Die Gründung des
TRANS ATLANTIC BUSINESS DIALOGUE
und die Revitalisierung der EU-US-Beziehungen

Daniel Graf, Zürich, Juli 2000

Die Bilder sind alle vom TABD-Protest in Cincinnati (Ohio), Nov 16-18 2000

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Gründungsgeschichte des TABD
    1. Die Beziehungen zwischen der EU und der USA (1989-94): "Muddling through!"
      1. Die Transatlantische Erklärung (1990)
      2. Status Quo in den EU-US-Beziehungen (1991-93)
      3. Wachsende wirtschaftliche Verflechtung
      4. Neue Initiativen (1994-95)
      5. Zusammenfassung
    2. Die Gründungsjahre des TABD (1995-96)
      1. Browns "brain child"
      2. Der erste Testlauf
      3. Europa startet aus der zweiten Reihe
      4. Vom Experiment zum Erfolgsmodell - die erste TABD-Konferenz von Sevilla (1995)
      5. Die neue TABD-Agenda
      6. Zusammenfassung
  3. Diskussion: Gründe für den Erfolg des TABD
    1. Die Erfolgsformel des TABD
      1. CEOs
      2. Consensus
      3. Constructive
      4. MRA - ein Beispiel für die Arbeitsweise des TABDTABD als Lernprozess der transatlantischen Wirtschaftseliten
    2. Der transatlantische und globale Rahmen der TABD-Aktivitäten
      1. TABD als transatlantisches Scharnier
      2. TABD als Lückenfüller der multilateralen Regime
    3. Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem TABD
  4. Schlussbetrachtungen
  5. Bibliographie

A. Einleitung Inhalt

»It is difficult to overstate the effect the TABD has had on trade liberalisation [...] in fact virtually every-opening move undertaken by the United States and the EU in last couple of years has been suggested by the TABD.«

Timothy Hauser, Sekretär des US-Handelsministeriums [1]

Vom 10. bis 11. November 1995 fand in Sevilla die erste offizielle Konferenz des Transatlantic Business Dialogue (TABD) statt. Über hundert SpitzenvertreterInnen von US-amerikanischen und europäischen Konzernen verabschiedeten einen umfangreichen Forderungskatalog, welcher die Regierungen auf beiden Seiten des Atlantiks zur raschen Beseitigung von Handels- und Investitionshindernissen ermahnte. Über zwei Drittel dieser Empfehlungen wurden schliesslich in die Neue Transatlantische Agenda (NTA) übernommen, welche Präsident Bill Clinton, Kommissionspräsident Jacques Santer und EU-Ratspräsident Felipe Gonzalez nur wenige Wochen später am halbjährlichen EU-US-Gipfel in Madrid unterzeichneten. Aus der Sicht der Europäischen Kommission war diese Initiative ein qualitativer Sprung in den transatlantischen Beziehungen, die "damit von einer Phase der Konsultationen in eine neue Phase der Abstimmung und gemeinsamen Aktionen [eintraten]" (Bull. EU 12-95, I.38.).

Für mich ist die Entstehungsgeschichte des Transatlantic Business Dialogue (TABD) aus drei Gründen interessant. Erstens betritt mit dem TABD ein neuer Akteur die transatlantische Bühne, welcher die Ausgestaltung der Handels- und Investitionspolitik zwischen der EU und der USA künftig prägen sollte. Zweitens konkurrenziert der TABD - insbesondere innerhalb der EU - bereits bestehende Wirtschaftsverbände. Und drittens beschreibt der TABD ein transatlantisches Experiment, in welchem die unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen und -kulturen aufeinander stossen. Kurz: Der TABD könnte zum Ausgangspunkt für einen Umstrukturierungsprozess werden, der die Beziehungen zwischen Wirtschaft und Politik auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene grundlegend verändert.

Ziel der vorliegenden Seminararbeit ist es in erster Linie zu dokumentieren, wie mit der Gründung des TABD die Revitalisierung der EU-US-Beziehungen eingeleitet wurde. Obwohl zahlreiche Beteiligte den TABD im Rückblich als das Erfolgsmodell - auch für zukünftige internationale Handelsrunden - begreifen, möchte ich den experimentellen Charakter des TABD-Projekts hervorheben.

Betrachtet man die Entstehungsgeschichte des TABD aus europäischer Perspektive, so stellt sich die Frage, welche strategische Rolle die EU-Institutionen und die europäischen Konzerne bei der Vorbereitung des neuen transatlantischen Elitenpaktes gespielt haben. Interessanterweise fällt die Gründung des TABD in eine Phase der europäischen Staatsbildung, in welcher sich die europäische Wirtschaftselite, namentlich der European Roundtable of Industrialists (ERT), aus ihrer Funktion als Integrationsbeschleuniger tendenziell zurückgezogen haben (Bornschier 2000:32). Dies, nachdem der ERT und die Europäische Kommission in intensiver Zusammenarbeit ihr gemeinsames Ziel - die Schaffung des einheitlichen Binnenmarktes - durchgesetzt haben.

Im ersten Kapitel meiner Arbeit wird kurz auf die Vorgeschichte der EU-US-Beziehungen eingegangen, um dann ausführlicher die einzelnen Phasen der TABD-Gründungsgeschichte zu behandeln. Im nächsten Kapitel versuche ich zentrale Elemente des TABD-Projektes herauszuarbeiten und die Frage zu klären, wieso der TABD in so kurzer Zeit zum Erfolgsmodell par excellence avancierte. Meine Schlussbetrachtungen rücken nochmals die europäischen Institutionen und Konzerne als Akteure innerhalb der transatlantischen Beziehungen ins Zentrum.

Theoretisch und argumentativ stütze ich mich in meiner Arbeit auf die Beschreibung des Strukturwandels der Europäischen Union von Volker Bornschier (1998, 2000) und Patrick Ziltener (1999). Für die Darstellung der EU-US-Beziehungen bis Mitte der 90er Jahre nehme ich einerseits bezug auf die Artikel des Jahrbuchs der Europäischen Integration (Weidenfels/Wessels 1990-1998) und anderseits auf Arbeiten von Astrid Schomaker und Dirk Detken (1996), Stephen Woolcock (1996) und Anthony Laurence Gardner (1997). Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass zur Gründungsgeschichte des TABD - mit Ausnahme von Maria Green-Cowles [2] (1996) - praktisch keine wissenschaftliche Arbeiten vorliegen. Neben verschiedenen kürzeren Berichten und Darstellungen (fast ausschliesslich aus US-amerikanischer Perspektive), auf die ich bei meiner Internetrecherche [3] gestossen bin, verdanke ich den Berichten des holländischen NGO Corporate Europe Observatory (CEO 1999) nicht nur das Thema der Arbeit, sondern auch eine Einschätzung der neusten Aktivitäten des TABD.

Zur Quellenlage ist anzumerken, dass - wegen des informellen Charakters des TABD - nur wenige "offizielle" Dokumente zur Gründungsgeschichte öffentlich zugänglich sind. [4]

B. Gründungsgeschichte des TABD Inhalt

»The idea was simple: to identify those barriers to trade or opportunities for liberalization on which both business communities could agree as targets for government action. We should put the business 'horse' before the government 'cart'.«

Timothy Hauser, Sekretär des US-Handelsministeriums [5]


Lori Wallach

Die Idee, mit der Hilfe von Wirtschaftseliten Modernisierungs- und Liberalisierungsprogramme durchzusetzen, war insbesondere für die USA kein Novum. [6] War die "Roundtable-Politik" seit langem ein fester Bestandteil des US-amerikanischen politischen Systems, so etablierte sie sich auf europäischer Ebene erstmals zu Beginn der 80er Jahre mit dem European Roundtable of Industrialists (ERT). [7]

Was hingegen an dieser "simplen Idee" neu war, wer sie unterstützte und auf welche Widerstände sie stiess, möchte ich im folgenden Kapitel rekonstruieren. Ich beschränke mich auf die ersten zwei Gründungsjahre des TABD (1995-96), die meiner Meinung nach die take-off Phase des TABD-Projektes umfassen. Dabei soll der Rolle der Europäischen Kommission besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Einleitend wird ein Blick auf die unbestimmte Entwicklung der EU-US-Beziehungen bis Mitte der 90er Jahre geworfen, um die politische Atmosphäre zu beschreiben, aus welcher das TABD-Projekt hervorgegangen ist.

1. Die Beziehungen zwischen der EU und der USA
(1989-94): "Muddling through!" [8] Inhalt

1.1. Die Transatlantische Erklärung (1990)

Nach dem raschen Zerfall der Sowjetunion stellte sich die Frage, in welche Richtung sich die vom Kalten Krieg geprägten transatlantischen Beziehungen entwickeln würden. Es war vorauszusehen, dass die Paketlösung der 80er Jahre - militärische Stärke der USA gegen europäisches Kapital zu dessen Finanzierung - in Zukunft nicht mehr haltbar sein würde (Calleo 1991:249). Bisher hatte die "Sicherheitspartnerschaft" zwischen der EU und den USA auch das wirtschaftliche Konkurrenzverhältnis entschärft: »Faced with the need to maintain a common front vis-à-vis the USSR, disputes over trade in specific sectors or difference how to conclude trade negotiations were played down so as not to rock the boat of transatlantic political and security relations« (Woolcock 1996:165).

