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Aufbegehren gegen US-Politik
Zehntausende verurteilten am Wochenende in Washington Gewaltkurs der Bush-Administration

Carsten Schiefer

Die Optimisten hatten 40.000 bis 50.000 Demonstranten für den »Marsch auf Washington« am Sonnabend erwartet. Gekommen sind schließlich knapp 100.000, die zu einem Ende der US-Gewaltpolitik aufriefen. Schon im September hatte ein breites Bündnis zu einer Großdemo nach Washington gegen die rechte Bush-Politik aufgerufen. Nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center wurde sie aber abgesagt. Die Notwendigkeit blieb jedoch nicht nur bestehen, nach dem 11. September nahm sie massiv zu. Die Bush-Administration begann ihren Krieg gegen Afghanistan und droht nach wie vor mit einer Ausweitung auf den Irak und andere Staaten. Sozialen Projekten aller Art werden auf breitester Front die ohnehin schon sehr knapp bemessenen Fördermittel gestrichen und dafür der Militärhaushalt so aufgebläht, dass die USA jetzt mehr für ihre Armee ausgeben als alle anderen Staaten der Welt zusammen.

Angesichts dieser nochmaligen Steigerung der unter Bush projektierten Rechtswende erholte sich US-amerikanische Linke schnell von der Lähmung, die sie unter dem Schreck der Attentate des vergangenen Jahres und des darauf folgenden patriotischen Gebrülls befallen hatte. Nach den ersten Aktionen an Universitäten noch im September formierte sich ein US-weites Bündnis aus Jugend- und Studierendenorganisationen, die National Youth and Student Peace Coalition, die von etwa 20 Verbänden getragen wird. Das Bündnis ergriff die Initiative und rief zur Großdemonstration am Sonnabend auf.

Zu den Kernforderungen des Marsches gehörten die Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Pentagon und Universitäten sowie der gezielten Rekrutierung für die Armee unter nichtweißen Jugendlichen und solchen aus der Arbeiterklasse, eine US-Außenpolitik, die sich nicht auf militärische und wirtschaftliche Macht stützt, Erhöhung der nichtmilitärischen Bildungsausgaben und die Freilassung der heimlich gefangengehaltenen Araber. Auf der Demonstration selbst stand bei vielen Teilnehmenden aus aktuellem Anlass die israelische Besatzungspolitik im Vordergrund, die einhellig den USA als langjährigem Protegé und Waffenlieferanten mit zugerechnet wurde. De facto handelte es sich damit um die größte Solidaritätskundgebung für Palästina in der Geschichte der USA.aus: junge welt, v. 22.04.2002

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US-Rüstungsindustrie - Das Geschäft mit dem Krieg boomt

Die Zeiten sind rosig für die Rüstungsindustrie in den USA. Präsident George W. Bush stockt den Verteidigungsetat kräftig auf.

Seit Beginn des Krieges gegen den Terrorismus erlebt die Branche einen Boom wie seit zwanzig Jahren nicht mehr, seit den Zeiten von Ronald Reagan. Und sollten die Pläne für eine Militäroffensive gegen Irak wahr werden, kann die Branche auf weitere Wachstumsimpulse hoffen.

Aktienkurse kräftig gestiegen

US-Rüstungsaktien sind nach Einschätzung von Experten in jedem Fall noch auf längere Sicht eine sichere Anlage. Allein bei den vier Branchenriesen Lockheed Martin, Northrop Grumman, Raytheon und General Dynamics stiegen die Aktienwerte seit den Anschlägen vom 11. September zusammengerechnet um durchschnittlich 44 Prozent.

Nicht nur, dass der Krieg kurzfristig die Produktion ankurbelt, indem Nachschub an Bomben, Ersatzteilen und sonstigen Rüstungsgütern geliefert werden muss. Vor allem ist es die Hoffnung auf eine längerfristige Serie lukrativer Aufträge, die die Aktienkurse so habe in die Höhe schießen lassen, sagt Paul Nisbet von JSA Research, einem Forschungsinstitut der Luftfahrtindustrie.

Afghanistan-Krieg leerte Arsenale

Der Afghanistan-Krieg hat die Waffenarsenale an mancher Stelle weitgehend geleert, sodass jetzt erst einmal nachgefüllt werden muss. So weitete Boeing in St. Charles/Missouri den Schichtdienst aus, um die Produktion von JDAM-Präzisionssystemen für die « smart bombs » anzukurbeln.

Derzeit sind die Vorräte so erschöpft, dass nach Meinung mancher Experten ein Angriff auf Irak gar nicht möglich wäre. Die JDAM-Bomben, die per Satellitensteuerung ihr Ziel selbst suchen, haben in Afghanistan enorme Wirkung erzielt und gelten als entscheidend für einen raschen Sturz von Saddam Hussein. Die Produktion der Präzisionssysteme soll bis Jahresende auf monatlich 2000 Stück verdoppelt werden.

Experten heben hervor, dass der Boom der Rüstungsaktien teils durch « Psychologie » verursacht sei - die großen Erwartungen der Anleger an die Entwicklung der Branche.

Hoher Verteidigungsetat

Neben dem Krieg ist es vor allem der Verteidigungsetat der Bush- Regierung, der diese Hoffnungen schürt: Nächstes Jahr soll das Budget um fast 15 Prozent auf 379 Milliarden Dollar steigen, die stärkste Zunahme seit zwanzig Jahren.

John Williams vom Nationalen Verband der Verteidigungsindustrie dämpft jedoch die Erwartungen etwas: Ein Großteil des Zuwachses sei für Wartung und Modernisierung bereits vorhandener Ausrüstung gedacht; nur etwa 10 Milliarden Dollar flössen in den Erwerb neuer Waffen. Doch sei in Folgebudgets möglicherweise mehr Raum für den Kauf neuer Systeme.

Auch Nisbet geht davon aus, dass der Boom nicht kurzfristig ist. Der Krieg gegen den Terror könne noch zehn Jahre dauern. Deshalb sei zu erwarten, dass die Regierung in den nächsten Jahren viel mehr Schiffe und Flugzeuge sowie weitere Ausrüstung für die Spezialtruppen anschaffe. Daniel Jahn,afp

Neue Luzerner Zeitung, Wirtschaft, 22.4.2002 4:58
http://www.neue-lz.ch/news/artikel.jsp?ref=30194137

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