AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

21. Januar 2016

Kriegstreiber nicht willkommen !


Dass der türkische Ministerpräsident Ahmed Davutoǧlu am 22. Januar nach Berlin eingeladen wurde, um mit mehreren Ministern an einer Kabinettsitzung der Bundesregierung teilzunehmen, muss als Hohn und Provokation insbesondere gegenüber den in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden sowie allen demokratischen Kräften aus der Türkei verstanden werden.

Seit Präsident Recep Tayyip Erdoǧan den Friedensprozess mit der kurdischen Bewegung Ende Juli 2015 abgebrochen hat, führt er im Südosten der Türkei unter dem Deckmantel des „Antiterror-Kampfes“ einen erbarmungslosen Krieg nicht etwa gegen den IS, sondern gegen die kurdische Zivilbevölkerung. Dem von ihm und Davutoǧlu zu verantwortenden Staatsterror sind in den vergangenen Monaten bereits über hundert Menschen zum Opfer gefallen. Die türkische Armee, schwer bewaffnete Spezialeinheiten und paramilitärische Terrorbanden belagern kurdische Städte – wie die Millionenstadt Diyarbakir –, zerstören Wohnhäuser und denkmalgeschützte Gebäude. Wasser und Strom werden abgeschaltet, es herrschen Kälte, Hunger und Verelendung.

Von Erdoǧans Staatsterror betroffen sind auch regierungskritische Journalist*innen, Anwältinnen und Anwälte, zum Frieden aufrufende Wissenschaftler*innen und oppositionelle Politiker*innen wie der prokurdischen HDP. Angegriffen werden nicht nur deren Parlamentsabgeordnete und Parteivorsitzende, sondern auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, gegen die derzeit eine Verhaftungswelle rollt.

Zu alledem schweigt die Bundesregierung, schweigt die EU und schweigen die NATO-Verbündeten – jene, die sonst nicht müde werden, von anderen die Einhaltung menschenrechtlicher Standards einzufordern. Die sich lautstark äußern, wenn sie dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gebetsmühlenhaft vorwerfen, er führe einen „Krieg gegen das eigene Volk“.

Und bei Erdoǧan? Er wurde von der EU beauftragt, seine Grenzen für Menschen dicht zu machen, die nach Europa fliehen wollen und sie stattdessen im eigenen Land zu belassen. Hier hat ihm die EU zugesagt, 3 Milliarden Euro zu zahlen, Visaerteilungen zu erleichtern sowie den EU-Beitrittsprozess zu dynamisieren. Eine Einstufung der Türkei als „sicheres Herkunftsland“ ist ebenfalls in der Diskussion. Nicht zuletzt gehört auch das Stillschweigen zu dem schmutzigen Krieg und den schweren Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zu diesem verabscheuungswürdigen Deal.
Europa hat sich ohne Not erpressbar gemacht und Erdoǧan wird nicht zögern, weitere Forderungen mit noch größerer Maßlosigkeit zu erheben.

Das Schweigen der Bundesregierung zu den Verbrechen in der Türkei und die Einladung dieser hochrangigen türkischen Delegation lassen darauf schließen, dass sie das staatsterroristische Vorgehen des Erdoǧan-Regimes gutheißt und unterstützt.
Ein weiterer Beleg ist zweifellos die seit über 22 Jahren aufrechterhaltene Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in Deutschland durch die Stigmatisierung ihrer politischen Aktivitäten als „terroristisch“. Auch hier wird das AKP-Regime vermutlich mit weiteren Forderungen nachlegen.

AZADÎ unterstützt die Proteste gegen den Staatsbesuch und fordert eine sofortige Beendigung des Staatsterrors in der Türkei.


 
AZADI Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden e.V., Hansaring 82, 50670 Köln 
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