Als Folge der veränderten sicherheitspolitischen Lage und in Voraussicht der zentralen Rolle der gefestigten EG auf die Entwicklungen in Ost- und Mitteleuropa änderte die Bush-Administration ihre zuvor eher distanzierte Haltung zur Europäischen Gemeinschaft. Das Ergebnis dieser Annäherung war die Unterzeichnung der Transatlantischen Erklärung am 23. November 1990. Das Abkommen zwischen der EU und den USA, das nie große Publizität erlangte, enthält eine Reihe von rechtlich unverbindlichen Absichtserklärungen - wie etwa zur nachhaltigen Entwicklung und zum gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus (Schomaker/Detken 1996:540). [9] Wichtiger als die Betonung der transatlantischen Solidarität und Gemeinsamkeiten war die vertragliche Regelung der transatlantischen Konsultationsmechanismen, zu welchen neu auch ein halbjährliches EU-US-Gipfeltreffen gehörte. Insgesamt hat die Zusammenarbeit im Rahmen der Transatlantischen Erklärung weniger zu konkreten Ergebnissen, als zu einer ersten "transatlantischen Konfiguration" der EU- und US-Bürokratien geführt. Trotz dieser institutionellen Annäherung entwickelte sich die Zusammenarbeit zwischen den EU- und US-Instanzen eher schleppend. [10]

1.2. Status Quo in den EU-US-Beziehungen (1991-93)

Die weitere Entwicklung der transatlantischen Beziehungen blieb bis Mitte der neunziger Jahre unbestimmt. Die Differenzen über den Bosnienkrieg und die NATO Erweiterung deuteten auf eine weitere Erosion des institutionellen Kitts zwischen der EU und den USA. Die Transatlantische Erklärung bildete seit 1990 zwar formal das "Rückgrat der EU-US-Beziehungen" (Schomaker/Detken 1996: 539), doch fehlten in der Folge von beiden Seiten des Atlantiks weitergehende Initiativen.

Der transatlantische Status Quo erschien zusehens im Vergleich zu verstärkten regionalen Integrationsbemühungen als Rückschritt. Während die EG Europaabkommen in Mittel- und Osteuropa abschloss und sich stärker in den Baltischen Staaten engagierte, setzte die USA auf Freihandelsabkommen im Rahmen der NAFTA, APEC und FTAA. [11] Dazu ließen die für den EG-Binnenmarkt geplanten einheitlichen Marktbedingungen die Befürchtung aufkommen, dass regionale Handelszonen in Zukunft die Weltwirtschaft prägen würden und sich zu konkurrenzierenden Wirtschaftsblöcken entwickeln könnten.

Dieses "Auseinanderdriften" der Blöcke schien der Abschluss der Uruguay-Runde zu bestätigen, in welcher keine umfassende multilaterale Einigung über die sogenannten "neuen Themen" (GATS, TRIPS) [12] zwischen der EU und den USA erreicht wurde. [13] Auch drohten trotz der neuen, multilateralen Streitschlichtungsverfahren der Welthandelsorganisation von Seiten der USA weiterhin einseitige Sanktionen (Section 301) oder die extraterritoriale Anwendung der US-amerikanischen Handelsgesetzgebung, wie im Falle der Embargopolitik gegen Kuba, Libyen und Iran. Mit dem Sieg der Republikaner bei den Wahlen 1994 schien auch die Aussenpolitik der Clinton-Administration eher in Richtung eines neuen Isolationismus zu kippen.

1.3. Wachsende wirtschaftliche Verflechtung

Trotz dem unsicheren Kurs der transatlantischen Beziehungen nahm bis Mitte der 90er Jahre die wirtschaftliche Verflechtung zwischen der EU und den USA zu. Zwar war die EU in den letzten Jahren - hinter die NAFTA-Länder Mexiko und Kanada - auf Platz zwei der Liste der wichtigsten US-Märkte abgerutscht; sie war aber 1994 noch immer Ziel von 22% aller US-Exporte und Herkunftsland von 16% der US-Importe. [14] Umgekehrt gingen 18% aller EU-Exporte in die USA, während 17% aller Importe von dort stammten. Bei den Direktinvestitionen sind die Zahlen noch deutlicher: 1993 investierten EU-Firmen 238 Mrd. $, was 56% aller ausländischen Direktinvestitionen in den USA entspricht. Umgekehrt beliefen sich die US-Direktinvestitionen in die EU auf 225 Mrd. $, das sind 42% aller getätigten Fremdinvestitionen.

1.4. Neue Initiativen (1994-95)

Eine neue Debatte über eine mögliche Vertiefung der transatlantischen Beziehungen begann zum Jahreswechsel 1994-95. Der kanadische Premierminister Jean Chrétin eröffnete eine Serie von Vorschlägen mit der Forderung, die EU und die NAFTA sollten über eine transatlantische Freihandelszone (TAFTA) verhandeln. In der Folge nahmen verschiedene Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks die TAFTA-Idee auf und präsentierten ihre Visionen für eine Intensivierung der transatlantischen Beziehungen. [15] Breite Beachtung fand der Vorschlag des Transatlantic Policy Network (TPN), ein Zusammenschluss von US-amerikanischen und europäischen Unternehmern, Wissenschaftlern und Politikern. Das Strategiepapier des TPN betont die Notwendigkeit, bis jetzt unbeachtete Kreise, wie EU-ParlamentarierInnen und die business community, für das transatlantische Projekt zu mobilisieren (Gardner-Feldman 1995:242). [16]

Trotz der positiven Resonanz wurde eine Umsetzung der zahlreichen Vorschläge erst nach der Regierungskonferenz der EU 1996 und den anstehenden US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen erwartet (ebd.: 241). Denn obwohl sämtliche Ideen eine wirtschaftliche Komponente in Form einer transatlantischen Freihandelszone, einer EU-US-Freihandelszone oder eines EU-US-Wirtschaftsraumes enthielten, blieben sie in der konkreten Umsetzung eher vage. [17] Dazu verbreitete die Frage nach der Kompatibilität einer EU-US-Freihandelszone mit den WTO-Spielregeln eher Skepsis als Euphorie (Lankowski 1996:242). Offen blieb zunächst auch, ob Clinton vom US-Kongress überhaupt ein TAFTA-Verhandlungsmandat erhalten würde (ebd.) und ob sich in der EU das "Anglo-Saxon free trade camp" (Gardner 1997:21) gegen den Widerstand Frankreichs durchsetzen könnte.

Zusammenfassung

Die Transatlantische Agenda (1990) markiert eine erste Annäherung der EU-US-Beziehungen nach dem Kalten Krieg, ohne jedoch eine Richtung für die zukünftige Entwicklung in wirtschaftlichen, militärischen oder politischen Bereichen vorzugeben. Im Gegenteil erschien dieses Abkommen im Vergleich zu regionalen Integrationsbemühungen und ungelösten Handelskonflikten als Rückschritt. Ungeachtet dessen nahm bis Mitte der 90er Jahre die transatlantische Wirtschaftsverflechtung im Bereich Handel und Direktinvestitionen zu. Erst 1994 begann eine erneute Debatte über die Zukunft der EU-US-Beziehungen. Trotz positiven Signalen auf beiden Seiten des Atlantiks erwartete kaum jemand, dass die Visionen eines transatlantischen Marktes bereits im Dezember 1995 mit der Neuen Transatlantischen Agenda (NTA) eine konkrete Umsetzung finden würden.

2. Die Gründungsjahre des TABD (1995-96) Inhalt

2.1. Browns "brain child"

Zu den zentralen Figuren der Gründungsphase zählt der damalige Chef des US-amerikanischen Handelsministeriums Ronald Brown. Der TABD war sein "brainchild" (Aaron 1998). Am 15. Dezember 1994 hielt er vor der American Chamber of Commerce in Brüssel eine Rede, in welcher er seine Vision einer neuen, transatlantischen Wirtschaftorganisation vorstellte. Brown war der Ansicht, dass die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks an umfassenden Handelsliberalisierungen interessiert sei. Nur fehle ein geeignetes Koordinierungsinstrument, um diese Forderungen auf transatlantischer Ebene durchzusetzen. Nach der Meinung des US-Handelsministeriums galt dies besonders für die EU, deren handelspolitische Positionen in erster Linie von den Mitgliedsländern und nicht von der europäischen Industrie bestimmt würden. Brown war davon überzeugt, dass weder die EU, noch die US-Regierung sich es leisten könnten, eine transatlantische Agenda der KonzernvertreterInnen zu ignorieren. [18]

In der Folge war es vor allem der US-Botschafter für die EU, Stuart Eizenstat, der Browns Vision eine konkretere Form gab. Neben Gesprächen mit Vertretern von in der EU tätigen US-Konzernen, wandte er sich an die zuständigen EU-Kommissäre der Handels- (DG I) und Industriedirektion (DG III). Nach Green-Cowles (1996:1*) war Leon Brittan, als Verantwortlicher für die EU-US-Handelsbeziehungen sehr empfänglich für die TABD-Idee, während der Direktor des DG I, Horst Krenzler, eher skeptisch war. Im Februar 1995 stimmten die Kommissäre Brittan und Bangemann dem TABD-Projekt zu und begannen die weitere Umsetzung mit dem US-Handelsministerium vorzubereiten. [19]

2.2. Der erste Testlauf

Zwei Monate später erhielten etwa 1'800 EU- und US-IndustrievertreterInnen den berühmten "Three B"-Brief [20], in welchem sie nach ihren Wünschen für ein transatlantisches Wirtschaftsforum befragt wurden. Die Umfrage war ein erster Testlauf für die TABD-Initiative. Über 300 der angeschriebenen Wirtschaftsleader antworten (Green-Cowles 1996:1*).

