Goslarsche Zeitung, 6.9.2000

Flüchtlingsrat fordert die Suspendierung Rowolds

GOSLAR. Der Niedersächsische Flüchtlingsrat hat die Suspendierung des Leiters der Ausländerbehörde des Landkreises Goslar, Wolfgang Rowold, gefordert. Begründung: Rowold sei "ein Sicherheitsrisiko für alle Migranten und Flüchtlinge, die seiner auf Einschüchterung und Gewaltanwendung setzenden Amtsführung unterworfen sind". Der Kreis hat alle Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen.

Als Hintergrund führt der Flüchtlingsrat ein "besonders drastisches Beispiel des für sein ruppiges Vorgehen berüchtigten Landkreises" an. Am 28. August wurde ein abgelehnter kurdischer Asylbewerber aus Seesen auf Antrag der Behörde in Abschiebehaft genommen, obwohl seine Frau nach einem Selbstmordversuch ins Landeskrankenhaus Göttingen eingeliefert worden war und er selbst ausweislich eines ärztlichen Attests unter Depressionen litt. Der Kreis habe einen "begründeten Verdacht", dass der Kurde sich einer Abschiebung entziehen wolle, darin gesehen, dass er eine amtsärztliche Untersuchung verweigert habe. Dies sei allerdings nur geschehen, weil der hierzu bestellte türkische Dolmetscher nicht die kurdische Muttersprache des Flüchtlings gesprochen habe.

Nach Intervention des Flüchtlingsrats habe der Landkreis zunächst daran festgehalten, den Kurden in Haft zu lassen, weil bei ihm "Anhaltspunkte für eine tatsächliche Erkrankung nicht vorhanden" seien. Daraufhin schaltete der Flüchtlingsrat das niedersächsische Innenministerium ein. Dieses habe eine Untersuchung durch den Amtsarzt der JVA Hannover veranlasst, der zu dem Ergebnis kam: "Der Gefangene ist suizidal hochgefährdet." Der Mediziner empfahl, den Kurden ins Behandlungszentrum für Folteropfer nach Berlin-Spandau zu bringen. Daraufhin habe das Innenministerium am, Montag die Haftentlassung des Kurden verfügt.

Landkreis-Pressesprecher Reinhard Beutner bestätigte, dass man beim Amtsgericht Seesen einen Haftbeschluss erwirkt habe, da das LKA die Abschiebung für den 6. September terminiert hätte. Einen Tag später habe eine Haftprüfung stattgefunden, bei der nach Darstellung eines türkischen Dolmetschers der Kurde alles verstanden habe. Der Landkreis habe wiederum drei Tage später eine weitere Untersuchung in Hannover veranlasst und nach Vorliegen des Gutachtens nur zehn Minuten später die Aufhebung des Haftbeschlusses beantragt.

Aussagen, die sich in zentralen Punkten gegenüberstehen. Der Referatsleiter im Innenministerium, Hans Herman Gutzmer, bestätigte auf GZ-Anfrage, dass der Flüchtlingsrat interveniert habe, betonte aber, dass die weiteren Schritte dem Landkreis nicht übergestülpt worden seien, sondern man diese "quasi im gemeinsamen Gespräch" entwickelt habe. Ergebnis: Die für Mittwoch angesetzte Abschiebung ist vom Tisch, der Kurde wird derzeit vom psycho-sozialen Dienst des Kreises betreut. Ob er wie empfohlen in Spandau vorgestellt wird, ist offen. hgb