Verhaftungen und § 129a-Verfahren in Magdeburg

14. August
Initiative zum 129a Verfahren gegen Magdeburger
"Bad-Kleinen Nachbereitungstreffen" initiert Vorbereitung einer bundesweiten Demo

Am 26./27.Juli fand in Magdeburg das Nachbereitungstreffen der Kampagne "Glaubt den Lügen der Mörder nicht!" statt. Ziel der Kampagne war es, zehn Jahre nach dem Tod von Wolfgang Grams dessen politische Ziele und die Umstände seines Todes wieder ins Gedächtnis rufen.

Die beteiligten Gruppen haben auf dem Treffen eine weitere Initiative gegründet:
zur Vorbereitung einer bundesweiten Demonstration zeitnah zum Beginn der Hauptverhandlung des 129a-Verfahrens gegen Magdeburger Linke und darüber hinaus zu einer engeren Zusammenarbeit zu Themen wie Repression, Überwachunsstaat, innere Sicherheit ...
Mit dem nächsten Treffen der Initiative wird es dann einen Demoaufruf sowie einen Plakatvorschlag geben wird. Auf der Kampagnenseite zu Wolfgang Grams wird in Kürze ein Mailverteiler angeboten, über den Infos zu den Demovorbereitungen und der Demonstration gepostet werden sollen.

16.04.2003
Erneute Verhaftung in Magdeburg
Weiterer Magdeburger wegen StGB §129a ("terroristische Vereinigung") verhaftet.
Um eine §129a-Anklage aufrecht zu erhalten, werden mind. 3 Personen benötigt.

Im laufenden Verfahren nach §129a (StGB), Bildung einer "terroristischen Vereinigung", in Magdeburg kam es heute zu einer erneuten Festnahme. Der 23-jährige Carsten S. wurde heute gegen Mittag in Magdeburg verhaftet. Morgen soll er dem Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt werden.

Bereits am 27. November letzten Jahres wurden Marco H. und Daniel W. wegen des Vorwurfs festgenommen, eine terroristische Vereinigung namens "Kommando Freilassung aller politischen Gefangenen" gegründet und zwei Anschläge im März 2001 begangen zu haben. Dabei handelte es sich um einen nicht gezündeten Brandsatz unter einem Fahrzeug des BGS in Magdeburg sowie den Wurf eines Molotow-Cocktails gegen die Fassade eines LKA-Gebäudes. Insgesamt entstand ein "geringer Sachschaden" - so die Polizeiangaben. Im Laufe der Ermittlungen wurden die Vorwürfe gegen die Beschuldigten durch diverse unaufgeklärte Anschläge der letzten Jahre in der Region Magdeburg erweitert. Irgendeine Beweislage dafür scheint es nicht zu geben, außer der, dass diese Anschläge typisch für "Linke" seien und niemand sonst dafür in Frage käme.

Der § 129a dient in der Regel zum Ausspionieren fast ausschließlich linker Strukturen, denn dieses Gesetz ermöglicht Ermittlungsbehörden den so genannten "Großen Lauschangriff". Unter JuristInnen wird kaum jemand die Aussage wiederlegen können, dass der §129a ein "politischer Paragraph" ist.

Linke Strukturen sind staatlichen Stellen suspekt und schlecht zu kontrollieren. Der § 129a StGB wird daher gerne dazu genutzt, durch Observationen, insbesondere Abhören von Telefonen, Mitlesen von Emails und Briefen, Erstellen von Kontakt- und Bewegungsdiagrammen usw. Einblicke in diese Strukturen zu gewinnen mit dem Ziel, die radikale Linke zu schwächen. Insbesondere zu Anfang den neunziger Jahre wurde der 129a tatsächlich tausendfach gegen legale Gruppen angewandt (siehe "kleine Anfragen" im Bundestag). Obwohl den Behörden beim §129a alle juristischen und technischen Mittel und Wege offen stehen, kommt es nur in 3 von 100 Fällen zu einer Verurteilung. Dies wäre eine ungeheuer niedrige Aufklärungsquote! In Wirklichkeit dienen 97% der Verfahren allein der Observation eines politischen unliebsamen Wettbewerbers. Die bekannt gewordenen Beispiele sind die 129a-Verfahren in Passau und Göttingen gegen Antifa-Strukturen. Auch diese beiden Verfahren mussten als 129a-Verfahren eingestellt werden, der entstandene Schaden für die Linke war trotzdem irreparabel.