Die eingegangenen Reaktionen der business community waren interessanterweise nicht euphorisch. So beschreibt Horst Langer (1998) von Siemens rückblickend die skeptische Haltung seines Unternehmens: »Considering the great differences between the business associations on both side of the Atlantic and the differences in the way governments are lobbied, early in 1995 we simply could not see that a TABD, based exlusivly on voluntary work done by interested firms, would work. [...] We felt we had effective channels for direct contact with government circles in Brussels and Washington«.

Das Argument, wonach die transatlantische Wirtschaft bereits ausreichend über Einflussmöglichkeiten verfüge, sorgte auch für den dürftigen Erfolg des Transatlantic Business Forum (TBF). Das TBF, das am 2. Juni 1995 in Madrid tagte, war vermutlich ein weiterer Versuch des US-Handelsministeriums und der Europäischen Kommission, die Wirtschaftsleader für die TABD-Idee zu begeistern. [21] Nach Woolcock (1996:175) erhielt der TBF gerade von den europäischen Wirtschaftleadern nur beschränkte Unterstützung, da sie sich von der Union des Confédérations de l'Industrie et des employeurs de l'Europe (UNICE), dem European Round Table of Industrialists (ERT) und dem Transatlantic Policy Network (TPN) gut vertreten fühlten. Nur wenige KonzernvertreterInnen konnten daher für die Teilnahme am TBF gewonnen werden.

Auch die US-amerikanischen Unternehmen waren skeptisch, ob es sich bei Browns Initiative nicht um eine Wahlkampfveranstaltung für die Clinton-Administration handelte. [22]

Dennoch gelang es dem US-Handelsministerium mit Paul Allaire (Xerox) und Alex Trotman (Ford) zwei einflussreiche Wirtschaftsleader für den Vorsitz des U.S. TABD Steering Committee zu gewinnen. [23] Auf europäischer Seite konnten mit Jürgen Strube (BASF) und Peter Sutherland (Goldman Sachs International) ebenfalls bekannte Persönlichkeiten für die Vorbereitung des TABD gewonnen werden. [24]

Im Juli 1995 trafen sich die beiden Vorbereitungsgremien das erste Mal in Brüssel und beschlossen noch Ende des Jahres in Sevilla eine TABD-Konferenz einzuberufen. Vier Arbeitsgruppen wurden gegründet, die Positionen für folgende Themen entwickeln sollten: 1. Standards und Zertifizierung, 2. Handelsliberalisierungen, 3. Investitionen und 4. Beziehungen zu Drittländern.

2.3. Europa startet aus der zweiten Reihe

Kamen die Vorbereitungen für die TABD-Konferenz in den USA langsam in Schwung, so blieben die weiteren organisatorischen Erfolge der Europäer zunächst bescheiden. Anders als in den USA, wo das TABD-Projekt auf eine längere Tradition der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Industrie in Handelsfragen aufbauen konnte, war es weit schwieriger, die Arbeit zwischen der Europäischen Kommission und der Industrie zu koordinieren.

Die Entscheidung der Kommission und des US-Handelsministeriums vom Frühjahr 1995, dass der TABD-Prozess von den transatlantischen Konzernspitzen getragen werden sollte, stiess besonders bei den europäischen Wirtschaftsverbänden auf deutliche Ablehnung. [25] Allen voran machte die UNICE, die Dachorganisation der europäischen Wirtschaftsverbände, Front gegen das TABD-Projekt. Dessen Vertreter wiesen darauf hin, dass UNICE bereits einen Dialog mit US-amerikanischen Verbänden führe. Auch sollten nicht die Konzernspitzen die Verhandlungen führen, sondern nur ExpertInnen in Handels- und Investitionsfragen. Bemängelt wurde zudem, dass nur einige wenige Konzerne im Namen der europäischen Unternehmen sprechen sollen.

Die Europäische Kommission wollte jedoch unbedingt die zeitaufwendigen Konsultationsverfahren von UNICE umgehen und war nicht an einer technischen, sondern an einer politischen Diskussion mit Wirtschaftsleadern interessiert. Schliesslich wurde UNICE - als Kompromisslösung - Mitglied des europäischen TABD-Vorbereitungsgremium (Green-Cowles 1996:1*).

Die bisherige Strategie des DG I in Handelsfragen trug ebenfalls wenig zur Unterstützung für die Planungsphase des TABD bei. Statt auf sektorale Anliegen der Wirtschaft zu fokussieren, tendierte das DG I dazu, nach umfassenden Paketlösungen zu suchen. Darin sahen sich die Industrie mit den Forderungen von anderen gesellschaftlichen Interessensgruppen - u. a. Gewerkschaften und Umweltverbände - konfrontiert (ebd).

Die TABD-Vorbereitungen in der EU waren eine eigentliche "Pionierarbeit", die auf den Widerstand bereits etablierter Wirtschaftsverbände stiess und auch bestehende institutionelle Arrangements in der EU herausforderte. Die Kooperation zwischen der Europäischen Kommission und der Industrie entwickelte sich nur langsam, wie ein beteiligter Wirtschaftsvertreter beschreibt: »The original involvement [of the two sides] was very difficult. Business wanted a briefing from the Commission on what the Commission was doing in these areas [of trade and investment]. The Commission expected business to tell [the Commissioners] what it wanted to do. We hadn't developed a spirit of cooperation. It didn't work too well«. [26] Green-Cowles (1996:1*) kommt in ihrer Beurteilung zum Schluss, dass in der ersten Phase des TABD keine Rede von einer Führungsrolle der Kommission sein kann. [27] Im Gegenteil: Der grösste Teil der Vorbereitungsarbeit zur Konferenz in Sevilla im November 1995 übernahmen die KonzernvertreterInnen selbst.

2.4. Vom Experiment zum Erfolgsmodell - die erste TABD-Konferenz von Sevilla (1995)

Die Erwartungen an die erste TABD-Konferenz (10-11. November 1995) waren hoch gesteckt. Besonders die europäischen Medien berichteten bereits im Vorfeld über die Konferenz und stilisierten sie zum Test für die künftigen EU-US-Beziehungen. Auf beiden Seiten des Atlantiks hatten die Vorbereitungsgremien eine Vielzahl von Arbeitspapieren produziert, die in Sevilla zu konkreten Forderungen umformuliert werden sollten (Green-Cowles 1996:2*).

Der TABD war bis zu diesem Zeitpunkt immer noch ein Experiment. Die Idee des "CEO-to-CEO dialogue" sorgte vor und während der Konferenz für eine eher angespannte Atmosphäre. Bereits die Auswahl der TeilnehmerInnen brach den schwellenden Konflikt zwischen den Vorbereitungsgremien und den Wirtschaftsverbänden erneut auf. Das US-Handelsministerium und die Kommission hatten entschieden, die Vertreter der Spitzenverbände in ihrer Funktion als hochrangige KonzernvertreterInnen einzuladen. [28] Ein offener Affront für die Wirtschafsverbände. Auch an der Konferenz wurde die TABD-Hierarchie wortwörtlich sichtbar: Rote Karten erhielten die CEOs, die in den Arbeitsgruppen das Wort ergreifen durften. Für rangniedrige Konzern-, Verbands- und RegierungsvertreterInnen gab es Blaue Karten, welche sie als ausschliessliche Beobachter ohne Rederecht auswies. [29]

Auffallend war auch der unterschiedliche Stand der transatlantischen Logistik: Die US-Delegation bekamen vom Handelsministerium eine Kongress-Agenda mit allen wichtigen Unterlagen, während die europäischen TeilnehmerInnen nicht einmal alle Kopien der Arbeitspapiere vor der Konferenz erhielten. Für Green-Cowles ein weiteres Indiz dafür, dass die Europäer nur geringe Erfahrung mit Wirtschaftsdialogen auf Konzernspitzenniveau mitbrachten: »Unlike the Americans, neither the Commission nor the industry people had any strong experience with the TABD's CEO-style format« (Green-Cowles 1996:2*).

Trotz diesen Schwierigkeiten wurde die erste TABD-Konferenz als großer Erfolg gewertet. Die besondere Arbeitsatmosphäre zwischen den europäischen und US-amerikanischen Wirtschaftsleadern, wurde bald als "Spirit of Seville" bekannt; ein wichtiger Baustein des TABD-Gründungsmythos. Die Teilnehmer verfassten in nur zwei Tagen ein gemeinsames Dokument mit über siebzig konkreten Empfehlungen, wie transatlantische Handelshindernisse abgebaut werden könnten.

