Aufruf

Shut down fortress Europe

Aufruf zum Antirassistischen Aktionscamp an der Deutsch-Dänischen Grenze vom 06. bis 08. August 1999

Ein Bündnis aus antirassistischen / antifaschistischen, aus linken Gruppen, organisiert ein Aktionswochenende an der Grenze zu Dänemark mit Camp in Flensburg. Das Camp soll Höhepunkt und Abschluß einer mehrwöchigen Kampagne aus verschiedenen Veranstaltungen, Filmen und Aktionen sein, die in Schleswig-Holstein / Hamburg und Dänemark stattfinden sollen. Das Camp wird zeitgleich mit anderen Aktionen in Europa und an der Mexikanisch-Amerikanischen Grenze stattfinden. Wir wollen verschiedene Aktionen in Flensburg sowie in Grenznähe durchführen, und am Samstag wird eine gemeinsame Aktion mit den dänischen GenossInnen stattfinden.

Obwohl oft von einem "Wegfallen" der innereuropäischen Grenzen gesprochen wird (die Dänisch –Deutsche soll im Jahr 2000 fallen), ist doch seit längerer Zeit eine Entwicklung hin zur flächendeckenden Überwachung gerade im grenznahen Bereich als zusätzliche Grenzsicherung zu erkennen. Das wurde auch am 03.Mai.1999 auf der Raststätte Hüttener Berge (letzte Raste vor der dänisch-deutschen Grenze) deutlich, wo Ministerium, Zoll, Bundesgrenzschutz und Polizei eine "Lagebildabhängige Kontrolle" durchführten. Als es bei der Pressekonferenz noch schwerpunktmäßig um Kriminalitätsbekämpfung ging, wurde spätestens bei der folgenden Kontrolle klar, daß der Schwerpunkt sogenannte Illegale seien. So ergaben diese Kontrollen u.a. 154 festgestellte "Verstöße gegen das Ausländerrecht" in den ersten 4 Monaten diesen Jahres und im gleichen Zeitraum tausend Festnahmen, die von der dänischen Polizei nach "Illegalem Grenzübertritt" getätigt wurden. Auch wenn die innereuropäischen Grenzen, zumindest für EuropäerInnen, nicht spürbar sein sollen, so werden diese Grenzen doch nie ganz wegfallen und ihre Bedeutung verlieren. Wie z.B., als Italien beschloß, allen KurdInnen freies Asyl zu gewähren, worauf Österreich seine Grenzbewachung drastisch verschärfte. So gibt auch die Personalaufstockung des Bundesgrenzschutzes in Flensburg und auf Sylt im letzten Jahr und der Tatsache, daß von dänischer Seite an der Grenze Videokameras installiert wurden, Auskunft darüber, daß nicht allen der Grenzübergang gewährt werden soll. So werden auch an der Dänisch- Deutschen Grenze, die von vielen im Alltag gar nicht mehr als solche wahrgenommen wird, MigrantInnen abgegriffen oder TaxifahrerInnen als "kriminelle Schleuser" angeklagt.

Schon seit Ende der 70er-Jahre gibt es innerhalb Westeuropa eine Entwicklung, die geprägt ist von Rassismus und Chauvinismus. Mit einer enormen Vehemenz wird, auch in linken Kreisen, von einem "Aufeinanderprallen der Kulturen" gesprochen, und daß ein Zusammenleben nicht möglich sei. Ziel der Diskussion ist es, ein Klima zu schaffen, in der Flüchtlinge zwangsläufig als Feindbilder erscheinen müssen. Diese Entwicklung hat in den letzten 10 Jahren enorm an Tempo gewonnen. Anfang der 90er Jahre gab es in Deutschland eine offen rassistische Stimmung, die in den Pogromen in Rostock ihren Höhepunkt fanden. Die gewollte Konsequenz war die faktische Abschaffung des Asylrechts. Zwar hat niemand etwas gegen MigrantInnen – aber nur, solange diese nicht herkommen.

