Widerliche deutsche Antisemiten

Horst Mahler und seine „Reichsbürger“ leugnen den Holocaust und knüpfen nahtlos an den eliminatorischen Antisemitismus der NS-Zeit an

Innerhalb der neonazistischen Szene in Deutschland haben sich die äußerst merkwürdigen „Reichsbürger“ unter der Führung Horst Mahlers als so genannte Reichsbewegung formiert. Der politische Weg Mahlers, von der Mitgliedschaft im SDS, als APO-Anwalt und RAF-Kämpfer der 70er hin zur heutigen extremen Rechten dürfte hinlänglich bekannt sein. Horst Mahler hat sein ganzes Tun und Handeln der Wahnvorstellung von der „jüdischen Weltverschwörung“ untergeordnet. Seine so genannte Beweisführung zur „Endlösung der Judenfrage“ (O-Ton Mahler) verbreitet er in pseudowissenschaftlichen Texten hauptsächlich im Internet. Für die Gemeinde der deutschen Holocaustleugner und Revisionisten ist er zum Vordenker geworden und die von ihm entwickelten Strategien werden von seinen AnhängerInnen umgesetzt.

Mahlers große Erleuchtung dieser Tage besteht darin, dass „Die wegen Leugnung des Holocausts Verfolgten“ jetzt „zu Verfolgern“ werden, indem Sie „die Große Lüge“ jagen, „deren Tage gezählt sind“. Mahler will die Justiz mit einer Fülle von so genannten Holocaustverfahren überschwemmen und plädiert daher in seinen Kreisen für „eine organisierte Selbstanzeigenkampagne“. Hierin sieht er einen „zielorientiert geführten Freiheitskampf“ und solch eine Kampagne würde „im Rahmen des Feldzuges gegen die Offenkundigkeit des Holocausts den Zusammenbruch der Fremdherrschaft über unser Volk wesentlich beschleunigen“.

Das Jagen der „großen Lüge“ besteht denn auch darin, dass Mahler selbst, aber auch seine „Reichsbürger-Gefolgschaft“ Briefe, Faxe und E-Mails verschicken, in denen sie den Adressaten vorwerfen sich „als Kollaborateure der Feindmächte eines schweren Kriegsverbrechens gegen das Deutsche Volk schuldig gemacht” zu haben und sie sich „demnächst vor Gerichten des Deutschen Reiches wegen dieser Verbrechen verantworten” müssten. Und unverhohlen drohen sie dann auch damit, dass „Nach dem fortgeltenden Reichsrecht“ darauf „die Todesstrafe steht“. Politiker, Juristen und im pädagogischen Bereich Schule und Kita tätige Menschen, werden auf diese Weise von  Mahler und seinen „Reichsbewegungs-Aktivisten“ bedroht und belästigt.

Zu dem was sich in dieser „Reichsbürger“-Szene abspielt haben die normalen durchschnittlichen Menschen keinen Zugang. Jedoch im gesamten rechten Spektrum findet ihre Propaganda immer wieder Gehör und sie nur als „durchgeknallt“ abzutun wäre sträflich. Ihre Aktivitäten müssen beobachtet werden und dort wo sie auftauchen, müssen sie und ihr widerlicher Antisemitismus kompromisslos bekämpft werden.

Im weiteren Text werden Beispiele „reichsbürgerlicher“ Aktivitäten beschrieben um hier einen kleinen, vielleicht doch aufschlussreichen Einblick zu gewähren.

Die Bürgerinitiative „Spandau-Neustadt e.V.“ lud am 17. September 2004 zu einer „Neustadt-Vollversammlung“ in die Lutherkirche ein. Die Veranstaltung war thematisch ausgerichtet auf soziale Probleme in der Spandauer Neustadt und wollte vor dem Hintergrund eines erheblichen Anteils an MigrantInnen für einen toleranten und weltoffenen Stadtteil werben. Genau dieses Thema lockte denn auch ein paar Neonazis an. Im Vorfeld der Veranstaltung tauchten im Kiez um den Lutherplatz anonyme Flugblätter mit rassistischem und antisemitischem Inhalt auf, u. a. werden für soziale Probleme in Form von jeglicher Kriminalität und „Verschmutzung von Straßen und Kinderspielplätzen“ ausschließlich „Ausländer und andere Fremdlinge“ verantwortlich gemacht. Des weiteren werden hohe Mieten und Arbeitslosigkeit damit erklärt, das „in unserem Land die Juden und ihre Knechte regieren“, der Staat „unsere Steuern für Mahnmäler ausgibt“ und „unsere Häuser und Fabriken in Judenbesitz überträgt“.

Nach Einschätzung von AntifaschistInnen sind die Urheber des anonymen Flugblattes im Spektrum der „Reichsbürger“ zu suchen.

Parallel zu dem anonymen Flugblatt tauchte auch ein Aufkleber der „Kameradschaft Reinickendorf“ auf, der mit der Parole „Wir wollen ein anständiges, starkes, deutsches Deutschland“ das Flugblatt auf den „volksgemeinschaftlichen“ Punkt bringt.

Engagierte SpandauerInnen aus der Bürgerinitiative haben nach dem Auftauchen der neonazistischen Flugblätter bei der Polizei Anzeige erstattet, was dann auch eine polizeiliche Überwachung der Veranstaltung nach sich zog.