In den einführenden Worten der "Erklärung von Sevilla" bedanken sich die Teilnehmer für die Initiative der EU und der US-Regierung, demonstrieren aber gleichzeitig ihr Selbstbewusstsein: »The business community gives this central message to their political leaders: that the transatlantic business relationship is one of the great successes of the post war world [and] one of the driving forces for the entire world economic system«. [30] Bekräftigt wird auch das TABD-Modell als "CEO-to-CEO dialogue": Sevilla sei deshalb ein erfolgreiches Treffen gewesen, weil die TABD-Agenda in erster Linie von den Vertretern der Konzernspitzen entwickelt wurde. Ebenfalls aufgeführt ist das Ziel der weiteren TABD-Aktivitäten: Die Beseitigung von übertriebenen Vorschriften und existierenden Unterschieden zwischen den transatlantischen Regulierungssystemen. Weiterhin erwartet die "Erklärung von Sevilla", dass beide Regierungen die Empfehlungen des TABD mit "großer Sorgfalt" lesen und diese in die Abschlusserklärung des EU-US Gipfeltreffen vom 3. Dezember in Madrid einfließen lassen. Am Ende des Dokumentes findet sich die Ankündigung, dass Alex Trotman (Ford) und Jürgen Strube (BASF) damit beauftragt werden, unter der Verwendung bestehender Ressourcen und Organisationen die Umsetzung der Empfehlungen voranzutreiben. [31] Damit machte der TABD deutlich, dass er nicht beabsichtigt, eine neue Wirtschaftsorganisation zu Gründen, sondern sich lediglich als exklusive Plattform für die transatlantischen Beziehungen verstand.

Vom Engagement der transatlantischen Konzerne beeindruckt, betrachteten die Clinton-Administration und die Kommission den TABD bereits vor Beginn der Konferenz als ein mögliches Vehikel, um die transatlantischen Beziehungen zu stärken. Diese Rolle hatte der TABD mit Sevilla mehr als ausgefüllt. So überrascht es nicht, dass über die Hälfte der TABD-Empfehlungen in die Neue Transatlantische Agenda (NTA) aufgenommen wurden. Mehr noch: Die EU und die USA verpflichteten sich den TABD auch weiterhin zu unterstützen. So konzipierte beispielsweise die Europäische Kommission eine Kontaktliste, welche jeder Arbeitsgruppe des TABD einen Ansprechpartner im DG I vermittelte (Green-Cowles 1996:2*). [32] Damit wurde der TABD auch offiziell zu einem zentralen Baustein der neuen transatlantischen Architektur. [33]

2.5. Die neue TABD-Agenda

Im Februar 1996 trafen sich die beiden Vorbereitungsgremien des TABD mit RepräsentantInnen der US-Regierung und der Kommission. Ziel der WirtschaftsvertreterInnen war es, die Empfehlungen von Sevilla zu präzisieren, um deren Umsetzung zu beschleunigen: Aus den ursprünglich vier wurden fünfzehn [34] Arbeitsgruppen. [35] Den Vorsitz über die jeweiligen Arbeitsgruppen teilten sich wie bisher zwei VertreterInnen je eines US- und eines EU-Konzerns. Die neue Organisationsstruktur schuf auch ein besseres Verhältnis zwischen den im TABD vertretenen Unternehmen und Wirtschaftsverbänden. So übernahm UNICE eine Reihe von Arbeitsgruppenvorsitze (Green-Cowles 1996:2*). Den europäischen Co-Vorsitz über eine der erfolgreichsten Arbeitsgruppen, dem Transatlantic Committee on Standards Certification and Regulatory Policy (TACS), übernahm Jan Timmer, der geschäftsführende Direktor von Philips und bekanntes ERT-Mitglied (Jackson 1996).

Ein Monat vor dem EU-US-Gipfel, am 23. Mai 1996, veröffentlichte der TABD seinen Progress Report. Vergleichbar mit der "Erklärung von Sevilla" enthielt das zweiundsiebzig Seiten starke Dokument konkrete Vorschläge des TABD für die Gipfelagenda. Unter den zentralen Empfehlungen des TABD war ein Vorschlag für ein Abkommen über Informationstechnologie (Information Technology Agreement, ITA) und die gegenseitige Anerkennung von Standards (Mutual Recognition Agreement, MRA).

Wie einflussreich der TABD geworden war, lässt sich aus der Äusserung von Stuart Eizenstaat - mittlerweile im Dienste des US-Handelsministeriums - herauslesen. In Brüssel, meinte er anlässlich der TABD-Pressekonferenz zum Progress Report: »No one would have quite imagined the degree to which the TABD has influenced government decision-making on both side of the Atlantic. It has become deeply enmeshed and embedded in to the US government decision-making process on a wide range of regulatory, trade and commercial issues. It is regularly cited and it is part of the ongoing discussion between the EU and the US«. [36]

Die Erwartungen des TABD wurden am EU-US-Gipfel nicht erfüllt. Statt ihren Empfehlungen war die Auseinandersetzung über die extraterritoriale Anwendung der US-amerikanischen Handelsgesetzgebung (Helms-Burton Act) das zentrale Thema des Gipfels. Trotzdem verwies die Anwesenheit von Jürgen Schrempp (Daimler-Benz) und John Luke Jr. (Westvaco) auf die Einbindung des TABD auf höchster Regierungsstufe. Die Erfahrung, dass solche "hausgemachten" Konflikte die TABD-Agenda durchkreuzen können, führte zu einem Strategiewechsel beim TABD (Green-Cowles 1996:4*). Nachdem mit den Arbeitsgruppen die Schwerpunkte der transatlantischen TABD-Politik gesetzt waren, konzentrierte man sich stärker auf die handelspolitischen Besonderheiten der USA und EU. Innerhalb der EU bemühte sich der TABD seine Beziehungen zu den einzelnen Mitgliedsländer zu intensivieren. Denn nicht jedes EU-Land war bisher mit einem nationalen Unternehmen am TABD-Prozess beteiligt. Dazu mussten die Befürchtungen einiger Regierungen - besonders von Frankreich und Deutschland - zerstreut werden, dass der TABD die multilateralen Organisationen, wie WTO und OECD, schwächen würde. Zudem war es dem europäischen Flügel des TABD ein großes Anliegen, vom Image einer industriellen Frontorganisation wegzukommen. [37] Insbesondere in Ländern, welche die "Sozialpartnerschaft" pflegen, schien auch der Einbezug von Gewerkschaften zur Unterstützung der TABD-Agenda notwenig.

2.6. Zusammenfassung

Die Gründungsphase des TABD trägt deutlich die Handschrift des US-Handelsministeriums. Sein damaliger Chef, Ronald Brown, und der US-Botschafter für die EU, Stuart Eizenstat, waren nicht nur die Initiatoren des neuen transatlantischen Elitenpaktes, sondern bestimmten auch die Form des TABD als "CEO-to-CEO dialogue". Obwohl die Vertreter der Europäischen Kommission, Leon Brittan (DG I) und Martin Bangemann (DG III), rasch für den Vorschlag zu gewinnen waren, nahm die Kommission - zumindest bis zur ersten TABD-Konferenz in Sevilla - im Vergleich zum US-Handelsministerium eine abwartende Haltung ein.

Interessanterweise waren die angesprochenen Wirtschaftsleader auf beiden Seiten des Atlantiks zunächst wenig für das TABD-Projekt zu begeistern. Erst die strategische Besetzung der TABD-Vorbereitungsgremien mit bekannten Konzernvertreter und die Aussicht auf neue politische Einflussmöglichkeiten sicherten dem TABD-Projekt die notwendige Unterstützung der transatlanischen business community.

Obwohl die unterschiedliche Konzernstruktur und -kultur zwischen den US-amerikanischen und europäischen Wirtschaftsleadern latent für Spannungen sorgten, wurde die erste TABD Konferenz in Sevilla aus Sicht der TeilnehmerInnnen ein voller Erfolg. Mit der Aufnahme der TABD-Forderungen in die Neue Transatlantische Agenda (NTA) und der Zusage der Cliton-Administration und der EU, den TABD auch in die weiteren EU-US-Verhandlungen zu integrieren, hatte sich die neue Wirtschaftslobby - nach nur einjähriger Vorarbeit - als wichtiger Pfeiler der künftigen transatlantischen Beziehungen etabliert.

Trotz des raschen Erfolges war ein Strategiewechsel nötig, um die Umsetzung der Forderungen voranzutreiben. In der Folge wandte sich der TABD verstärkt der binnenpolitischen Situation in der EU und den USA zu, um seine Lobbypolitik auszubauen und durch Koalitionen mit anderen Interessensgruppen den politischen Druck zu vergrössern.

C. Diskussion: Gründe für den Erfolg des TABD Inhalt

»This government-business dialogue is unique in the world and has contributed immensely to the reduction of trade barriers across the Atlantic. No other forum has risen so rapidly to become as efficient as the TABD. It has become the single most important channel through which business can help shape the bilateral trade agenda of governments« (Aaron 1998).

