Hamburger Morgenpost 1.9.2000

Gegendemos in Neumünster und Hamburg - Neonazis dürfen vor MOPO-Gebäude ziehen

Brauner Mob - er will wieder marschieren

Rechtsextremisten werden auch an diesem Wochenende ihren Hass in Norddeutschland durch die Straßen brüllen. Eine Neonazi-Demo am Sonnabend in Neumünster hat das Verwaltungsgericht erlaubt. Der Aufmarsch des braunen Mobs in Hamburg vor der MOPO wurde erst gar nicht versucht, zu verbieten.

Es sei "schwer erträglich" solche Demos zuzulassen, so das Gericht in Schleswig. Aber das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erfordere dies. Trotzdem legte die Stadt Neumünster Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Kommen die Richter nicht noch zu einer anderen Entscheidung, werden die Neonazis gegen die geplante Schließung des Rechtsextremisten-Treffs "Club 88" morgen ab 12 Uhr (Rudolf-Weißmann-Platz) demonstrieren. "Keine Toleranz den Nazis" heißt es auf einer Gegenkundgebung ab 10.30 Uhr auf der Straße Kleinflecken.

Noch am Mittwochabend hatte die Polizei den "Club 88" durchsucht und von elf Anwesenden die Personalien festgestellt. Die Zahlenkombination "88" steht in der Neonazi-Sprache für "Heil Hitler".

In Hamburg wird es am Sonnabend von 11-12 Uhr eine Kundgebung gegen Rechtsextremismus neben dem Verlagsgebäude von Gruner + Jahr an der Straße Vorsetzen geben. Am Sonntag hat die Bürgerschaftsgruppe Regenbogen ab 12.30 Uhr zu einer Kundgebung am Hohenzollernring/Friedensallee aufgerufen. Motto: "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen." Die Verlagsbetriebsräte von Axel Springer, Verlagsgruppe Milchstraße, Heinrich Bauer, Jahreszeiten, dpa Hamburg, der Zeit, von Spiegel, Woche und MOPO unterstützen beide Kundgebungen: "Wenn die Aktionen der Neonazis ohne öffentlichen Widerspruch und Widerstand hingenommen werden, wird sich die Entwicklung" von fremdenfeindlichen Übergriffen und rassistischer Hetze "weiter ausbreiten", so die Betriebsräte.

Unter Führung des vorbestraften Neonazis Christian Worch will der rechte Mob am Sonntag ab 14 Uhr vom S-Bahnhof Bahrenfeld drei Stunden gegen die MOPO demonstrieren. Eine Kundgebung soll dabei unmittelbar vor dem Verlagsgebäude stattfinden. Der MOPO-Betriebsrat hat dagegen bei Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) protestiert und ihn aufgefordert, den Kundgebungsort nicht zu genehmigen: "Die Belagerung der Hamburger Morgenpost stellt eine ungeheuere Provokation gegenüber dem redaktionellen Engagement der MOPO gegen rechte Gewalt dar." Für ein Verbot des Neonazi-Aufmarsches, so Polizeisprecher Hans-Jürgen Petersen, habe es "rechtlich keine Möglichkeit" gegeben.

Noch vor zwei Wochen hatte die Innenbehörde versucht, einen Neonazi-Aufmarsch vor dem Springer-Verlag zu verbieten - war damit aber vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Frank Wieding