Die linke alternative Szene Magdeburgs wird seit ca. April 2002 massiv observiert, Telefone werden abgehört, Emails gelesen und nachweislich versteckte Kameras installiert. Die Bundesanwaltschaft benötigt zur Aufrechterhaltung ihres Konstrukts einer "terroristischen Vereinigung" bzw. zur Eröffnung eines Prozesses mindestens drei Personen. Bis jetzt sitzen nur Marco und Daniel in U-Haft. Um darüber hinaus die weitere Untersuchungshaft der beiden rechtfertigen zu können, musste vor dem nächsten Haftprüfungstermin und der Hauptverhandlung noch ein dritter Verdächtiger her, denn nach §129a gehören zu einer "terroristischen Vereinigung" mindestens drei Leute. Andernfalls bleibt der Bundesstaatsanwaltschaft nur der Versuch einer Anklage wegen Sachbeschädigung gegen Einzelpersonen. Die Beweislage scheint sehr dünn und alles läuft auf einen Indizienprozeß hinaus. Die Magdeburger Linke wird die Vermutung nicht los, das es - abgesehen von den Ermittlungen zu den Anschlägen - auch hier den Behörden vor allem um eine Schwächung, Ausspionierung und Einschüchterung der bestehenden linken Gruppen geht.

Wir verurteilen diese erneute Verhaftung. Es ist davon auszugehen, dass Carsten in U-Haft bleibt, obwohl eine Fluchtgefahr, aus welchem Grund auch immer, nicht besteht: Carsten hat sich noch am gestrigen Dienstag auf einer Pressekonferenz zusammen mit anderen "Beschuldigten" öffentlich den Fragen der Presse gestellt und er hätte dies jederzeit wieder getan.

Wir fordern die sofortige Freilassung von Marco, Daniel und Carsten sowie die Einstellung des Verfahrens. Die Gesinnungsparagraphen 129, 129a und 129b, die ihren Ursprung bereits in den Sozialistengesetzen des Kaiserreichs und in der KommunistInnenverfolgung der BRD der 50er hatten, müssen endlich abgeschafft werden.

JournalistInnen, die Kontakt mit weiteren Beschuldigten oder MitgliederInnen der Soligruppe aufnehmen möchten, können sich an uns jederzeit per Email wenden. Wir werden Ihnen schnellstmöglich antworten.

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Magdeburg/Karlsruhe: 129a-Verfahren in Sachsen-Anhalt

129a-Verfahren in Sachsen-Anhalt: Dritter Magdeburger auf dem Weg nach
Karlsruhe, um die 129a-Konstruktion zu erhalten.

Seit November 2002 sitzen Daniel W. und Marco H. in Berlin-Moabit in U-Haft.
Die Bundesstaatsanwaltschaft wirft ihnen sowie fuenf (evtl. sechs) weiteren
vorwiegend in Magdeburg wohnenden Linken die "Bildung bzw.
Raedelsfuehrerschaft einer terroristischen Vereinigung" nach §129a StGB vor.
An so einer Vereinigung muessen nach 129a mindestens drei Leute beteiligt
sein, andernfalls kann die Staatsanwaltschaft in diesem Fall nur wg.
Sachbeschaedigung ermitteln.

Die BAW hat sich aus dem Kreise der weiteren "Verdaechtigen" jetzt eine
dritte Person herausgepickt, um ihr Konstrukt "Terroristische Vereinigung"
aufrechtzuerhalten:
Der Magdeburger Carsten S. wurde heute, am 16.April, festgenommen und ist
momentan auf dem Weg zum Haftrichter nach Karlsruhe. Der Haftpruefungstermin
ist am Donnerstag um 13 Uhr.

Es ist stark davon auszugehen, dass auch er in Untersuchungshaft
kommt. Andernfalls wuerden die Behoerden ihr Gesicht verlieren.
Der Haftrichter ist hoechstwahrscheinlich derselbe
Richter, der auch gegen Daniel W. und Marco H. Untersuchungshaft angeordnet
und deren Haftpruefungsantrag im Februar abgewiesen hat.

Dieser Schlag kam nicht voellig ueberaschend. Die Soligruppe
sowie die Anwaelte der Beschuldigten gehen davon aus, dass
die Hauptverhandlung in den naechsten Wochen beginnen soll.
Dafuer sprechen, dass die (normale) zeitliche Hoechstgrenze
von sechs Monaten fuer U-Haft Daniel und Marco demnaechst
erreicht ist. Am 1.April gab es zudem in Magdeburg insgesamt zehn
Durchsuchungen von Wohnungen, Arbeitsplaetzen und dem linken Zentrum AJZ in
Dessau. Eine dritte Person, die zum engen Kreis der "Vereinigung" zu zaehlen
ist, musste fuer den Prozess also her.