Einmalig, schell und effektiv - das sind die drei Schlüsselwörter mit denen David L. Aaron, Untersekretär beim US-Handelsministerium, den TABD beschreibt. Wie das vorausgegangene Kapitel gezeigt hat, mutierte der TABD tatsächlich innerhalb eines Jahres vom Projekt-Stadium zu einer äusserst schlagkräftigen Organisationen der transatlantischen Wirtschaftseliten. Als quadrilaterales Verhandlungsforum beeinflusst er seit 1995 die bedeutensten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen der Welt. Wieso konnte der TABD so rasch zu einem neuen "Paradigma" (de Vink 1997) für die Gestaltung zwischenstaatlicher Wirtschaftsbeziehungen werden? Diese Frage möchte ich in diesem Kapitel ausführlicher diskutieren. Die Attraktion des TABD-Modells lässt sich auf zwei Ebenen beschreiben: Aus einer institutionellen Binnenperspektive interessieren einerseits die "einmaligen" Strukturen, Methoden und Strategien des TABD, deren erfolgreiches Zusammenwirken ich am Beispiel der MRA-Verhandlungen aufzeigen möchte. Andererseits bilden die spezifischen Charakteristika der EU-US-Beziehungen und die Entwicklung der Internationalen Handlesbeziehungen in den 90er Jahren den Rahmen, in welchem der TABD als Problemlösungsmechanismus so erfolgreich agiert. Abschließend muss noch ausführlicher von der Europäischen Kommission die Rede sein, die sich zum treusten Promotor der TABD-Agenda entwickelt hat.

1. Die Erfolgsformel des TABD Inhalt

Die Frage, welche Elemente den Erfolg des TABD- Projektes ausmachen, hat Jackson (1998) auf eine griffige Formel gebracht: Für sie sind es die "Three C's: CEOs, Concensus and Constructive".

1.1. CEOs

Tatsächlich ist das persönliche Engagement der transatlantischen Wirtschaftselite nicht nur das Markenzeichen des TABD, sondern war unzweifelhaft eine der Voraussetzungen für den zügigen Aufbau seines Netzwerkes. Wie im letzten Kapitel ausführlich beschrieben, hätten - trotz Schirmherrschaft des US-Handelsministeriums und der Kommissäre Brittan und Bangemann - die Widerstände gegen die neue Struktur des transatlantischen "CEO-to-CEO dialogue" nicht so leicht überwunden werden können. Nur Dank der Überzeugungsarbeit von bekannten Wirtschaftsleadern, wie Paul Allaire, Alex Trotman, Peter Sutherland und Jürgen Strube, konnte die Skepsis der übrigen Konzerne überwunden und die bestehenden Wirtschaftsverbände integriert werden. Denn obwohl die TABD-Struktur auf die Ressourcen der transatlantischen Konzerne und dessen Führungspersonal aufbaut, brauchten sie das Expertenwissen und die Unterstützung von bereits bestehenden Wirtschaftsverbänden. Dies gilt besonders für die EU, weil hier - im Gegensatz zur USA - die Unternehmen zuvor keine Lobbyorganisation im Bereich Handelspolitik aufgebaut hatten (Green-Cowles 1996:1*):»The result [der Integrationsstrategie des TABD, D.G.] is a built-in constituency, with strong organizational structures, that is technically knowledgeable and politically available to push for changes in regulation and legislation« (Stern 1997). So sind der ERT, UNICE und das Transatlantic Policy Network (TPN) ein fester Bestandteil des europäischen TABD-Netzwerkes geworden (ebd., CEO 1999). [38]

Wichtig in diesem Zusammenhang war auch die Entscheidung der TABD-Führungsspitze, nach der erfolgreichen Sevilla Konferenz die Organisationsstruktur möglichst flach und flexibel zu halten. Neben den Arbeitsgruppen, die das eigentliche Rückgrat des TABD bilden, existieren bis heute nur zwei "kleine" Büros. Sie sind die einzigen offiziellen Schnittstellen der "virtual organization" (Stern 1997) und befinden sich in den Konzernzentralen jener Unternehmen, die den US-amerikanischen bzw. europäischen TABD-Vorsitz innehalten. [39]

1.2. Consensus

Das zweite zentrale Element ist die konsensorientierte "entrepreneurial diplomacy" (de Vink 1997) des TABD. Jede Forderung, die auf der Agenda des TABD erscheint, wird zuerst von den spezialisierten Arbeitsgruppen vorbereitet. Nur wenn die betroffenen US-amerikanischen und europäischen Unternehmen eine Einigung erzielen, wird sie an der jährlichen Konferenz des TABD zur Genehmigung vorgelegt. Bis zu diesem Moment sind die einzelnen Regierungsstellen nicht beteiligt, auch wenn sie - auf Arbeitsgruppenebene - zuweilen von einzelnen beteiligten Unternehmen konsultiert werden. Dieses Konsens verfahren maximiert den Druck auf die Regierungen: »The original thesis has certainly proven true: when both business communities agree that a particular action is in the interest of the both side, it is much easier for governments to act - and to act quickly« (Aaron 1998).

1.3. Constructive

Der betont pragmatische Ansatz des TABD - nach Jackson (1998) "constructive" - zeigt sich in der Auswahl seiner Themen. Die vier Seiten des TABD-Roundtable hatten nicht zuletzt deshalb eine überzeugende Bilanz, weil sich der TABD konsequent nicht in die "politische Seite" der transatlantischen Handelskonflikte (z. B. Helms-Burton Act) einmischte, sondern nur konkret umsetzbare Forderungen lancierte. Oder wie de Vink (1997) von Warner-Lambert die TABD-Philosophie treffend formuliert: »We identify and undertake to solve only solvable problems«. [40] Der TABD konnte die Regierungsverantwortlichen davon zu überzeugen, dass nicht die Zölle, sondern die nichttarifären Handelshemmnisse das zentrale Thema für weitere, erfolgreiche bilaterale Handelsrunden sein sollten (Aaron 1998). Dazu gehört, dass die Empfehlungen auf einer sector-by-sector Basis getroffen werden. Nach Stern (1997) sind solche Empfehlungen meist konkreter und detaillierter als die Positionen in traditionellen Handelsrunden: »Often disputes over trade agreements result from misunderstanding over exactly what is or is not covered. The more detail included in the future regulatory map means more clarity, less room for misunderstanding and, thus, fewer disputes down the road«.

1.4. MRA - ein Beispiel für die Arbeitsweise des TABD

Der Abschluss des ersten Vertrages über die gegenseitige Anerkennung von Standards (Mutal Recognition Agreement, MRA) zwischen der EU und den USA ist ein gutes Beispiel für das Zusammenspiel der "Three C's". Das Abkommen, das 1997 am World Economic Summit in Denver unterzeichnet wurde, gilt als "first fruit" (de Vink 1997) und bisher grösster Erfolg des TABD. Die Verhandlungen über ein MRA begannen bereits drei Jahre vor Gründung des TABD. Doch bis zur Sevilla-Konferenz 1995, in welcher der Abschluss der MRA-Verhandlungen höchste Priorität eingeräumt wurde, konnten die EU und die USA keine Resultate vorweisen. Auch ein Jahr später war man nicht weiter, weil die Verhandlungen über einzelne Bereiche unterschiedlich weit fortgeschritten waren. Der umstrittenste Themenbereich des MRA-Paketes, welcher den Abschluss der Verhandlungen gefährdete, war der Annex über die Herstellung von pharmazeutischen Produkten. An diesem Punkt schaltete die Verhandlungsdelegation der EU und US-Regierung den TABD ein. Es wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Food and Drug Administration, des DG I und DG III der Europäischen Kommission und sechs Spitzenvertreter der pharmazeutischen Industrie (je drei aus der USA bzw. EU) gegründet. Die Beteiligung der Wirtschaftsleader, die mit einer gemeinsamen Position und konkreten Umsetzungsvorschlägen auf die uneinigen Regierungsvertreter trafen, brachte den Durchbruch bei den MRA Verhandlungen. Nach de Vink (1997) gelang es dieser Arbeitsgruppe bei ihrem ersten Treffen in nur drei Stunden eine Lösung zu finden: »The business contribution was simple: several issues assumed to be problematic for industry on a policy level proved not to be on a practical, business level«. Dieser unerwartete Verhandlungserfolg gehört - nach dem "Spirit of Seville" - zur zweiten Schlüsselszene in der TABD-Gründungsgeschichte.

1.5. TABD als Lernprozess der transatlantischen Wirtschaftseliten

Betrachtet man den Erfolg - wie oben - aus einer TABD-Binnenperspektive, so fehlt noch ein weiteres Schlüsselelement: Der TABD konnte sich nur etablieren, weil die Wirtschaftleader auf beiden Seiten bereit waren, sich mit Unterschieden von Unternehmensorganisationen und politischen Systemen in der EU und den USA zu beschäftigen. Wie die Unstimmigkeiten vor und während der Konferenz von Sevilla gezeigt haben, standen die Unterschiede in der Konzernkultur und -struktur einer Annäherung der transatlantischen Wirtschaftseliten im Weg. Aus dieser Sicht wird das TABD-Projekt zu einem "unique learning process" (Green-Cowles 1996:4*), welcher die Grundlage für das gemeinsame Auftreten gegenüber den Regierungen schuf. Die Erfahrung, dass bis zur Implementierung der Forderungen teilweise Jahre vergehen können, zwang die transatlantischen Wirtschaftsleader auch dazu, ihr Engagement langfristig einzuplanen. Dieser breite Zeithorizont der TABD-Tätigkeiten festigte den laufenden Lernprozess.

