Der Krieg gegen Jugoslawien ist nicht zu Ende

von Michel Chossudowsky (28. Juni 2000)

Wirtschaftsprofessor an der Universität von Ottawa Autor von: "The Globalization of Poverty, Third World Network, Penang, Zed Books, London, 1997.


Obwohl es keine Beweise direkter amerikanischer Unterstützung in Montenegro gibt, existieren eindeutige Beweise indirekter US-Einmischung. Die kroatische Armee, die Montenegros (äusserst parteilicher Polizei, der) MUP hilft, erhält Militärhilfe über das US-Programm für 'Ausbildung und Ausrüstung'. Die 'Military Professional Resources Inc' (MPRI) (dt. etwa: Gesellschaft für professionelle militärische Mittel ), eine Art Söldnergruppe, die sich aus US-Miltärhilfe finanziert und mit dem Pentagon verbunden ist, war innerhalb des sogenannten 'Croatian Armed Forces Readiness and Training System' (CARTS) (etwa: System für Bereitschaft und Ausbildung der Kroatischen Armee) für die Ausbildung der Offiziere verantwortlich.

Montenegro wird destabilisiert.

Die militärische Invasion und die Besetzung des Kosovo ist nur ein Schritt innerhalb der umfassender angelegten Bemühungen, Jugoslawien wirtschaftlich und politisch zu destabilisieren. Die Mittel, die dazu in Montenegro verwendet werden, sind die selben, wie in Bosnien und im Kosovo.

  1. Erzeugung von gesellschaftlichen und ethnischen Spannungen im Innern.
  2. Finanzierung politischer pro-Nato-Parteien und des Teils des Militärs, der Polizei und paramilitärischer Gruppen, die pro-Nato sind.
  3. Anwendung der Instrumente des Wirtschaftskriegs, einschliesslich der Destablisierung der jugoslawischen Währung und ihrer Verwendung in Montenegro.
  4. Zusätzliche geheimdienstlichen Operationen, um den Boden für einen militärischen Einmarsch vorzubereiten.

Nachdem de fakto die Abtrennung des Kosovo von Jugoslawien erreicht ist, bemüht sich die NATO weiter um die Abspaltung Montenegros, dem einzigen Zugang Jugoslawiens zum adriatischen Meer.

»Serbien wurde in einer `gemeinsamen Operation mit dem Code Namen `Roots` in Jugoslawien ... in so kleine Stücke zerschlagen, dass es mit der Abtrennung Montenegros seinen Zugang zum Meer verliert. Mit dem Kosovo ging auch ein wichtiges Nachschublager für Rohstoffe verloren. Ein ähnliches Schicksal wurde im Norden für die Vojvodina vorbereitet, eine Gegend, die als Serbiens Brotkorb gilt.

Weiterhin sollte für den Fall, dass es sich als notwendig erweisen würde, (Serbien) zu besetzen, die Fähigkeit der jugoslawischen (serbischen) Armee, die Grenzen Jugoslawiens oder gar seine eigenen zu verteidigen, 'eingeschränkt' oder womöglich 'ausgeschaltet' werden ... Eine in schwache Kleinstaaten zersplitterte und aus ehemaligen Republiken und autonomen Gebieten bestehende Republik Jugoslawien, wäre reif für wirtschaftliche Einflussnahme von aussen und das 'Einrammen' eines freien Marktes.« (Prof. R.K. Kent, in einem offenen Brief an das Kommitee für auswärtige Beziehungen für Europa des US Senats am 24 Juli 1999.)

Waschington stützt die Marionettenregierung von Präsident Milo Djukanowic sowohl politisch wie auch finanziell seit 1997. Auf dem Höhepunkt der Bombardierungen reiste Djukanovic zu einem Treffen mit Staatssekretärin Madeleine Albright.

Als Bedingung für die Einführung `marktwirtschaftlicher' Reformen schloss die US-Hilfe auch die Unterstützung der 14.000 Mann starken, loyal zu Djukanowic stehenden Polizeitruppe ein. Ganz zu Schweigen von der Finanzierung der montenegrinischen zivilen Miliz. (Siehe: Pressekonferenz des US-State Departements am 9. Juni 1999 in Washington, sowie die Verlautbarungen von Sekretärin Madeleine Albright und Präsident Djukanovic, Pressekonferenz des State Departement, April 1999). Zu den MUP Polizei-Truppen gehören auch 1.600 Mann starke Spezialeinheiten.

