Frankfurter Rundschau, 23.10.1999

Berlin: Erstmals Freispruch im Prozess um Kurdenkrawalle

fi BERLIN, 22. Oktober.
Im Prozess um die Kurdenkrawalle vor dem israelischen Generalkonsulat im Februar hat das Berliner Landgericht am Freitag erstmals einen Angeklagten freigesprochen. Die 38. Große Strafkammer entlastete den 23-jährigen Süleyman A. von dem Vorwurf, er habe sich an vorderster Stelle am gewalttätigen Protest gegen die Verschleppung des PKK-Führers Abdullah Öcalan in Berlin beteiligt (Az: 538-10/99).

Während der zwölf Verhandlungstage hatten sich die Hauptbelastungszeugen, zwei Polizisten, in krasse Widersprüche verstrickt. Wegen der widersprüchlichen Aussagen forderte schließlich auch die Staatsanwaltschaft den Freispruch. Sie hatte A. schweren Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Mann war verdächtigt worden, mit einer Holzlatte auf Polizeibeamte eingeprügelt zu haben.

Die Anwältinnen A.s warfen der Anklagebehörde "grobe Pflichtverletzung" vor. Sie habe es versäumt, die Beweismittel, darunter ein entlastendes Videoband, ausreichend zu würdigen. "Hätte sie dies, wie es ihre Pflicht ist, getan, wäre es wahrscheinlich nicht zu einer Anklageerhebung gekommen", betonten die Verteidigerinnen. Zugleich verwiesen sie darauf, dass ihr Mandant mehr als acht Monate zu Unrecht in Haft gesessen habe.

In Berlin hatten Kurden am 17. Februar das israelische Konsulat erstürmt. Dabei wurden vier der Angreifer getötet.