2. Der transatlantische und globale Rahmen der TABD-Aktivitäten Inhalt

Die Fokussierung auf die neue Qualität des "CEO-to-CEO dialogue" greift als Erklärungsmuster für die Wirksamkeit des TABD sicherlich zu kurz. Zumal der Impuls für die Gründung des TABD nicht von der transatlantischen Wirtschaftselite, sondern vom US-Handelsministerium kam. In diesem Sinne beschreibt die vielfach gelobte "entrepreneurial diplomacy" (de Vink 1997) nur die neue Rolle der Wirtschaftsleader, die ihnen auf der transatlantischen Bühne von Seiten der EU und US-Regierung offeriert wurde.

2.1. TABD als transatlantisches Scharnier

Dass dieses Angebot gerade 1995 gemacht wurde, hängt ohne Zweifel mit dem Versuch zusammen, die Beziehungen zwischen der EU und den USA zu intensivieren: »Creation of the Transatlantic Business Dialogue was largely driven by the desire of government officials to have input from the private sector as they developed the NTA prior to its unveiling in Madrid in December 1995« (de Vink 1997). [41] Tatsächlich war der TABD - nach dem relativen Bedeutungsverlust der "Sicherheitspartnerschaft" - das neue Scharnier der EU-US-Beziehungen geworden. Wie ich im Einführungskapitel gezeigt habe, fehlte der transatlantischen Beziehung bis Mitte der 90er Jahre eine langfristige Agenda: »The "norm" of US-EU trade management was not an ongoing dialogue, but a series of global spats that often soured other aspects of the transatlantic partnership« (Green-Cowles 1996:5*). Erst der TABD hat die Situation verbessert, indem er eine Plattform geschaffen hat, auf welcher die wirtschaftlichen Themen der transatlantischen Beziehungen kontinuierlich diskutiert und weiter entwickelt werden konnten. Der TABD hat den Regierungsverantwortlichen eine klare Verhandlungsrichtung vorgegeben und die Bedingungen für weitere Handelsliberalisierungen verbessert. Als eine Art "Peace-making" Einheit zwischen der EU und USA sorgt der TABD zudem dafür, dass Handelstreitigkeiten nicht eskalieren und Vergeltungsmassnahmen (Section 301) angewandt werden: »In the two-and-half years the TABD existed, there have been no trade disputes coupled with retaliatory measures. I believe that governments shy away from trade disputes if they know that their own industry isn't interested in escalating the problems« (Lange 1998).

2.2. TABD als Lückenfüller der multilateralen Regime

Darüber hinaus bietet der TABD für die EU und die USA eine Möglichkeit, die Defizite und Problemfelder der multilateralen Organisationen (OECD, WTO) anzugehen bzw. zu umgehen: »The TABD is dealing with [...] WTO defects on the one hand by focusing on themes which are not covered by international agreements on the WTO level. [...] On the other hand, the TABD has taken up WTO themes in which the implementation process foreseen by the Uruguay Round seemed too long« (Lange 1998). So gelang es mit Hilfe des TABD 1997 in der WTO ein Abkommen über Finanzdienstleistungen und das bereits erwähnte Informationstechnologie Abkommen (ITA) zu unterzeichnen. [42] Auch auf OECD-Ebene konnte ebenfalls 1997 eine internationale Konvention zur Bekämpfung der Korruption unterzeichnet werden, während das vom TABD ebenfalls unterstützte multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) in der OECD scheiterte.

3. Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem TABD Inhalt

Die enge Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den TABD-Gremien erwies sich rasch als institutioneller back-bone des transatlantischen Netzwerkes. Blieb der Kommission bis zur Konferenz von Sevilla 1995 nur ein Platz in der zweiten Reihe, hinter dem US-Handelsministerium als Initiator des TABD, so entwickelte sie sich in kurzer Zeit zum wichtigsten Promotor der transatlantischen Wirtschaftsinteressen: »The centerpiece of the TABD's power is clearly the symbiosis which has been built with (parts of) the European Commission - a unique and disturbing example of an international corporate-state alliance« (CEO 1999). Ein internes Arbeitspapier vom 22. September 1998 zeigt, dass die Umsetzungen der TABD-Empfehlungen in der Europäischen Kommission zur Chefsache erklärt wurden: »Follow-up to the TABD recommendations is a high priority task. Vice-President Sir Leon Brittan and Commissioner Dr. Bangemann have therefore decided to personally oversee the process and will be in direct regular contact with the TABD-Chairmen on this matter«. [43] Die Kommission geht sogar noch einen Schritt weiter. Im selben Arbeitspapier verpflichtet sie sich explizit dazu, Forderungen des TABD, deren Umsetzung nicht in ihren Kompetenzbereich fallen, in anderen EU-Gremien zu vertreten. [44]

Bedeutend für die Arbeit des TABD sind nicht nur die Kontakte mit den einzelnen Kommissären, sondern regelmässige Arbeitstreffen mit ihren Chefbeamten. Wie bereits erwähnt, hat die Europäische Kommission nach Sevilla eine Kontaktliste - passend zur Struktur der TABD-Arbeitsgruppen - erstellt. Das DG I und DG III haben damit quasi eine Parallelstruktur aufgebaut; eine Schnittstelle, die sämtliche TABD-Arbeitsgruppen mit der Kommissionsbürokratie kurz schliesst. Nach Stephen Johnson, europäischer Direktor des TABD 1999, funktioniert diese Zusammenarbeit ausgezeichnet: »It's on-going. They have a good flow of information and proposals, and it is a positive, structured dialogue. The Commission is cooperative, helping business by giving them information that they need.«. [45] Ein Produkt dieser Zusammenarbeit sind die sogenannten TABD Implementation Tables, umfangreiche Kataloge, welche den Stand der Implementierung und die dabei auftretenden Probleme bis ins Detail dokumentieren. Dazu schuf die Kommission eine spezielle Arbeitsgruppe, die nicht nur die Umsetzung der TABD-Forderungen auf US-amerikanischer Seite überwacht, sondern für den TABD die Koordinierung der transatlantischen Implementierung übernimmt (CEO 1999).

D. Schlussbetrachtungen Inhalt

Wie im Titel der Arbeit bereits angedeutet, begreife ich den TABD als den massgebenden Faktor für die Revitalisierung der transatlantischen Beziehungen. Blieben die EU-US-Beziehungen bis Mitte der 90er Jahre in einer Art Schwebezustand, so markiert der TABD ab 1995 eine neue Phase der transatlantischen Zusammenarbeit. Der mässige Erfolg, der mit der Transatlantischen Erklärung (1990) eingeführten zwischenstaatlichen Kooperationsformen, und der Reformstau bei den multilateralen Institutionen (WTO, OECD) schufen den Raum, in dem die transatlantischen Eliten eine neue Verhandlungsplattform lancieren und letztlich etablieren konnten. Wenngleich ich auf Grund der mir zur Verfügung stehenden Informationen einen direkten Zusammenhang zwischen den Verhandlungen über die Neue Transatlantische Agenda (NTA) und der Initiierung des TABD nur vermuten konnte, so denke ich, dass die NTA-Verhandlungen ohne den TABD - nicht in so kurzer Zeit - hätten abgeschlossen werden können. [46]

Zweifellos - dies belegen verschiede Äusserung von beteiligten Akteuren - war das Abkommen über Informationstechnologie (ITA) und die gegenseitige Anerkennung von Standards (MRA) nur durch die intensive Kooperation zwischen dem TABD und der EU bzw. der Cliton-Administration realisierbar.

Aus europäischer Perspektive fällt auf, dass die Europäische Kommission - im Vergleich zu den US-amerikanischen staatlichen Akteuren - in einer ersten Phase eher eine Beobachterposition eingenommen hat. Zwar sorgten Leon Brittan (DG I) und Martin Bangemann (DG III) als primärer Ansprechpartner des US-Handelsministerium für den notwendigen institutionellen Rückhalt auf europäischer Ebene, doch überrascht die Tatsache, dass die europäischen Konzerne bis zur Sevilla-Konferenz im November 1995 die logistische und inhaltliche Arbeit quasi selbst übernehmen mussten. Als Gründe für die abwartende Haltung der Kommission wurden der tiefe Organisierungsgrad der europäischen Konzerne in Handels- und Investitionsfragen, der heftige Widerstand bestehender Wirtschaftsverbände (UNICE) sowie der "Paketlösungsansatz" des DG I genannt. Diese Einschätzungen müssten noch genauer überprüft werden, zumal mit dem European Roundtable of Industrialists (ERT) ein Fallbeispiel vorliegt, welches von der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den europäischen Wirtschaftseliten zeugt. Dazu kommt, dass die Kommission gerade in der Aussenwirtschaftpolitik - im Gegensatz zu andern Teilbereichen, wie beispielsweise in der Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP) - über weitreichende Kompetenzen verfügt. Wieso haben also die Kommissäre Brittan und Bangemann in der Anfangszeit des TABD auf die Möglichkeit, sich gegenüber dem Europäischen Rat zu profilieren, verzichtet?

