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Für eine linke Strömung

10 Jahre Aufstand der EZLN in Chiapas

FelS-Intersol, 20.12.2003


Als Kämpfer und Kämpferinnen der bis dato unbekannten EZLN (Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung) in der Nacht vom 31. Dezember auf den ersten Januar 1994 im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas mehrere Bezirkshauptstädte und das regionale Zentrum San Cristobal militärisch besetzten, war das Staunen groß. Seitdem wird von Seiten der EZLN versucht, mit ihren eigenen Inhalten politisch und medial zu intervenieren, während die Regierung die Militarisierung der Region fortsetzt und paramilitärische Gruppen die zapatistische Basis terrorisieren.
Der Aufstand erntete schnell viel Sympathie. Abgesehen von seiner lokalen und nationalen Bedeutung fiel er zudem in eine Zeit, zu welcher der Siegeszug des Kapitalismus allen Ortes gefeiert wurde. Der hegemonialen Ideologie zufolge, die sich im bekannten „There is no alternative“ ausdrückt, war für soziale Bewegungen in der neuen Gesellschaft kein Platz. Es schien keine Alternative mehr zum neoliberalen Wirtschaftsmodell, zum angeblich alles regulierenden Markt zu geben.

La dignidad rebelde
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EZLN-Party Banner
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Der hegemonialen Ideologie zufolge, die sich im bekannten „There is no alternative“ ausdrückt, war für soziale Bewegungen in der neuen Gesellschaft kein Platz. Es schien keine Alternative mehr zum neoliberalen Wirtschaftsmodell, zum angeblich alles regulierenden Markt zu geben. Die FSLN in Nicaragua war 1990 von der Bevölkerung abgewählt worden, der mexikanische Politologe und spätere Außenminister Jorge Castañeda hatte kurz zuvor das Ende der revolutionären und bewaffneten Linken proklamiert und die lateinamerikanische Linke bewegte sich zunehmend auf sozialdemokratische Politikmodelle zu. Und plötzlich ein bewaffneter Aufstand, der von einer offensichtlich breiten Basis getragen wurde. Zudem ein indianischer Aufstand. Die Indígenas, auch von der lateinamerikanischen Linken mehr als Objekt paternalistischer “Entwicklungskonzepte” denn als handelndes politisches Subjekt betrachtet, übernahmen plötzlich eine führende Rolle in der Neudefinition linker Politik und alternativer Gesellschaftsmodelle. Und es war kein Bitten und kein Betteln, sondern ein klares “Ya basta” (es reicht), unterstrichen mit Waffen und der absoluten Entschlossenheit nicht mehr zurück zu weichen.

Bewundernswert war die Kommunikationsfähigkeit der EZLN, die Nutzung moderner Techniken wie dem Internet in Verbindung mit der Behauptung indigener Identität und Lebensvorstellungen. Beeindruckend war der Politisierungsschub, den der Aufstand in Mexiko verursachte und der Bewusstseinssprung, der international ausgelöst wurde. Die zentrale Botschaft lautete: Rebellion ist gerechtfertigt und möglich.

Zugleich aber schoss die EZLN nur zwölf Tage lang. Es wird versucht die menschlichen Opfer auf beiden Seiten so niedrig wie möglich zu halten. Stets gilt bei den Zapatistas ein Primat des Politischen und Zivilen vor dem Militärischen.

Alles neu machen die Maya?

Die Konzepte der EZLN sind bei weitem nicht so neu wie oft behauptet. Doch es handelt sich um einen klugen Mix aus neuen und alten Elementen, Erfahrungen, indigenen Gemeinschaftsvorstellungen und vielem mehr.

Einige zentrale Punkte, die auch auf globaler Ebene von Bedeutung für die Linke sind, sollen hier kurz dargestellt werden. Dabei müssen an einigen Stellen auch Missinterpretationen der zapatistischen Ansätze zurechtgerückt werden. Ein Beispiel betrifft die angebliche „Ablehnung der Macht“, wie sie von vielen – vor allem deutschsprachigen – EZLN-Soli-AktivistInnen in die Politik der Zapatistas hinein interpretiert wird. Tatsächlich propagiert die EZLN keine Ablehnung der Macht (was ja auch völlig unsinnig wäre, Machtverhältnisse sind in allen gesellschaftlichen Beziehungen enthalten und „Macht“ als solche kann nicht abgeschafft werden), sondern Vorstellungen zur Dezentralisierung und Demokratisierung von Macht. Mit einer radikalen Machtkritik verknüpft, bricht das zapatistische Modell mit der staatsfixierten linken Tradition, das heißt, mit den alten mechanischen Top-Down-Modellen der traditionellen Kommunistischen Parteien sowie der allermeisten Befreiungsbewegungen.

