taz Berlin, 9.9.1999

Polizei wusste wieder von rein gar nichts
Verantwortlicher für Schutz des israelischen Konsulats fühlt sich unschuldig.
Grüne: Kein Misstrauensantrag gegen Werthebach

Bei der gestrigen Sitzung zur Aufklärung des Blutbades am Israelischen Generalkonsulat im Februar ist Innensenator Eckart Werthebach (CDU) mit einem blauen Auge davongekommen. Zwar belastete der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Frisch, nach Angaben von Ausschussmitgliedern in nicht öffentlicher Sitzung den Senator schwer: Das Bundesamt habe den Berliner Behörden keine Rangfolge zu schützender Objekte am Vortag des Blutbads vorgeschrieben. Mit einer solchen Rangliste hatte Werthebach den fehlenden Konsulatsschutz begründet.

Andererseits nahm ein Mitarbeiter Werthebachs seinen Senator vor dem Vorwurf der Aktenvernichtung in Schutz: Axel Dechamps, der in Werthebachs Haus die Fachaufsicht für das Landesamt für Verfassungsschutz inne hat, erklärte, die Aktenvernichtung sei ohne Wissen des Senators erfolgt. Dechamps gab zu, das Original eines Vermerks zerrissen zu haben, der Werthebachs Entlastungsstrategie schwächte. Bei der versuchten Besetzung des Konsulats nach der Verhaftung des PKK-Führers Abdullah Öcalanshatten israelische Sicherheitsleute vier Kurden erschossen.

In der Ausschusssitzung bestätigte Gerhard Kilian, Leiter der Polizeidirektion, in deren Zuständigkeit das Generalkonsulat lag, dass es am Vortag des Blutbades keine Prioritätenliste gegeben habe. Bei einer Besprechung der Polizeidirektionsleiter habe zwar der Leiter der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes, Peter Haeberer, auf eine mögliche Gefährdung israelischer Objekte aufmerksam gemacht. Dies sei aber für die Direktionsleiter nicht nachvollziehbar gewesen, da die Gefährdung nur auf einem Mediengerücht beruht habe, wonach womöglich auch der israelische Geheimdienst an der Entführung Öcalans beteiligt war. Zudem habe das Konsulat einen starken Eigenschutz besessen. Er sei davon ausgegangen, dass auch die Kurden sich nicht an dem Gerücht orientierten und sich von der zu erwartenden harten Reaktion der Israelis auf eine Konsulatsbesetzung abschrecken lassen würden.

Nach den gestrigen Zeugenaussagen kündigte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Wieland (Grüne) an, seine Fraktion werde keinen Misstrauensantrag gegen Werthebach stellen. Die PDS aber will einen solchen Vorstoß voraussichtlich bei der letzten Sitzung des Parlaments vor der Wahl am 23. September machen. Dann soll auch der Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses debattiert werden. Zuvor muss der Bericht aber noch abschließend im Ausschuss beraten werden.

Philipp Gessler