Carsten ist in der Magdeburger Linken sehr bekannt und beliebt,
da er sehr aktiv ist und sich vor Verantwortung nicht scheut.
Polizei und Justiz ist er deswegen sicher seit langem ein Dorn im Auge. Die
Linke in Magdeburg weiss sehr genau, warum sich die Staatsanwaltschaft
gerade Carsten ausgesucht hat.

Wer ein 129a-Verfahren aus naechster Naehe schon einmal verfolgt hat, kann
sich die Situation vielleicht einigermassen vorstellen. Auf den
Beschuldigten, MitgliederInnen der Soligruppe und anderen Linken lastet ein
grosser Repressionsdruck. Vor uns liegt ein Berg von Arbeit, den wir
hoffentlich mit Erfolg bewaeltigen koennen. Wir wollen vor allem, dass
unsere Genossen so schnell wie moeglich raus kommen, wir wollen, dass die
BAW diesen Prozess verliert! Wir wollen den Prozess nutzen, die Praxis des
129a thematisieren. Dieser Paragraph ist ein unglaubliches Werkzeug gegen
die Linke in den Haenden des sogenannten "Rechtstaates". Er wird immer
wieder gegen uns angewendet, mal in Berlin, mal in Goettingen, mal in
Passau, mal in Magdeburg... Von so einem Schlag koennen sich die betroffenen
politischen Strukturen erst nach etlichen Monaten oder Jahren erholen. Heute
trifft es uns, morgen seid ihr dran! Dieser Paragraph muss weg! Er steht in
der Tradition der Sozialistengesetze des vorletzten Jahrhunderts, in der
Tradition politischer Verfolgung im Nationalsozialismus sowie in der
Tradition der KommunistInnenverfolgung der BRD der 50er Jahre.
Thematisiert diesen Paragraphen oeffentlich! An diesem Gesetz muessen wir
solange wackeln, bis es umfaellt !! Das wird uns nur gelingen, wenn wir die
Moeglichkeiten und Praxis dieses Paragraphen ueberall thematisieren, nicht
nur in der Linken, sondern vor allem auch in buergerlichen und liberalen
Kreisen.

Was ist jetzt zu tun ?

Der grosse Stress kommt erst noch, wir brauchen Eure Unterstuetzung, nur
dann koennen wir die Situation bewaeltigen.
Dazu brauchen wir vor allem Eure Solidaritaet! Moralische Unterstuetzung ist
vor allem fuer die Beschuldigten sehr wichtig. Zeigt ihnen, dass sie nicht
alleine sind ! Ihr koennt
den Gefangenen Briefe schreiben (Adresse siehe Homepage), Ihr
koennt der Soligruppe Mails schreiben. Vor allem brauchen wir
Geld! Der Prozess und die Soliarbeit kosten einen Haufen Schotter. Also:
Macht bitte ein Konzert oder eine Soliparty fuer Eure Magdeburger
GenossInnen und sprecht gezielt Leute wegen Kohle an!!!!
Unsere Bankverbindung ist:

Rote Hilfe Magdeburg
Stadtsparkasse Magdeburg
Kontonr.: 371 519 49
BLZ. : 810 532 72
Verwendungszweck: Soligruppe

Soligruppe Magdeburg/Quedlinburg

 

1. April: Repressionsmaßnahmen halten an
Erneute Hausdurchsuchungen - Daniel und Marco immer noch in U-Haft


Am Morgen des 1. April, kam es in Magdeburg und in Dessau erneut zu Repressionsmaßnahmen gegenüber linken Jugendlichen und ihrem Umfeld. Insgesamt wurden neun Wohnungen, ein Arbeitsplatz sowie ein Jugendzentrum in Dessau durchsucht.Die Bundesstaatsanwaltschaft (BAW) hat im Zusammenhang mit den
jüngsten Durchsuchungen bereits im November 2002 zwei junge Männer aus Magdeburg festgenommen, die seitdem allein aufgrund von Indizien in Untersuchungshaft sitzen.
Nähere Infos erfahrt ihr bei der Soligruppe.


12.12.2002: Erklärung der Soligruppe zu den 129a-Verfahren in Magdeburg


Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

unsere Freunde Daniel und Marco sitzen im Knast. Am Mittwoch, dem 27. November 2002 wurden sie festgenommen und ihre
Wohnungen durchsucht. Durchsuchungen fanden in Magdeburg, Quedlinburg und Berlin statt. Vorgeworfen wird ihnen die Bildung einer
terroristischen Vereinigung (§129a) mit dem Namen "Kommando: Für die Freilassung der politischen Gefangenen".