Ebenfalls ungeklärt bleibt die Frage, wieso die Kommission nach der Konferenz von Sevilla schnell zum politischen TABD-Headquarter aufstieg: Sie integrierte nicht nur die TABD-Arbeitsgruppen in ihre internen Arbeitsabläufe, sondern übernahm als Schlüsselstelle im Gefüge der EU die Umsetzung und transatlantische Koordinierung der TABD-Forderungen. Mehr noch: Kommissär Brittan versuchte - beinahe im Alleingang - im Jahre 1998 mit dem Neuen Transatlantischen Marktplatz (NTM) eine EU-US-Freihandelzone (im Stil der umstrittenen TAFTA) zu errichten und scheiterte kläglich am Veto Frankreichs und dem Desinteresse der Clinton-Administration. Dieser Schnellschuss der Kommission, welche sich eine der Hauptforderungen des TABD zu eigen machte, wird als Reaktion auf die zögerliche Umsetzung des Mutual Recognition Agreement (MRA) gesehen (CEO 1999). Wollte sich die Kommission mit der NTM-Initiative - gegenüber der USA und den EU-Mitgliedsländern - als treibende Kraft der transatlantischen Beziehungen etablieren?

Wie bereits ausgeführt, ist die Rolle der europäischen Konzerne in der Anfangsphase des TABD nicht zu unterschätzen. Nur durch das persönliche Engagement von bekannten Wirtschaftsleadern, wie Peter Sutherland (Goldmann Sachs International), Jürgen Strube (BASF) und Jan Timmer (Philips), konnte das europäische steering committee aufgebaut werden. Obwohl der Beitrag des ERT, als mächtigste Lobbyorganisation der EU, nicht deutlicher herausgearbeitet werden konnte, gilt es festzuhalten, dass verschiedene (ehemalige) ERT-Vertreter hochrangige TABD-Funktionen übernahmen: Sutherland und Timmer waren bereits im ERT aktiv, gleiches gilt für Jürgen Schrempp (Daimler-Benz), Jérôme Monod (Lyonnaise des Eaux) und Bertran Collomb (Lafarge), die Vorsitzenden des europäischen TABD-Präsidiums in den Jahren 1998-2000. [47] Es wäre interessant zu klären, ob mit der TABD-Beteiligung eine strategische Umorientierung des ERT hin zur europäischen Aussenwirtschaftpolitik verbunden ist.

Versuchen wir das TABD-Projekt schematisch in das state building in Westeuropa einzuordnen, so finden sich verschiedene Anhaltspunkte, die auf eine Vertiefung der "wettbewerbsstaatlichen Integrationsweise" (Ziltener 1999:200-1) hindeuten. Anzufügen wären u.a. die Fokussierung des TABD auf die zukunftsträchtige Leitsektoren, wie Bio- und Informationstechnologien. Auch spielt, wie bei der Errichtung des Binnenmarktes, das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von (nationalen) Standards (MRA) eine Schlüsselrolle. Die Kommission hält zudem mit dem TABD den Prozess der Desinstitutionalisierung und "Entstaatlichung" in Gang, indem sie in der Aussenwirtschaftspolitik auf neue Kooperationsformen mit transnationalen Unternehmern setzt.

In meiner Arbeit habe ich aufgezeigt, wie sich mit dem TABD eine neue Form der industrial diplomacy im Rahmen der transatlantischen Beziehungen herausbildet. Statt der bekannten Lobbypolitik, die sich im "Vorzimmer" der Regierungsdelegationen abspielt, sitzen die TABD-VertreterInnen selber am Verhandlungstisch. Mehr noch: Sie bestimmen direkt die Agenda der Verhandlungen mit und geben Lösungsstrategien vor. Damit übernehmen die Wirtschaftleader in dem quadrilateralen Gremium eine Rolle, die bisher ausschliesslich den gewählten RegierungsrepräsentantInnen vorbehalten war. Lässt sich - aus einer demokratie-theoretischen Perspektive - bereits die machtvolle Beraterfunktion von Wirtschaftseliten gegenüber den Regierungen beanstanden, so setzt der Vertretungsanspruch des TABD auch einen neuen Massstab für die Kritik am wachsenden Einfluss der transnationalen Konzernwirtschaft auf die politischen Systeme.

Am Beispiel des TABD wird deutlich, wie sich die EU und die USA einen starken Koalitionspartner schaffen, mit dessen Hilfe sie ihre Liberalisierungs- und Deregulierungspolitik auf internationaler Ebene, aber auch gegenüber "inneren Widerständen", durchsetzen können. In diesem Sinne verändert der TABD nicht nur die Arrangements internationaler Handelsvereinbarungen, sondern beschleunigt ebenso einen binnenwirtschaftlichen Umstrukturierungsprozess unter neoliberalem Vorzeichen. Kurz: Die Geschichte des TABD macht deutlich, dass die sogenannte "Globalisierung" kein Selbstläufer, sondern ein Bündel von strategischen Entscheide einflussreicher Akteure ist. Also - wie der TABD - ein politisches Experiment mit offenem Ausgang.

Daniel Graf, Juli 2000


E. Bibliographie Inhalt

Gedruckte Quellen

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Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Union, Brüssel 1994-1996

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Scherrer, Christoph: Freihandel als Hegemoniales Projekt. Zur Geschichte der Aussenwirtschaftspolitik der USA, in: Widerspruch. Beiträge zur sozialistischen Politik, Bd. 38, Zürich 1999, 5-17

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(http://tabd.com/resources/content/jackson.html)


Fussnoten:

[1] Hearing on New Transatlantic Agenda, Washington 23. Juli 1997, zitiert nach CEO (1999).

[2] Green-Cowles hat aktuellere Analysen über den TABD veröffentlicht, die mir nicht zur Verfügung standen; vgl. Bibliographie.

[3] Da die HTML-Dokumente keine Seitenzahlen aufweisen, wird im Folgenden nur das Erscheinungsjahr angegeben. Texte, die nummerierte Kapitel aufweisen, werden mit Erscheinungsjahr und Kapitelnummer - versehen mit einem * - gekennzeichnet. Z. B. Green-Cowles (1996:1*). HTML-Dokumente, die weder eine Angabe zum Verfasser noch zum Erscheinungsjahr haben, werden direkt mit der Web-Adresse zitiert.

[4] Beispielsweise wurde CEO (1999) auf Anfrage von der Kommission mitgeteilt, dass keine Akten über die Treffen zwischen Kommissär Leon Brittan (DG I) und den TABD-VertreterInnen vorhanden seien.

[5] Hearing on New Transatlantic Agenda, Washington 23. Juli 1997, zitiert nach CEO (1999).

[6] Vgl. Scherrer (1999).

[7] Vgl. Nollert (2000).

[8] Nach Ginsberg (1993:257) das inoffizielle EU-Motto während den "Übergangsjahren" der transatlantischen Beziehungen.

[9] Woolcock sieht in den Differenzen zwischen der EU und den USA bei den GATT-Verhandlungen ein Grund dafür, dass konkrete Themen in der Transatlanischen Erklärung fehlen: »It is salutary to recall that the attempts to introduce specific objectives, such as liberalization of agricultural trade or the competition of the Uruguay Round, were very nearly responsible for the failure of negotiations of the Transatlantic Declaration in the Summer of 1990« (Woolcock 1996:172).

[10] Nach Gardner waren die USA aktiver in der Zusammenarbeit als die Europäer: »Consultations under the Transatlantic Declaration achieved only modest results because they were, until the launch of the New Transatlantic Agenda, merely briefings given by US participants for their European counterparts for which the former obtained little in return« (1997:13).

[11] NAFTA (North Atlantic Free Trade Agreement) mit USA, Kanada, Mexiko; APEC (Asian-Pacific Economic Cooperation Forum) mit USA, Australien, Neuseeland, Japan, Kanada, Mexiko,Chile, Brunei, Indonesien, Philippinen, Malaysia, Singapur, Thailand, Südkorea, China, Taiwan, Papua Neu Guinea und FTAA (Free Trade of the Americas Agreement). Letztere kam nicht über das Projektstadium hinaus.

[12] GATS: Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen, TRIPS: Abkommen über handelsbezogene Aspekte des Schutzes geistigen Eigentums.

[13] Trotzdem war der Abschluss der Uruguay-Runde für die Stabilisierung des transatlantischen Verhältnisses von großer Bedeutung. Denn das GATT und die NATO bildeten als multilaterale Gremien das Grundgerüst für die EU-US Beziehungen, insbesondere weil diese selbst - auch mit der Transatlantischen Erklärung - nur äusserst schwach institutionalisiert waren (Ginsberg 1993:256).

[14] Die Handels- und Investitionsdaten sind zitiert nach Schomaker/Detken (1996:542-43).

[15] Für eine Stärkung der transatlantischen Beziehung haben sich im ersten Halbjahr 1995 u. a. der deutsche Aussenminister Klaus Kinkel, der britische Verteidigungsminister Malcom Rifkind, der belgische Premierminister Jean-Luc Dehaene, der französische Premierminister Alain Juppé, der Kommissionspräsident Jaques Santer, der Vizepräsident der Kommission Sir Leon Brittan, der Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich, der US-Aussenminister Warren Christopher und der ehemalige US-Aussenminister Henry Kissinger ausgesprochen.

[16] Siehe Wallace (1994).

[17] Nach Woolcock (1997:173) begann die TAFTA-Debatte mit einer Besetzung der symbolischen Ebene: »What was called for, therefor, was a "big idea", something symbolic, that would catch the imagination of politicans and public opinion«.

[18] Das Engagement von Brown war offenkundig mit der Annahme verknüpft, dass eine solche Agenda die US-amerikanische Verhandlungsposition stärken würde (Green-Cowles 1996:1*).