Das Macht aber keineswegs abgelehnt wird, macht auch der eifrige Aufbau eigener Machtstrukturen deutlich. Dazu gehören nicht nur die im August 2003 als “Juntas der guten Regierung” ausgerufenen fünf neuen Regionalverwaltungen, sondern auch die Entscheidungs- und Verwaltungsgremien auf lokaler Ebene. Diese Verwaltungsstrukturen werden allerdings nach den Vorstellungen der Basis konzipiert und demokratisch und transparent gehandhabt. In den vergangenen Jahrzehnten wurde dieses Konzept in Lateinamerika poder popular (Volksmacht) genannt.

Der Aufbau eigener Verwaltungsstrukturen ist eng mit dem zapatistischen Autonomiekonzept verknüpft. „Autonomie“ bedeutet für die Zapatistas einerseits absolute Eigenständigkeit. Andererseits geht es um die Aneignung von Ressourcen und sozialen Räumen, um die eigene Gestaltung der gewünschten Gesellschaft, ohne auf Erlaubnis zu warten. Die EZLN verharrt nicht in Forderungen an den Staat und kämpft nicht um die Eroberung bestehender Strukturen, sondern um „Autonomie“. Die Zapatistas haben stets jegliche Unterstützung vom mexikanischen Staat abgelehnt.

Doch das zapatistische Konzept von „Autonomie“ beschreibt mehr als nur die Verteidigung der Eigenständigkeit und Selbstbestimmung der indianischen Gemeinden. „Autonomie“ als zentrale Forderung und Praxis der verschiedensten sozialen, kulturellen und politischen Realitäten umfasst somit auch das demokratische und gleichberechtigte Nebeneinander von verschiedenen Lebensentwürfen und soll als Bewegung die neue Gesellschaft hervor bringen.

Ein wichtiges Prinzip des zapatistischen Demokratiekonzepts ist das mandar obedeciendo (gehorchend befehlen). Es bedeutet, dass Anweisungen, Befehle und Entscheidungen immer den Willen der Mehrheit ausdrücken sollen, dass niemand eine Leitungsfunktion in dem Sinne hat, dass er/sie eigenmächtige Entscheidungen trifft, sondern versucht, Ausdruck des Willens der Basis zu sein. So ist beispielsweise die militärische Struktur EZLN in ihrem Handeln dem Revolutionären Klandestinen Indigenarat – Generalkommando (CCRI-GC) unterworfen (von dem, ehrlich gesagt, aber nicht bekannt ist, wie es sich zusammensetzt). Subcomandante Marcos ist dabei nur Sprecher der EZLN und keine Entscheidungsträger. Etwas halbherzig wirkt aber, dass die militärische Struktur die Kontrollinstanz für die zivilen politischen Strukturen spielt und damit letztlich doch eine übergeordnete Funktion haben könnte. Allerdings, und das sollte nicht übersehen werden, spielen in dem Konzept mandar obedeciendo auch Disziplin und Unterordnung unter kollektiv getroffene Entscheidungen eine zentrale Rolle.

Die bekannt gewordenen revolutionären zapatistischen Frauengesetze, die von den Frauen allein verfasst und allgemein gültig sind, markieren ebenfalls einen klaren Unterschied zu traditionelleren Politikkonzepten und machen deutlich, dass „Befreiung“ nicht nur gegen „äußere Feinde“ wie Imperialismus, Kolonialismus, Rassismus, Großgrundbesitzer oder Militär erkämpft werden muss, sondern auch innerhalb der eigenen Realität vorhandene Strukturen hinterfragt und kritisiert werden müssen.

Auch der Bezug auf die indianische Kultur ist nicht als Traditionspflege oder Folklore zu verstehen, sondern als bewusste Entscheidung für gewisse Elemente aus dieser Kultur. Andere, reaktionäre oder repressive Traditionen, wie etwa das Zwangsverheiraten von jungen Mädchen, werden hingegen vehement abgelehnt.