Und tatsächlich tauchte eine Gruppe von Neonazis, allerdings unbemerkt von der Polizei, in der Lutherkirche auf und wollte an der „Neustadt-Vollversammlung“ teilnehmen, wurde aber von anwesenden AntifaschistInnen sofort wieder hinausbegleitet und nach Hause geschickt.

Die Gruppe der Neonazis bestand aus 5-6 jungen „Kameraden“ (wahrscheinlich „Kameradschaft Reinickendorf“) im „Thor Steinar – Nazi-Outfit“ und wurde von einer Frau mittleren Alters angeführt. Diese Frau bewegt sich im Umfeld der „Reichsbürger“ und hat immer wieder an diversen neonazistischen Aufmärschen teilgenommen, so z. B. am so genannten  Heß-Gedenken 2004 im bayrischen Wunsiedel.

Was sich im Kopf dieser „Reichsbürgerin“ abspielt gab sie am 6. Dezember 2003 vor der laufenden Kamera eines ZDF-Teams im Rahmen eines neonazistischen Aufmarsches in Berlin-Rudow von sich. Auf die Frage der Reporterin, „ob sie sich als selbstbewusste deutsche Staatsbürger fühlen würden“ antwortete sie unter debilem Gelächter mehrerer Personen,

„Reichsbürger, Reichsbürger, wir sind Reichsbürger”. Nach dem Einwand einiger umstehender Nazis, man solle nicht mit der Presse reden, entstand folgender Dialog (O-Ton): „Es wird eh wieder neu zusammen geschnitten“ – „Wenn sie ganz kluge Sachen sagen, können wir nichts Dummes zusammen schneiden“ - „Die kluge Sache ist, dass dieses ZDF wahrscheinlich wieder einem Juden gehört, weil die Presse sowieso von den Juden kontrolliert wird.“- „Was haben Sie gegen Juden ?“- „Ich hätte nichts gegen sie, wenn sie mein Volk nicht kaputt machen würden und die ganze Welt tyrannisieren und ausbeuten würden, dann hätte ich nichts gegen sie.“

In diesem Zusammenhang fallen einem sofort die Schmierereien in Berlin-Mitte ein, die seit mehreren Jahren an Stromkästen, Hauswänden, Glascontainern und Parkbänken zu finden sind : „Radio und TV – Judenfunk“.

Aber auch die Anschläge auf die Jüdenstraße  in Spandau im November 2004 tragen die Handschrift der „Reichsbürger“. Mit Ölfarbe wurde der Namenszug „Jüden“ auf den Straßenschildern übermalt und die Außenfront der PDS-Geschäftsstelle mit der auch in der NS-Zeit häufig benutzten Parole „Die Juden sind unser Unglück“ beschmiert. Außerdem wurde ein Flugblatt hinterlassen für das Horst Mahler presserechtlich verantwortlich ist.

Zu Mahlers “Reichsbewegung” gehört auch Gerd Walther aus Haselhorst, einem Ortsteil von Spandau. Der Lebensinhalt des fanatischen Antisemiten besteht darin, die „jüdische Weltverschwörung“ zu bekämpfen. Gerd Walther ist „In Geschäftsführung ohne Auftrag für das Deutsche Reich“ unterwegs und verschickt mit diesem Briefkopf u. a. Briefe an LehrerInnen, in denen er ein Droh-Szenario gegen die betreffende Person aufbaut. So verfasste „Reichsbürger Walther“ am 30. April 2004 einen „Offenen Brief“ an einen Schulleiter in Bernau bei Berlin, in dem er einleitend schreibt „Die Bundesrepublik Deutschland ist am Ende. Die Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches wird wieder hergestellt. Denken Sie jetzt an Ihre persönliche Zukunft.“, um dann die Drohung auszusprechen „…Ihnen in dem, demnächst vor dem Reichsgericht gegen Sie stattfindenen Strafverfahren wegen Landesverrats die Einlassung zu widerlegen, dass Sie sich des Ihnen vorgeworfenen Verrats am Deutschen Volke nicht bewusst gewesen seien.“ Untermauern will Walther seine Mitteilung an den Schulleiter mit einer Rede von Prof. Dr. Carlo Schmid vor dem Parlamentarischen Rat am 8. September 1948 in der es wohl u. a. heißt dass „die Bundesrepublik Deutschland kein Staat, sondern nur die Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft sei“ Dieses Konstrukt ist bei den „Reichsbürgern“ Dreh- und Angelpunkt ihrer Sicht auf die Dinge. Und weiter halluziniert Walther in dem Brief  „Die Lüge ist Grundlage der talmudischen Weltherrschaft. Und Sie machen in Ihrer Eigenschaft als Schulleiter mit besonderem Eifer mit. Sie stehen an vorderster Front, wenn es gilt, unsere Jugend mit der Auschwitz-Lüge seelisch zu vergiften“, um dann den Schuleiter abschließend zu beratschlagen „Sie werden hiermit auf die Möglichkeit der tätigen Reue hingewiesen und aufgefordert, im Geiste von Tauroggen das Vasallenverhältnis zu den USA innerlich aufzukündigen und künftig mit allen Ihren Handlungen an der Schule das wohl des Deutschen Reiches und seines Volkes in den Mittelpunkt zu stellen. In erster Linie wird von Ihnen erwartet, beim Aufstand für die Wahrheit, der am 30. Juli 2003 auf der Wartburg begann, dabei zu sein”. Die Verteilung dieses Briefes vor Bernauer Schulen zog eine Anklage wegen Volksverhetzung gegen Walther und drei weitere “Reichsbürger” nach sich.