Die Autonome Antifa [M]

 Die Autonome Antifa (M) gründete sich 1990 aus der niedergehenden Autonomen Bewegung mit einem legal angelegten Konzept. Von Beginn an war ein zentrales Mittel ihrer Politik die Öffentlichkeitsarbeit, d.h. auf der einen Seite öffentlich für alle Personen ansprechbar zu sein und auf der anderen Seite die Möglichkeiten antikapitalistische und antifaschistische Positionen auch über die hiesigen Medien in die gesellschaftliche Diskussion zu bringen, zu nutzen. Sie versucht darüberhinaus mit Bündnisdemonstrationen, AgitProp-Aktionen und politischen sowie kulturellen Veranstaltungen breite intressierte Kreise in der Bevölkerung zu erreichen.

 


Medien, Bündnisdemonstrationen und Anti-Nazi-Aktionen

 In der von Medien bestimmten Öffentlichkeit stehen vor allem die Bündnisdemonstrationen gegen faschistische Zentren - wie in Adelebsen 1993 (NPD-Schulungshaus des H.-M. Fiedler) und in Northeim 1994 (FAP-Zentrum des T. Heise) - für ihre Politik. Gerade die Reaktionen der Presse haben gezeigt, daß Demonstrationen ein wesentliches Mittel sind, um in der Öffentlichkeit überhaupt Gehör zu finden.

 Die Demonstrationen wurden initiiert aus der Notwendigkeit, der zunehmenden neo-faschistischen Gefahr in Südniedersachsen entgegenzuwirken. In der Zeit der Pogrome von Hoyerswerda, Solingen, Mölln und Rostock in den Jahren 1992/93 hatten die (neo-)faschistischen Kräfte auch in der Region ihre Aktivitäten verstärkt. So waren faschistische Übergriffe wie z.B. der Mord an Alexander Selchow Silvester 1990/1991 oder der stetige Aufbau der mittlerweile verbotenen FAP (Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei) an der Tagesordnung. 

Ein Charakteristikum der Bündnisdemonstrationen war der Schwarze Block, deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich maskieren. Hatte der Schwarze Block zunächst die Funktion die teilnehmenden Antifaschistinnen und Antifaschisten vor Observationen und Übergriffen seitens Faschisten und Polizei zu schützen, entwickelte dieser innerhalb der Bündnispolitik einen weitere Funktion. Der Schwarze Block wurde deshalb zu einem tragenden Element der Bündnisdemonstrationen, weil dieser augenscheinlich dokumentierte, daß es sich um ein Bündnis weiter Kreise handelte, das von radikalen antifaschistischen Kräften über die Grünen bis zeitweise zur SPD reichte.

 Den Medien war es nicht möglich, linke Kräfte zu verschweigen, wie das oft der Fall ist, wenn über antifaschistische Aktivitäten berichtet wird. Gleichzeitig fand eine - dem Charakter der sensationsorientierten Medienöffentlichkeit entsprechend - Reduzierung der Bündnisdemonstrationen auf denSchwarzen Block statt. So verwundert es nicht, daß auch mit der Autonomen Antifa (M) oft nur der Schwarze Block und ihre Anti-Nazi-Aktivitäten assoziiert werden, obwohl sie seit ihrer Gründung eine vielfältige, breitangelegte Politik betreibt.

 


Viel breiter… viel weiter…vielfältiger…

 Eine antifaschistische Politik, die sich ausschließlich auf einzelne Nazis oder faschistische Organisationen richtet, kann nur begrenzt Erfolg haben. Viel mehr muß sie sich gegen die Wurzeln des Faschismus - die im kapitalistischen Verwertungssystem angelegt sind - einsetzen. 

Eine breit angelegte antifaschistische Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit wie AgitProp-Aktionen, historische Ausstellungen, Veranstaltungen und Vorträge entwickelte die Autonome Antifa (M) im Laufe ihrer fünfjährigen Existenz.

 Ein Beispiel ist der 2. Oktober - der Vorabend der Einverleibung der DDR durch die BRD - an dem die Autonome Antifa (M) ihre antifaschistischen Inhalte versucht dem nationalistischen Mainstream entgegenzusetzen. Seit 5 Jahren veranstaltet sie am Vorabend des "Tag der deutschen Einheit” eine AgitProp-Aktion und Demonstration, begleitet von Veranstaltungen und theoretischen Grundlagen in Form von Broschüren.

 Im Superwahljahr 1994 fanden diese Aktionen unter dem Motto "Ergreift Partei - Wählt den ANTIFAschistischen KAMPF!,” und 1993 mit dem Motto "Hoch die antifaschistische Solidarität!” statt. Der letzte Aktionstag, am 2.10.'95, unter dem Motto "Gegen Faschismus und Klassenjustiz! - Die Antifaschistische Aktion!” ist von der Stadt Göttingen unter ein Totalverbot gestellt worden. Dies war bereits ein Ergebnis der Vorverurteilung antifaschistischer Politik als "kriminelle Taten” hervorgerufen durch die über 4jährigen Ermittlungen, Hausdurchsuchungen und Anklagen gegen den antifaschistischen Widerstand in Göttingen.

