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Proteste in Oaxaca dauern an

(Mexiko-Stadt, 31. Oktober 2006).- Laut Mexikos Präsident Vicente Fox Aussage vor Mitgliedern der Börse sind nach dem Einmarsch der Bundespolizei in der Hauptstadt des südlichen Bundesstaates Oaxaca "der soziale Friede und die Ruhe wieder hergestellt". Die Realität sieht drei Tage nach dem massiven Einsatz der Sicherheitskräfte anders aus. In Oaxaca-Stadt, dem Zentrum des von der Volksversammlung der Bevölkerung Oaxacas (APPO) angeführten Widerstands gegen Gouverneur Ulises Ruiz und die Intervention der Bundesregierung, kontrolliert die Polizei nur den unmittelbaren Stadtkern. In den umliegenden Straßen und weiten Teilen der gesamten Stadt zeugen brennende Barrikaden und die ständigen Proteste mehrerer tausend Menschen von einer nach wie vor explosiven Situation. Anstelle ihres Hauptcamps auf dem nun von der Bundespolizei abgesperrten Zocalo haben APPO und Lehrergewerkschaft sich wenige Blocks entfernt auf dem Vorplatz der Kirche von Santo Domingo versammelt. Von der angekündigten Rückkehr der seit fünf Monaten streikenden Lehrer konnte zu Wochenbeginn keine Rede sein. Vielmehr hielten nahezu alle Geschäfte und Institutionen in Oaxaca-Stadt ihre Türen geschlossen.

Mit Radio Universidad verfügte die APPO zumindest noch am gestrigen Dienstag über ihr wichtigstes Kommunikationsmittel. Der Sender informiert die Bevölkerung über die aktuellen Entwicklungen und spielt eine wichtige Rolle bei der Koordination der Straßenproteste. Das auf dem Gelände der staatlichen Autonomen Universität Benito Juárez liegende Radio wird von den APPO-Sympathisanten weiträumig abgesichert. Der Unirektor wandte sich eindeutig gegen eine Polizeipräsenz auf dem Campus. Landesweit gibt es zahlreiche Solidaritätsaktionen mit der APPO, allerdings bisher keine Massenunterstützung. In Mexiko-Stadt fanden in den vergangenen Tagen mehrere Demonstrationen, Straßenblockaden sowie weitere Aktivitäten statt. Nach "APPO"-Gründungen in mehreren anderen Bundesstaaten, wird eine landesweite Organisation angestrebt.

Massives Blutvergießen ist in Oaxaca bisher ausgeblieben. Während Innenminister Carlos Abascal von einem Todesopfer unter den Protestierenden spricht, geht die APPO von bis zu vier Getöteten seit Sonntag aus. Die weitgehend militarisierte Bundespolizei setzt bei ihrem Vorgehen Wasserwerfer und Reizgas ein, bisher aber keine Schußwaffen. Die APPO-Führung ruft ihrerseits dazu auf, die frontale Konfrontation mit den Sicherheitskräften zu vermeiden, um keinen Vorwand für stärkere Repression zu liefern. Es gibt jedoch auch Berichte, dass Provokateure der lokalen PRI-Regierung von Gouverneur Ulises Ruiz versuchen, die Auseinandersetzungen anzuheizen.

Flavio Sosa, Mitglied der provisorischen APPO-Führung, spricht von bisher über 60 Verhafteten. Er beschuldigte am Montag die Bundesregierung, diese würden teilweise in einer Militärkaserne vor Oaxaca-Stadt gefoltert. Offenbar gibt es auch gezielte Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern der APPO und der Lehrergewerkschaft. Auf der anderen Seite wurden am Montag drei im August von den Behörden Oaxacas illegal und brutal verhaftete Mitglieder der Protestbewegung frei in Mexiko-Stadt präsentiert. Ein weiterer Verhafteter soll im November frei kommen. Alle vier wurden von den Protestbewegung als politische Gefangene des verhaßten Gouverneurs Ulises Ruiz angesehen.

Für Ulises Ruiz wird die Luft dünner. Im Abgeordnetenhaus forderten konservative Regierungspartei und die linksmoderate Opposition den Gouverneur erstmals gemeinsam zum Rücktritt auf, während die PRI die Verteidigung ihres Parteifreundes unterließ. Der mexikanische Senat äußerte sich sogar einstimmig in diesem Sinne, allerdings in sehr verwässerte Formulierungen eingepackt. Da eine direkte Absetzung des Gouverneurs aber nach wie vor nicht auf der Tagesordnung steht, wirkt der Polizeieinsatz in Oaxaca bisher als Stütze für ihn. In dem Maße, in dem die Einsatzkräfte der Zentralregierung mit den lokalen Behörden kooperieren, aber die APPO verfolgen, erscheint eine friedliche Regelung unmöglich.


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