In den Worten von Staatssekretärin Madeleine Albright:

»Wir haben mit Geld den Privatisierunsprozess und die Rechtsreformen unterstützt. Und wir helfen bei der Handelsbilanz. Ausserdem haben wir ihnen Landerechte gegeben. Und dann haben wir sie grundsätzlich von dem augenblicklichen Embargo gegen Serbien ausgenommen. Ich denke, dass wir damit ein Zeichen gesetzt haben, dass alle, die demokratischen Prinzipien und den Menschenrechten folgen wollen, mit der Achtung und Hilfe der Vereinigten Staaten und der internationalen Gemeinschaft rechnen können.« (Pressekonferenz, Köln 9. Juni 1999)

Die Einführung der D-Mark

Die Voraussetzungen für Montenegros 'wirtschaftliche Trennung' von Jugoslawien wurde mithilfe westlicher Ökonomen und Berater bereits geschaffen. Im Gefolge der NATO-Bombardierungskampagne gegen Jugoslawien wurde (November 1999) die D - Mark als 'offizielle' Währung eingeführt. Das führte faktisch zu Montenegros Austritt aus dem jugoslawischen Währungssystem bei gleichzeitiger Paralysierung der Geldzahlungen der Union an die Regierung von Podgorica. Es wurde nach dem Vorbild Bosnien-Herzegowinas und dem Dayton Abkommen ein Währungs-Gremium eingerichtet.

Inzwischen hat Montenegro's Zentralbank ihre Verbindungen zur jugoslawischen Zentralbank in Belgrad mit Blick auf eine eventuelle, an die D-Mark gebunden eigene Währung, erschwert.

Die neue Währung wurde im Rahmen des Abkommens über das Währungs-Gremium mit Unterstützung und mit Finanzmitteln des IMF eingerichtet. Nach diesem Schema (das einem kolonialen Banksystem gleichkommt), benötigt die montenegrinische Währung eine vollständige Deckung durch ausländische Zahlungsmittel und die Verfügbarkeit weitreichender ausländischer Geldreserven. Das bedeutet in Wirklichkeit die Kontrolle der Geldpolitik durch westliche Kreditgeber. [... the Montenegrin currency would require full foreign exchange backing and the availability of extensive foreign exchange reserves virtually signifying the control of monetary policy by Western creditors] In der Folge wurde ein eigenes Zoll-und Steuersystem eingerichtet. Ebenso hat Montenegro die Basis dafür geschaffen, eigene Pässe ausgeben zu können. (William Drozdiak, Yugoslav Republics Negotiate Future Ties, Washington Post, October 27, 1999, p. A24).

Die wirtschaftliche Trennung Montenegros von Restjugoslawien ist eine vollendete Tatsache. Mit einer Ausnahme: Serbien behält noch formal den Zugang zur Adria. Washingtons Ziel diesbezüglich ist eine wirksame Blockade des montenigrinischen Hafens von Bar, über den Öl nach Jugoslawien importiert wird. In den Worten von General Wesley Clark in einer Anhörung des Senats:

»Vom Beginn des Unternehmens an, drängten wir darauf, das Ganze zu isolieren, die Adria und den Hafen von Bar abzuriegeln, die Brennstoffzufuhr zu unterbrechen, die Donau abzuriegeln und sicherzustellen, dass kein Handel mehr hineinkommt, keine Kultur oder irgendwas sonst an Kommunikation.« (Hearing Of the Senate Committee on Armed Services, October 21, 1999) Inzwischen hat das Pentagon offensichtlich spezielle »Operations Pläne (OPLANs)« entworfen, die Bestandteil »einer Invasion und gewaltsamen Vertreibung der serbischen Truppen in Montenegro« sind. (Truth in Media, Phoenix, 29 September 1999). Die selbe Quelle weist darauf hin, »dass die Einheit, die als Speerspitze für die Invasion gedacht ist, das II Marine Expeditionary Force ( II. MEF ), das in Lejeune, North Carolina stationiert ist, in Mazedonien ein Operations-Planungsteam (OPT) eingerichtet hat. Es soll berechnen, wie man für den Fall, dass sich die montenegrinischen Regierung für ihre Unabhängigkeit von der ehemaligen sozialistischen Republik Jugoslawien (FRY) entscheidet, am besten sichere Brückenköpfe zu ihrer militärischen Untertstützung einrichtet.« (s. ebenda.)

Darüberhinaus sind »schwimmende Platformen« der US Navy vor der adriatischen Küste positioniert; das Marine Landungskorps steht gleichfalls in Bereitschaft.Die jugoslawische Nachrichtenagentur Tanjug bestätigte im Juni 2000, dass Montenegro»mobilisiert und Polizei-Reserven bewaffnet.« Mit Unterstützung aus Washington steht die montenegrinische Polizei (MUP) fest unter Kontrolle des Innenministers, Vukasin Maras und Polizeichef Vuk Boskovic. (Zoran Kusovac, 'The Balkans braces for another showdown', Jane Intelligence Review, Vol 12, no. 4, April 1, 2000 ). Nach jugoslawischen Quellen erteilen kroatische Armeeoffiziere, »in Vorbereitung auf Zwischenfälle und Konflikte mit jugoslawischen Soldaten, die in Montenegro stationiert sind, eine spezielle Kampfausbildung.« (UPI, 10. Juni 2000).