Was steckt dahinter?
Am 18. März 2002 wurden von Unbekannten zwei Brandanschläge in Magdeburg verübt. Einer richtete sich gegen das Gebäude des
Landeskriminalamtes, der andere gegen einen Bus des Bundesgrenzschutzes. Die Brandsätze zündeten nicht richtig, es kam nur zu
geringen Sachschäden. Später bekannte sich ein "Kommando: Für die Freilassung der politischen Gefangenen" zu den beiden Taten.
Das BKA übernahm die Ermittlungen. Nach deren Angaben soll auf einem Postpaket, in dem sich einer der Brandsätze befunden
habe, ein Fingerabdruck von Daniel gefunden worden sein. Daniel und Marco wurden observiert und rund um die Uhr überwacht. Am
Ende stand jetzt ihre Festnahme. Das BKA schlussfolgerte, sie hätten zusammen mit fünf anderen namentlich bekannten Personen
eine terroristische Vereinigung gegründet. Bei den Durchsuchungen wurden Reste von Knallkörpern, eine Flachbatterie und
Fahrradglühbirnen mit Fassung und Kabeln gefunden und beschlagnahmt. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof wertete
diesen "spektakulären" Fund als "typische Elemente zur Fertigung einer Zündvorrichtung für einen Sprengsatz". Die gesamte
juristische Konstruktion der Bullen ist für uns eine Farce.

Wozu der §129a?

Der §129a ist ein Ermittlungsparagraph. Er ermöglicht dem BKA die weitreichendsten Mittel für Ermittlungen einzusetzen. Wie die
Erfahrungen mit diesem Paragraphen zeigen, werden viele Verfahren nach den oft extrem umfangreichen Ermittlungen wieder sang-
und klanglos eingestellt. Aber der Einblick, den sie in linke Strukturen und Projekte gewonnen haben, dieser Erfolg bleibt ihnen.
Deshalb wird dieser Vorwurf, der für die Betroffenen im ungünstigsten Fall viele Jahre Knast bedeuten kann, als politisches Instrument
gebraucht. Für uns ist klar: Der §129a und seine neueste Erweiterung der §129b gehören abgeschafft.

Was ist jetzt zu tun?

Wie immer im Falle staatlicher Repression gegen linke Strukturen gilt zu allererst: Klappe halten. Wilde Spekulationen über die
Ereignisse helfen niemandem, außer den Bullen. In einem solch krassen Fall von Repression gilt es erst recht Ruhe und einen kühlen
Kopf zu bewahren. Wir werden uns nicht unter Druck setzen lassen. Das gilt auch für eventuelle weitere Ermittlungen. Die
Überwachung der Szene-Strukturen hört mit den Festnahmen nicht automatisch auf. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch
weiterhin Leute massiv überwacht werden. Deshalb ist ein kühler Kopf so wichtig - auch am Telefon. Das gilt ebenso, falls es zu
ZeugInnenvorladungen kommen sollte. Gegenüber den Bullen muß nicht ausgesagt werden. Es kann aber auch zu Vorladungen
seitens der Bundesanwaltschaft kommen, in diesem Fall muß mensch hingehen und bei einer Aussageverweigerung mit einem
Ordnungsgeld oder im schlimmsten Fall mit Beugehaft rechnen. Deshalb ist es wichtig, daß ihr euch, sollte es zu einer Vorladung seitens der Polizei oder der Bundesanwaltschaft kommen, umgehend bei eurem örtlichen EA oder der Soligruppe meldet. Also
Klappe halten und sofort bei uns melden, wenn eine Vorladung im Briefkasten liegt.

Schon jetzt fallen immense Kosten an. Hier ist eure Solidarität gefragt. Die Betreuung der Verhafteten und die Kosten der Anwälte
sind für uns allein nicht zu finanzieren. Helft uns, spendet, macht Soliparties. Und vergesst die Genossen im Knast nicht. Sie sind
per Post erreichbar. Briefe - die natürlich kontrolliert werden - sind zu richten an:

Daniel Winter bzw. Marco Heinrichs
Ermittlungsrichter am BGH
Herrenstr. 45a
76133 Karlsruhe


Gesammelte Gelder können auf folgendes Konto überwiesen werden:

Konto der Roten Hilfe Magdeburg
Stadtsparkasse Magdeburg
Kontonr. 37151949
BLZ.: 81053272
Verwendungszweck: Soligruppe


E-mail für Mitteilungen und Anfragen an: soligruppe_magdeburg@mail.com
Rote Hilfe, Ortsgruppe Magdeburg