 


Organisierung

 Kurz nach der Gründung der Autonomen Antifa (M) initiierte die Gruppe innerhalb der Linken mit ihrem Organisierungspapier 1991 eine bundesweite Diskussion. Wenn eine wirkliche Zurückdrängung faschistsicher Aktivitäten erreicht und letztlich eine ernsthafte Alternative zum bestehenden gesellschaftlichen kapitalistischenSystem erarbeitet werden soll, so ist dies nur im Rahmen kontinuierlicher Politik in einer Organisation möglich. Bereits 1992 gründete sich aus der angefachtenDiskussion die Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO). Die Autonome Antifa ist seither Mitglied dieser Organisation, auf deren Initiative breits viele antifaschistische Aktivitäten von bundesweiter Bedeutung zurückzuführen sind. (Beispiele: Demonstration gegen das Schlungszentrum der NF (Nationalistischen Front) in Detmold/ Pivitsheide 1994, Beteiligung an der "Aktion '94” gegen den jährlichen Aufmarsch der Faschisten zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess, Demonstration gegen das neurechte Studienzentrum Weikersheim 1995).

 


Brennende Fragen

 Wie schon erwähnt, beschränkt sich das Verständnis der Autonomen Antifa (M) vom Antifaschismus nicht auf das Zurückdrängen faschistischer Banden. Es geht vielmehr um gesamtgesellschaftliches Wirken im Sinne antifaschistischer Positionen. Regelmäßige kulturelle und politische Veranstaltungen zu Themen wie Internationalismus und Geschichte des antifaschistischen Widerstandes gehören zu der Politik. So wurde genauso über die Befreiungsbewegungen in Peru, Chile und Kolumbien wie auch über den Vernichtungskrieg der Türkei gegen das kurdische Volk berichtet. Es wurde in Zusammenarbeit mit anderen die Wurzeln der antifaschistischen Kräfte in der Region untersucht wie über den Widerstand unter dem Nationalsozialismus in den Konzentrationslagern informiert. So wurden die Antifaschistischen Wochen im November 1993 zum 75. Jahrestag der Novemberrevolution 1918 ausgerichtet, ebenso wurden Fahrten zu Gedenkstätten in ehemalige Konzentrationslager mitorganisiert.

 Zu einem linken fortschrittlichen Ansatz gehört ebenfalls der Kampf gegen frauenfeindliche Strukturen in der Gesellschaft. So gehörten Veranstaltungen gegen den § 218 und Aktionen zum 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, auch zur Politik der Autonomen Antifa (M).

 


Wettlauf gegen Repression

 Bereits nach knapp einem Jahr der Existenz der Gruppe wurden in Göttingen unter fadenscheinigen Gründen seitens der ermittelnden Behörden umfangreiche Ermittlungen gegen den autonomen antifaschistischen Widerstand zunächst nach § 129a eingeleitet. Auch wenn die Autonome Antifa (M) sich seit dieser Zeit zwangsläufig mit Antirepressions-Arbeit beschäftigt, setzt sie weiterhin ihre antifaschistische Arbeit fort. Ein Beispiel dafür sind die "Antifaschistischen Wochen” im April 1996, eine Reihe von Veranstaltungen, Aktionen, Konzerte und eine Demonstration in Göttingen. Die Wochen fanden unter dem Motto "der KRIMINALISIERUNG des ANTIFASCHISTISCHEN WIDERSTANDS entgegentreten!” statt.

 


Aussichten

 Deutschland ist seit Mitte 1996 wieder Kriegspartei. Deutsche Soldaten ziehen das dritte Mal in diesem Jahrhundert auf den Balkan (Ex-Jugoslawien) und deutsche wirtschaftliche und territoriale Interessen militärisdch durchzusetzen. Aggressive Außenpolitik ist genauso Programm wie repressive Innenpolitik.

 Ausdruck dieser rechts-reaktionären Entwicklung der BRD-Gesellschaft ist die Dikussion um den "Großen Lauschangriff”.In der Region Südniedersachsen ist der Lauschangriff bereits seit über 6 Jahren bittere Realität. Denn das Sonderstrafrecht der §§ 129/129a beinhaltet bereits viele Bestimmungen, die mit der Verabschiebung des "Großen lauschangriffs” mehr und mehr tägliche Realität in der gesamten BRD werden sollen.

 Stellen die §§ 129/129a schon insofern ein Sonderstrafrecht dar, als daß die üblichen Rechtsgrundsätze außer Kraft gesetzt werden (Sonderbedingungen in Untersuchungshaft, schwere Eingriffe in die Privatsphäre durch Observations- und Abhörmaßnahmen), besteht die juristische Dimension darin, daß den Beschuldigten nicht mehr eine Straftat konkret nachgewiesen werden muß, sondern das Bekenntnis zu einer bestimmten Gruppierung reicht bereits aus, um mittels eines sogennten Organisationsdeliktes verurteilt zu werden. Auch die Zuständigkeit der Staatsschutzkammer für Prozesse im Zusammenhang dieser beiden "kriminellen Terrorparragraphen” zeigt, daß diese in der Regel gegen linke politische Gruppierungen angewandt werden. Der Verlauf der Geschicht zeigt dies nur allzu deutlich.

 

Autonome Antifa (M)