»Die 600 Mann starken Polizeieinheiten in Herzeg Novi und Kotor und weitere ca 500 Polizisten in Tivat rekrutieren sich aus Angehörigen der kroatischen Gemeinschaft in Montenegro, die sich für ein unabhängiges Montenegro ausgesprochen haben.Eine Einheit, die in der Küstenstadt Ulcinij, dicht an der Grenze zu Albanien gelegen ist, wurde gemäss Tanjug hauptsächlich aus Albanern gebildet. Montenegrinische Sicherheitskräfte werden dauernd mit der Vorstellung indoktriniert, die jugoslawische Armee sei feindselig und darum in Montenegro nicht willkommen. Ebenso wird Hass auf die jugoslawische Föderation geschürt« (ebenda.)

US-Militärhilfe

Obwohl es keine Beweise direkter amerikanischer Unterstützung in Montenegro gibt,existieren eindeutige Beweise indirekter US-Einmischung. Die kroatische Armee, die Montenegros MUP (s.o.) hilft , erhält Militärhilfe über das Programm für 'Ausbildung und Ausrüstung' der US-Regierung. Die 'Military Professional Resources Inc (MPRI) (s.o.), eine Art Söldnergruppe, die sich aus US-Miltärhilfe finanziert und die mit dem Pentagon verbunden ist, war innerhalb des sogenannten 'Croatian Armed Forces Readiness and Training System (CARTS)' (s.o.) für die Ausbildung der Offiziere verantwortlich. MPRI ist ebenfalls in die Ausbildung der Kosovo Schutztruppe eingebunden, (die hauptsächlich von der UCK geführt wird und aus ihren Leuten besteht), sowie den vereinigten Truppen der kroatisch-muslimischen Förderation Bosnien-Herzegowinas. Das MPRI steht beim US-Justizministeriums im Rahmen des 'internationalen Hilfs- und Ausbildungsprogramm für die Untersuchung von Verbrechen' (International Criminal Investigative Training Assistance Program , ICITAP oder "Icky-Tap") unter Vertrag, das 'befreundeten, ausländischen Organisationen, die in Gebieten hoher Priorität Recht durchzusetzen haben`, ( friendly foreign law enforcement organizations in high profile environments. ) Ausbildung und logistische Hilfe gewährt. (Wayne Madden, 'The U.S. connection to the KLA', The Progressive, August 1, 1999)

Die NATO hat zu verstehen gegeben, dass sie nicht tatenlos zusehen werde, wenn es zwischen der montenegrinischen Polizei (MUP) und dem in Montenegro stationierten jugoslawischen Heer (VJ), zu Auseinandersetzungen käme.

Die Destabilisierung der Vojvodina

Die Voijvodina ist Jugoslawiens 'Brotkorb' und Rohstoffquelle.NATOs letztendliches Ziel ist der völlige Zusammenbruch Jugoslawiens als einer lebensfähigen nationalen Wirtschaftseinheit.

Die Voijvodina hat innerhalb Serbiens den selben Stellenwert wie der Kosovo.Sie ist eine autonome Provinz mit Novi Sad als ihrer Hauptstadt. Während des Krieges hatte Novi Sad 'strategische' Bedeutung. Die NATO-Bombardierung der Donau- Brücken im Gebiet von Novi Sad sollte die Vojvodina vom Rest Serbiens isolieren.

»Müsste die NATO eine gross angelegte Invasion starten, wären die Ebenen der Voijvodina ein günstiges Einfallstor« . ('Novi Sad wundert sich über die dauernden Angriffe der NATO; neuestes Opfer ist das Regierungsgebäude, ' Washington Post, 19 April 1999).

Der Allianz hat nicht nur entschlossen die ethnischen Konflikte in der Voijvodina geschürt, sie hat auch die Gemeinde von Novi Sad, die von Parteien der Opposition geführt wurde, finanziell unterstützt. NATOs heimliche Absicht war es, die Voijvodina zu destabilisieren, um einen 'besonderen Status' für die Voijvodina zu erreichen.

Inzwischen hat die Budapester Regierung ( inzwischen selbst Nato-Mitglied ) die Rückgabe der nördlichen Gebiete, die Österreich-Ungarn nach dem Weltkrieg als Resultat des Versailler-Vertrags abtreten musste, beantragt. Kaum einen Monat nach der Bombardierung traf sich Ungarns Premierminister Viktor Orban mit US-Verteidigungs-minister William Cohen hinter verschlossenen Türen. Auf der Tagesordnung standen: Autonomie für Menschen ungarischer Abstammung im Norden der Vojvodina. Premier Orban bestand darauf dass:

»die NATO der ungarischen Minderheit eine Autonomie 'garantiert'. Auf die Frage, ob mit Gewalt, antwortete er: 'Womit sonst?'» ( Ben Barber, 'Ungarn übt erneut Druck auf Serbien aus. Autonomie für die nördlichen Gebiete gesucht', The Washington Times, 15 July 1999).


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Übersetzung: Hartmut Gehrke-Tschudi
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