Mit der Integration indigener Elemente in das politische Konzept der EZLN wird nicht nur dem indianischen Erbe und indigenen Lebensweisen Tribut gezollt, sondern auch der übliche gradlinige Entwicklungsbegriff vieler Befreiungsbewegungen hinterfragt, der sich kaum von den kapitalistischen Entwicklungsvorstellungen unterschied (nur eben unter anderen Vorzeichen). Die Interaktion zwischen städtischen Linken, die sich in den chiapanekischen Urwald begaben, um eine Guerilla aufzubauen (fünf Männer und eine Frau im November 1983) und der indianischen Landbevölkerung führte zu dem was die EZLN heute ist. Dazu ist aber die „Bereitschaft zuzuhören“, wie es die ZapatistInnen immer wieder betonen, besonders wichtig. Dies setzt wiederum voraus, nicht immer die „Wahrheit“ kennen zu wollen, Prozesse zuzulassen und Meinungen zu ändern. Dieses Verständnis drückt sich auch in der zapatistischen Losung preguntando caminamos (fragend gehen wir voran) aus. Preguntando caminamos bedeutet, den Weg nicht immer schon genau zu kennen, sondern ihn gemeinsam zu entwickeln.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die EZLN eine andere Sprache gefunden hat, mit der sie kommuniziert: Nicht die hölzerne Sprache der politischen Kommuniqués der 70er Jahre, sondern eine frische Sprache, die mit Bildern und Geschichten arbeitet. Dies hat der EZLN zwar den Vorwurf eingebracht, man gewinne keinen Krieg mit Gedichten, doch haben die ZapatistInnen ihren Kampf und ihre Politik mit der von ihnen verwendeten Sprache vielen Menschen nahe bringen können und zugleich in entscheidenden Momenten auch immer klare Worte gefunden. Doch sei eindrücklich davor gewarnt, die Zapatistas ausschließlich auf der Ebene des Diskurses zu analysieren. Wer das tut, wird enttäuscht werden. Die Grundlage des Konflikts ist eine materielle und kann nicht auf ein Problem des Diskurses reduziert werden. Die Chiapas- Problematik bezieht sich auf die Kontrolle der regionalen Naturressourcen, auf die eine in den Weltmarkt integrierte kapitalistische Ökonomie wie Mexiko nicht einfach verzichten kann. Diese Problematik ist der EZLN bewusst, schließlich hat ja genau der zunehmende Zugriff auf die indianischen Territorien und die fehlenden „Rückzugsmöglichkeiten“ in der durchkapitalisierten Welt den bewaffneten Aufstand als einzig möglichen Weg offengelassen. Denn bis zum Aufstand von 1994 war die indigene Strategie eher die des Rückzugs in entlegenere Gebiete, die dem unmittelbaren Zugriff des Kapitals vorerst entzogen sind- doch die gibt es de facto nicht mehr.

Aktive Globalisierung von unten

Von Anfang an hat die EZLN in Mexiko und international immer nach Verbündeten gesucht und zugleich versucht, Bewegungen anzuschieben. Waren es in Mexiko die Nationale Demokratische Konvention (CND), die Consulta (Befragung) über die Zukunft der EZLN, der Nationale Indígena-Rat (CNI), die Zapatistische Front (FZLN), der Marsch der 1.111 Delegierten nach Mexiko Stadt und der Marsch der Comandancia bis ins Parlament, so fungierte die EZLN auf internationaler Ebene als Beschleuniger der Globalisierung von unten. Schon der Aufstand 1994 hatte einen konkreten internationalen Anlass – das in Kraft treten des Freihandelsabkommens NAFTA. In einem kaum bekannten Winkel der Erde erhoben sich Stimmen und Gewehre gegen den Neoliberalismus und durchkreuzten die Pläne des transnationalen Kapitals und ihrer nationalen Interessensvertreter.

Die EZLN ist Geburtshelferin der „Antiglobalisierungsbewegung“; ihre Widerstandsformen erlauben (zumindest seit dem Waffenstillstand) eine Identifikation mit den Zapatistas und ihre Kommuniqués richten sich häufig an eine globale Öffentlichkeit (die meist jedoch eher auf Europa und Nordamerika begrenzt bleibt). Mit der Einberufung eines ersten „intergalaktischen Treffens“ in chiapanekischen Urwald im Jahr 1996 und dem Aufruf zu und der Verwirklichung von kontinentalen Treffen im Jahr 1997, die schließlich in einem weiteren „intergalaktischen Treffen“ im spanischen Staat im gleichen Jahr mündeten, begann sich ein breites Spektrum emanzipatorischer und linker sozialer Bewegungen als „Antiglobalisierungsbewegung“ zu konstituieren. Eigentlich ein von vorneherein falscher Begriff, da die Konstituierung in der „Globalisierung von unten“ begründet liegt. In Anlehnung an den Zapatistischen Diskurs kam es im Anfang 1998 zur Gründung von Peoples Global Action (PGA), als einen weltumspannenden Ansatz der Vernetzung von Basisorganisationen.