Mit dem Schengener Abkommen, der TREVI-Gruppe (TREVI steht für Terrorism, Radicalism, Extremism, Violence International, später K 4 genannt), dem Maastrichter Vertrag (um nur die wesentlichen Abkommen zu nennen), der daraus folgenden Einführung der Visumpflicht und dem Abkommen der Drittstaatenregelung wird es Flüchtlingen immer schwerer gemacht, in ein europäisches Land ihrer Wahl zu gelangen. Während des Krieges in Jugoslawien 1992 kam es innerhalb eines Jahres zu 2,2 Millionen Flüchtlingen, 1,8 Millionen hielten sich irgendwo im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien auf, etwa 416000 waren auf die verschiedenen europäischen Länder verteilt. Deutschland rühmte sich gerne damit, einen Großteil von ihnen aufgenommen zu haben, verschwieg aber, daß die deutsche Visumspolitik einen entscheidenden Beitrag dafür geleistet hat, daß zahlreiche Flüchtlinge das damalige Jugoslawien nicht mehr verlassen konnten. So kommt auch die Drittstaatenregelung hauptsächlich den Deutschen zugute, die Flüchtlingen nur die Möglichkeit läßt, dort Asyl zu beantragen, wo sie eingereist sind. Wird ihr Antrag in dem jeweiligen Land abgelehnt, so gilt dies auch für alle anderen EU-Staaten, frei nach dem Motto "one Chance only". Allerdings bleibt Flüchtlingen, deren Asylantrag z.B. in Deutschland abgelehnt wurde, noch die Möglichkeit, es in Norwegen erneut zu versuchen, da Norwegen nicht Mitglied der Europäischen Union (EU) ist. Die skandinavischen Länder haben schon lange vor der EU eine gemeinsame Zoll- und Paßunion gegründet, woraufhin die Visumspflicht der jeweils anderen StaatsbürgerInnen entfiel und die Grenzen weniger überwacht und gesichert wurden. Damit bedeutet die Dänisch-Deutsche Grenze das größte Hindernis auf den Weg nach Norwegen.

Die Deutsch-Dänische Grenze - eine Grenze innerhalb Europas

Die kapitalistischen Länder haben ein gemeinsames Interesse daran, sich von den Menschen, die vor Verfolgung, Krieg und anderen Folgen imperialistischer Politik fliehen, abzuschotten. Gerade die "Wirtschaftsriesen" innerhalb der EU, Frankreich, England und Deutschland, stehen für diese Politik.

Mit dem Zerfall des Ostblocks und der Auflösung des "Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe" (RGW) konnte die BRD, mit der Einverleibung der ehemaligen DDR, das Projekt Deutschland angehen. In der darauffolgenden "Selbsternennung" zur Hegemonialmacht der EU wurde die Forderung nach der "Festung Europa" immer lauter und versucht, die Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas gegen Flüchtlinge innerhalb dieser Region zu forcieren. Gerade Kanther als ehemaliger Innenminister hat z.B. Italien immer wieder unter Druck gesetzt und aufgefordert, seine Grenzen stärker zu überwachen. Der von der Bundesregierung geplante Einsatz von Militär gegen Flüchtlinge (so der Fraktionchef der CDU-CSU Wolfgang Schäuble) markiert eine Zäsur, eine Veränderung des politischen Klimas, deren Dimension ein kurzer Blick zurück deutlich macht. Im Sommer 1991 provozierte der Einsatz der italienischen Marine gegen albanische Boatpeople in Bari europaweit einen Sturm der Entrüstung. Kaum drei Jahre später gelten militärische Lösungen in der Flüchtlingspolitik als nahezu normal. Doch auch die rot/grüne Innen- und Außenpolitik steht in der Tradition der alten Regierung, setzt diese ungebrochen fort und versucht, Deutschlands Machtbasis zu festigen, indem sie die osteuropäischen und einige Balkanstaaten wirtschaftlich an sich bindet. So z.B. bei der Aufnahme Polens, Ungarns und der Tschechischen Republik in die NATO, wo Deutschland dies gern als Vorlauf zur Aufnahme in der EU sehen möchte und auch schon dahingehende Vorschläge gemacht hat. Deutschland braucht die Aufnahme der osteuropäischen Länder in die EU, um keine eigene EU-Außengrenze mehr zu haben und innerhalb der EU die Billiglohnländer des Südens Europas gegen die des Ostens ausspielen zu können. Wo einerseits ein Interesse besteht, die verschiedenen Länder Osteuropas und des Balkans an sich zu binden, so besteht anderseits überhaupt kein Interesse an den Menschen, die dort leben. Deshalb wird in Deutschland und auch in den anderen Staaten Westeuropas, von konserativen wie auch sozialdemokratischer Seite eine "Kultur der Abschreckung" praktiziert. Alles was fremd ist, wird denunziert. Da werden FluchthelferInnen (oder auch TaxifahrerInnen ) zu Schleppern, Menschen anderer Hautfarbe Kriminelle und Gruppen von Leuten irgendeiner Nationalität zur Mafia hochstilisiert. Es geht darum, MigrantInnen als kriminelle, Mörder und Vergewaltiger zu stigmatisieren. MigranntInnen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und einigen europäischen Ländern sollen hier nicht herkommen dürfen. Selbst die produzierten MigranntInnen aus dem jetzigen Krieg (der ein humanitärer sein soll) gegen Restjugoslawien sollen ja nicht herkommen und die paar, die doch kommen, so schnell wie möglich wieder weg.

Wir sagen Nein!

Grenzen auf für alle !

Bündnis antirassistischer Gruppen aus Schleswig-Holstein und Hamburg
 
 
 
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