[19] Transatlantic Business Dialogue. Seville: 10-11 November (http://europa.eu.int/en/agenda/eu-us/pub/tabd/index.html).

[20] Benannt nach den Absendern Brown, Brittan und Bangemann.

[21] Bei Woolcock (1996:175) findet sich der einzige Hinweis auf eine Konferenz unter dem Namen "Transatlantic Business Forum". Nur noch Langer (1998) von Siemens verweist auf zwei grössere Aktionen des US-Handelsministeriums und der Europäischen Kommission im Frühjahr - der "three B"-Briefversand - und im Sommer 1995.

[22] Dazu wollten sich die US-Konzerne nicht von der Regierung für ein grösseres transatlantisches Projekt, das militärische und sicherheitspolitische Aspekte umfasst, einspannen lassen. Zumal die meisten vorgeschlagenen Themen des "Three B"-Briefes, wie Standards, Zollschranken und Investitionen, bereits in der OECD und WTO verhandelt wurden. Kurz: »The value-added of any additional transatlantic initiative was not clear to American business« (Green-Cowles 1996:1*).

[23] Green-Cowles (1996:1*) glaubt, dass Allaire wegen seiner persönlichen Freundschaft mit Bill Clinton und seinen engen Beziehungen zum US-Handelsministerium für den TABD gewonnen werden konnte.

[24] Interessant ist die "transatlantische Biographie" der berufenen TABD-Vorsitzenden: Sowohl Allaire, als auch Trotman hatten in ihrer Karriere als CEO der europäischen Zweigstellen ihrer US-Konzerne gearbeitet. Sutherland, der Chef der europäischen Zweigstelle von Goldman Sachs International, war bereits in früheren Jahren EU-Kommissar und Direktor-General des GATT gewesen. Er ist zudem Mitglied beim ERT. Auch Strube war als ehemaliger Chef der BASF-Aussenstelle mit den Verhältnissen in den USA vertraut (Jackson 1996). Warum es der Kommission gelang, gerade Strube und Sutherland zu verpflichten, bleibt unklar.

[25] Auch in den USA stiess das TABD-Konzept als "CEO-to-CEO dialogue" auf die Kritik der nationalen Wirtschaftsorgansiationen, z. B. bei der National Association of Manufactures (NAM), der U.S. Chambre of Commerce, und Vertretern des private sector advisory committee system (IPAC, ISACs). Jedoch konnten diese Widerstände rascher als in der EU überwunden werden (Green-Cowles 1996:1*).

[26] Zitiert ohne weitere Angaben nach Green-Cowles (1996:1*).

[27] Diese Einschätzung bezieht sich auf die Position der Europäischen Kommission als Akteur innerhalb transatlantischen Beziehungen. Die Frage, wie hingegen die Rolle der Kommission gegenüber der EU-Mitgliedsländer zu beurteilen ist, bleibt unbeantwortet.

[28] Olaf Henkel, Präsident vom Bund Deutscher Industrie (BDI), war beispielsweise als Vorstandsmitglied des Flughafen Tempelhof, Berlin eingeladen (Green-Cowles 1996:2*).

[29] Zu weiteren Unstimmigkeiten unter den TeilnehmerInnen kam es durch die unterschiedliche Konzernkultur und -struktur in Europa und der USA. So waren Mitglieder der US-Delegation enttäuscht, dass manche Unternehmen nicht ihren Geschäftsführenden Direktor (CEO), sondern "nur" den Verwaltungsratspräsident (Chairman) schickten (Green-Cowles 1996:2*).

[30] Transatlantic Business Dialogue - Overall Conclusions from the 11. November 1995 Seville Conference. Nachgedruck in Gradner (1997:147-164).

[31] Nach Green-Cowles (1996:2*) war der Erfolg der ersten TABD-Konferenz entscheidend für die weitere Planung. Es habe für die Zeit nach der Konferenz noch keine definitiven Pläne für die Fortführung des TABD-Prozesses gegeben.

[32] In der USA zeigte sich der Bedeutungsgewinn des TABD nach der Sevilla Konferenz darin, dass in der Folge das state department und das Büro der U.S. Trade Repesentative sich nun offiziell um den TABD kümmerten (Jackson 1996).

[33] Im Gegensatz zum ERT, der im Institutionsgefüge der EU nicht vorgesehen war und nur einen informellen Status geniesst, erhielt der TABD mit der Neuen Transatlantischen Agenda den Status eines "integral part" der EU-US-Beziehungen (Action-Plan 1995:IV:1, zitiert nach Gardner 1997:144).

[34] Die fünfzehn Arbeitsgruppen waren folgende: Transatlantic Committee on Standards Certification and Regulatory Policy (TACS), WTO Implementation and Expansion Issues, Trade Liberalization, Information Technology Agreement, Government Procurement, Intellectual Property, Tax Issues, Export Controls, Customs Issues, Transportation, International Business Practices, Small and Medium Sized Enterprises, Investment and R&D, Product Liability und Competition Policy.

[35] Green-Cowles (1996:2*) vermutet, dass mit der neuen Struktur auch Druck auf das DG I ausgeübt werden sollte. Der ausdifferenzierte, sektoral gegliederte Aufbau der Arbeitsgruppen sollte die Kommission von ihrem Paketansatz abbringen (siehe B 2.3.).

[36] zitiert nach Jackson (1996).

[37] »Any company can work in the TABD« (Langer 1998) - mit diesem Spruch werden nun insbesondere kleine und mittlere Betriebe zur Mitarbeit beim TABD aufgefordert.

[38] Trotzdem ist die Struktur des TABD immer noch klar auf die Wirtschaftsleader - und nicht auf die z.T. national und sektoral organisierten Wirtschaftsverbände - zugeschnitten: »It is up to the companies working with the TABD to decide how intensively they involve their respective industry associations or chambers of commerce in TABD activities« (Lange 1998).

[39] Diese Unternehmen sind großenteils auch für die Finanzierung des TABD verantwortlich. Proportional zur Beteiligung an den TABD-Aktivitäten werden die übrigen Unternehmen zur Kasse gebeten (Lange 1998).

[40] Nach einer Studie des US-Handelsministerium können rund die Hälfte der TABD-Empfehlungen in der USA per einfachem Dekret implementiert werden, ohne das Gesetzesveränderungen und damit die Mehrheit im republikanisch-dominierten Kongress nötig wären (Lange 1998). Gleiches ist auch für die EU zu vermuten.

[41] Green-Cowles (1996) stellt das TABD-Projekt nicht in einen direkten Zusammenhang mit der Entwicklung der Neuen Transatlantischen Agenda. Im Gegenteil legt sie mit ihrer Darstellung eher die Vermutung nahe, dass die Europäische Kommission erst zu einem späteren Zeitpunkt den TABD in ihre transatlantische Strategie einbezog.

[42] Mit dem ITA gelang es sogar ein neues Vorgehen in der WTO zu etablieren: Beim ITA mussten nicht mehr alle Mitgliedsländer den Vertag unterzeichnen. Ziel der WTO war es nur, die bedeutensten Handelsnationen daran zu beteiligen. Das Meistbegünstigungsprinzip der WTO gilt aber trotzdem. So müssen die ITA-Länder ihren Markt auch für die Staaten öffnen, die nicht unterschrieben haben (Lange 1998).

[43] TABD Implementation Table 1998. Working Document by the Commission Services, Update 22. September 1998, zitiert. nach CEO (1999).

[44] »Concerning work to be done on the European side, not all of the priority recommendations can be handled by the Commission alone. Many of those are in the exclusive EU competence maybe subject to procedures involving the Council of Ministers or the European Parliament, for example issues requiring legislative action [...] The Commission will continue to make the best efforts to ensure maximum of progress and results in all relevant institutional procedures, such as the co-decision procedures on legislative proposals, the Art. 113 Committee and other specialized Council groups« (TABD Implementation Table 1998, zitiert nach CEO 1999). Das Artikel 113 Komitee, nach Änderungen des Vertrages jetzt Artikel 133 Komitee, besteht aus hochrangigen Handelsbeauftragten der Mitgliedsländern und der Kommission und trifft sich wöchentlich (ebd.).

[45] Persönliches Gespräch mit CEO, Brüssel 26. Januar 1999 (CEO 1999).

[46] Interessanterweise fehlt im Jahresprogramm der Europäischen Kommission für 1995 im Abschnitt über die Beziehungen zu den Industriestaaten jeglicher Hinweis auf einen Abschluss eines neuen, transatlantischen Abkommens: »Die Beziehungen zu diesen Staaten sind bereits sehr eng. Deshalb ist die Zahl der Legislativvorschläge in diesem Bereich sehr gering [...] Auf bilateraler Ebene sind die transatlantischen Beziehungen weiterhin von zentraler Bedeutung. Sowohl auf amerikanischer als auch auf europäischer Seite wird daran gedacht sie zu verstärken« (KOM [95] 26, Kap. 5.7., in: Bull. EU, Beilage 1, 1995).

[47] Zahlreiche (ehemalige) ERT-Mitglieder, wie ABB, Bayer, Bertelsmann, Ericsson, ICI, Olivetti, Pirelli, Siemens, Philips, Solvay und Unilever waren ebenfalls am TABD aktiv beteiligt (CEO 1999).


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