Zwischen Solibewegung und neuer Politik

Im deutschsprachigen Raum, und vor allem in Deutschland, ist hingegen in der Linken wenig über Ansätze und Politikformen der Zapatistas diskutiert worden. Kaum sind der Diskurs und die Diskussion der Zapatistas in linke Praxis eingeflossen oder haben diese neu bestimmt. Der Großteil derer, die sich mit Zapatismus beschäftigen, macht dies in Form von klassischer Solidaritätsarbeit. Die Diskussion um die Einbahnstraße unkritische Solidarität und fehlende Kämpfe im eigenen Kontext von Anfang der 90er (in Folge der Wahlniederlage der FSLN in Nicaragua 1990 und des Friedensvertrages der FMLN in El Salvador 1993) schien es nie gegeben zu haben. Eine kritische Solidarität gegenüber den Zapatistas existiert kaum, in der deutschen Linken wird der zapatistische Ansatz entweder mit Nicht- Beachtung gestraft (wie Seitens der dogmatischen Linken und großen Teilen der autonomen Szene) oder völlig idealisiert.

Das zentrale Problem der deutschen Soli-Bewegung liegt genau darin, nur “Soli-Bewegung” zu sein. Die beste Solidarität liegt darin, eigene politische Kämpfe zu entwickeln und zu führen. Dass die Zapatistas von einer karitativen Haltung, die letztlich auf Mitleid beruht und somit nationale wie internationale Hierarchien reproduziert, nichts halten, haben sie oft genug deutlich gemacht. Die Zapatistas haben sogar das Verhältnis umgekehrt, als Marcos z.B. 500 US-$ Zeitungshonorar an streikende FIAT-ArbeiterInnen in Italien spendete. Doch die deutsche EZLN-Soliszene, bis auf einige wenige Ausnahmen, bleibt davon unbeeindruckt und weiterhin weitgehend isoliert von politischen Bewegungen und Entwicklungen im eigenen Land. Bezeichnend dafür war z.B. die Unfähigkeit der Vorbereitungsgruppe für das europäische Treffen gegen Neoliberalismus 1997 in Berlin, eine Brücke zu einer der breitesten Berliner Bewegungen der 90er Jahre zu schlagen, dem Sozialbündnis, einem Zusammenschluss von zeitweise bis zu 140 Gruppen und Organisationen, in dem zehntausende Menschen den Widerstand gegen neoliberale Politik auf lokaler Ebene artikulierten. Ebenso wenig schaffte es die Vorbereitung, eine Verbindung zur Berliner Linken aufzubauen. Diese ignorierte wiederum ihrerseits das Treffen hartnäckig.

Die Resistenz in Deutschland gegen eine Beschäftigung mit neuen Impulsen ist breit und in allen Spektren der Linken vorhanden. Für die kleinen Teile, die bereit sind, andere Politikformen an sich heran zu lassen, ist die italienische Adaption des Zapatismus der Disobbedienti (die Ungehorsamen) wichtig, da diese sich ebenfalls in einem westlich-kapitalistisch-urbanem Kontext ansiedelt. In Italien hat es funktioniert, die eigene Politik neu zu bestimmen und eine Übersetzung des Zapatismus für die italienische Situation vorzunehmen. Und dabei geht es den Disobbedienti vorwiegend darum, sich die gleichen Fragen zu stellen und nicht, die gleichen Antworten zu geben.

In Italien wurde die Beschäftigung mit dem Zapatismus als politische Aufgabe vor Ort begriffen. Die Tute Bianche, die mittlerweile in den Disobbedienti aufgegangen sind, hatten Ya Basta, den Zusammenschluss der EZLN-Soligruppen, als organisatorisches Rückrat. Das Ya Basta-Netzwerk brachte sowohl Turbinen nach La Realidad in Chiapas wie es auch konkrete antirassistische Arbeit in Italien organisierte. Dort hat eine Neubestimmung in Diskurs, Praxis und Inhalt stattgefunden und funktioniert. Die italienische Bewegung der Disobbedienti ist daher auch in Mexiko immer wieder in politische Konfrontation gegangen (mit z.B. expliziter politischer Betätigung, die nach mexikanischem Gesetz für Ausländer verboten ist). In Einzelfällen stieß dies auch auf Kritik seitens mexikanischer Linker. Beispielsweise als 300 Tute Bianche als Schutz für die Comandancia den Marsch nach Mexiko-Stadt im März 2001 begleiteten. Dort war es tatsächlich ein Fehler der italienischen GenossInnen, sich schlichtweg der militärischen Struktur der EZLN unterzuordnen und sich nicht um die Vermittlung der eigenen Positionen und des eigenen politischen Handelns zu kümmern. Das wurde auch anschließend selbstkritisch so analysiert. Es spricht aber auch Bände, dass es eine italienische Struktur war, die angefragt wurde und die Fähigkeit hatte, diesen Schutz so zu organisieren.

