" zu gestalten.

So sieht der zweite Teil der Initiative eine ausdrücklich flüchtlingsfreundliche Regelung vor. Wenn ein Familienmitglied Abschiebeschutz erhalten hat, sollen seine "engen Angehörigen" einen "Familienabschiebeschutz" erhalten. Bisher gab es eine solche Konstruktion nur im Asylrecht, das jedoch wegen der Drittstaatenregelung kaum noch Anwendung findet. Die deutsche Vertretung des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) freut sich über diesen zweiten Teil des Hannoveraner Gesetzentwurfs. "Hier wird ein Problem angegangen, das uns auf der Seele brennt."