Doch werden in Italien nicht nur bei den Disobbedienti die Diskurse der Zapatistas rezipiert und die EZLN als interessanter und ernst zu nehmender Weg linker Politik wahrgenommen. Auch im Bereich der Eine-Welt-Gruppen und Alternativstrukturen sieht es ähnlich aus und sogar die Partei Rifondazione Comunista unterhält enge politische Beziehungen zur EZLN, lädt VertreterInnen auf ihre Parteikongresse ein und trifft sich mit Comandantes der EZLN zum Meinungsaustausch - unvorstellbar in der PDS, die es vorgezogen hat sich immer weiter nach rechts zu bewegen und sich bei der Sozialdemokratie anzubiedern, womit sie sich perspektivisch selbst überflüssig macht.

Keine Alternative zur Bewegung

Die Hartnäckigkeit, trotz Scheiterns immer wieder Initiativen und Kampagnen zu starten, um breitere Mobilisierungen zu entwickeln, Bündnisse und Allianzen zu fördern und andere zu eigenen Aktivitäten zu animieren, ist vielleicht auch eine zapatistische Lehre. Die EZLN wiederholte mit dem Congreso Nacional Democrático (CND), der FZLN, den Consultas (Umfragen in ganz Mexiko zu politischen Themen), dem Marsch der 1.111 nach Mexiko Stadt und der Zapatour Anfang 2001 immer wieder den Versuch, mexikoweit etwas in Bewegung zu setzen. Die vielfältigen Versuche der EZLN, die mexikanische Bewegungslinke zu mobilisieren, haben nicht im erhofften Maße gefruchtet. Im Rahmen der Initiativen kam es zwar immer wieder zu einer breiten Mobilisierung, doch ist diese anschließend wieder abgeflaut. Die EZLN hält dennoch daran fest, Massenmobilisierungen und Selbstorganisierung zu forcieren und wird sicher in den nächsten Jahren weitere Initiativen in diese Richtung starten. Den Zapatistas ist klar, dass tiefgreifende Veränderungen der mexikanischen Gesellschaft nicht allein in Chiapas möglich sind. Mit landesweiten Mobilisierungen soll zum einen ein politischer Raum geschaffen werden, der angesichts der Bedrohung durch Armee und Paramilitärs für die Zapatistas lebensnotwendig ist. Zum anderen aber geht es vor allem aber darum, eine Bewegung zu schaffen, lokale und regionale Initiativen, Gruppen, Organisationen dazu zu bringen, zusammen zu arbeiten, sich zu vernetzen, an Stärke zu gewinnen.

Letztlich folgt die Logik der Zapatistas der einfachen Erkenntnis, dass es keine Alternative zur Bewegung gibt und diese auch ihren lokalen Ausdruck haben muss. Als Gruppe (FelS) vertraten wir diese Ansicht von Beginn an. Da wir selbst Teil des Sozialbündnisses waren, organisierten wir auf dem europäischen Treffen gegen Neoliberalismus 1997 in Berlin einen Workshop über Kämpfe gegen Neoliberalismus und rassistische neoliberale Migrationspolitik in Deutschland. Ebenso nahmen wir 1997 am intergalaktischen Treffen in Spanien teil, um andere über die Situation in Deutschland und unsere politische Arbeit zu informieren... Sowohl persönlich, wie auch als Gruppe haben wir seit Jahren einen regen Austausch mit AktivistInnen aus Mexiko und Chiapas, fahren selbst hin und holen Leute her. Wir haben Projekte in Mexiko unterstützt, begleitet und gefördert, machen aber explizit keine “Soli-Arbeit”, sondern verstehen unsere Unterstützung als einen revolutionären internationalistischen Beitrag aus unseren eigenen Kämpfen heraus. Das klingt vielleicht etwas pathetisch, soll aber eben die eigene politische Arbeit als Ausgangspunkt für das Zusammenkommen mit anderen Kämpfen unterstreichen. Und genau davon wird der Erfolg oder Misserfolg der EZLN abhängen, von der Stärke einer internationalen antikapitalistischen Bewegung.