...gegen Innenstadt-Säuberung, Vertreibung von Randgruppen, Zurückdrängen linker politischer Räume...


Linke Räume erkämpfen!

Danielowski MUSS sauberer werden!

Eine Initiative der Autonomen Antifa [M]

Zwar stehen die Fantasien von Göttingens Oberbürgermeister Danielowski nur exemplarisch für den allgemeinen Trend, dass Innenstädte und öffentliche Plätze mehr und mehr einzig und allein dem Zweck der Verwertung untergeordnet werden. Dennoch exponierte er sich dieser Tage sehr durch öffentliche Statements, in denen er mehr Bereitschaftspolizei in der Innenstadt forderte, um (wörtlich) "bestimmte Personengruppen" aus dieser zu vertreiben.

Solchen Saubermännern mit Blockwartmentalität muss Einhalt geboten werden, um die Frage, wem die Stadt und der öffentliche Raum gehört, nicht von ihnen allein beantworten zu lassen.

Das Flugblatt gibt es auch als pdf zum download (178 Kb)
[Aufruf]

Aktuell
Am 10. Oktober wird in Göttingen ein Innenstadtaktionstag mit verschiedenen Aktionen stattfinden, an dem mehrere politische Gruppen aus der Stadt und aus der Uni beteiligt sind.
[Presseerklärung vom 28. September]

Stein des Anstoßes
Wildes Plakatieren soll nicht nur in Göttingen aus dem Stadtbild verdrängt werden. Ein schönes Archiv einer Unzahl politischer Plakate der letzten Jahre findet Ihr bei Nadir.
[http://plakat.nadir.org]

Aktueller Punktestand
Sehr gefreut haben wir uns über Rückmeldungen aus anderen Städten zu der Kampagne gegen innere Sicherheit und Sauberkeit. Es gab zum Beispiel sehr erfreuliche Nachrichten aus Lübeck. Auch diese Stadt hat scheinbar erst einmal das Handtuch geworfen und steht nun, ähnlich wie z.B. auch Göttingen, dreckig da.
Zeitungsartikel aus:
[ Lübeck, 8.7.03 | Göttingen, 3.7.03 ]
[ Impressionen ]

Broschüre zu Innenstadtsäuberung aus Braunschweig
Das Antifaschistische Café am Cyriaksring fragt:
"Wessen sauberes Braunschweig?"
[ Flugblatt ] (pdf, 656 kb)

Spray, spezielles Rechtshilfeinfo für SprüherInnen
Die Autonome Antifa Genthin [AAG] hat die Zeitung "Spray" herausgebracht. Die Zeitung ist auch eine Rechtshilfebroschüre mit Tipps und Tricks speziell für Sprayer. Allerdings konnte sie leider nicht gedruckt werden. Sie steht als PDF zum Download bereit.
[ Homepage I Zeitung ]

Graffiti- und StreetArt-Offensive, Berlin
[ http://www.de.indymedia.org/2003/08/60124.shtml ]
[ http://www.de.indymedia.org/2003/08/60141.shtml ]

Dokumentation einer kleinen Agit-Prop-Aktion
zur Störung der Image-Kampagne der Polizei vom 11. Juni '03.
Gemeinsam mit der Antifaschistischen Jugend Göttingen (AJG) wurde eine Aktion bei einer Polizei-Jugenddisco durchgeführt.

[ Aktion ]

Überwachungskameras
Dies ist ein Link auf eine Seite der Göttinger Domain www.goest.de. Auf dieser Seite sind viele Überwachungskameras in Göttingen mit Bild, genauer Beschreibung und Kommentaren aufgelistet.
[ Kameras ]

Zeugnisfeiern
In Göttingen traditionell unter dem Namen "Nabelsaufen" bekannt, haben SchülerInnen jedes Jahr in der Fußgängerzone die Zeugnisvergabe begossen. Im Zuge der Innenstadtsäuberungen versucht die Stadt Göttingen mit polizeilichen Mitteln, das Ritual zu unterbinden und in den sogenannten Rosengarten zu verbannen. Aber auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
[ Flugblatt ]    [ Chronologie ](auf www.goest.de)






Aufruf

Danielowskis dreckige Säuberung

 

Erinnern Sie Ihre Mitbürger an diese simplen Verhaltensregeln in unserer Gesellschaft “
(Faltblatt: Gemeinsam für ein sauberes Göttingen)

Seit Mai diesen Jahres ist Schluss mit Rumlümmeln, „Zimmer aufräumen“ heißt es jetzt nicht nur bei Danielowskis Zuhause, sondern ganz Göttingen soll „in Ordnung“ gebracht werden. Und weil sich schon zu Hause niemand dran hält, wurde zur „Motivationssteigerung“ ein umfangreiches Repressionssystem aus dem Boden gestampft.
Da es in Deutschland an freiwilligen Blockwarten noch nie Mangel gab, fanden sich auch schnell 50 „VollzugsbeamtInnen“, die bewaffnet mit Bußgeldkatalog, Dienstausweis und „Kommunikativer Schulung“ der „Vermüllung“ der Stadt Einhalt gebieten sollen. Per Faltblatt wird auch der Rest der Bevölkerung zur Denunziation aufgefordert. „Müll“ ist dabei durchaus weit zu verstehen, keine drei Wochen dauerte es bis Bürgerhausmeister Danielowski im Lokalblatt den Bogen vom ungefragt geklebten Plakat bis zu „bestimmten Personengruppen in der Innenstadt“ schlug. Ordnung müsse wieder „herrschen“ in Göttingen, die Ordnung der Herrschenden versteht sich.

.„Der Alte, der uns stets erzählt, was hier im Haus verboten ist...“ (Udo Jürgens, Ehrenwertes Haus)

Was vor einigen Jahren noch als „Gewährleistung von Sicherheit“ verkauft wurde, und sich auch in Göttingen als lukratives Geschäft diverser Überwachungsdienste erweist, wird nun unverblümt benannt. Es geht um die Herstellung von Ordnung, was nicht das gleiche ist. „Ordnung“ ist seit jeher Synonym für die Sicherung von Machtstrukturen. Die Ordnungssicherung wird dabei an eher unbestimmte Begriffe wie „weniger Müll“ oder „bestimmte Personengruppen“ geknüpft, welche in den Vorstellungen der AdressatInnen jeweils beliebig ausgefüllt und begrenzt werden können, letztlich jedoch durch die herrschende Repressionspraxis festgelegt werden.

Durch das vorgebliche „Allgemeininteresse“ lassen sich konkrete Bedürfnisse der Einzelnen in einem „Maßnahmenpool“ zum Schein mitversorgen und damit auch Einzelaktivitäten rechtfertigen, die für sich nicht so gut bei den BürgerInnen ankommen würden, wenn diese direkt nach bestimmten Reglementierungen ihres Lebens gefragt würden.
Dazu kommt der machtpolitische Trend, Kontrollsysteme dezentraler und mit jeweils geringerer Reichweite als die großen autoritären Systeme zu gestalten. Einzelne Kontrollformen erscheinen weniger umfassend, wenn sie sich nicht mehr auf alle Lebensbereiche, sondern auf einzelne Verhaltensweisen beziehen. An der Totalität der Überwachung ändert dies gleichwohl nichts. Die Zerstreuung der Kontrollen in viele kleine Verhaltensmaßregeln wirken zusammen genauso beschränkend.

„Du ziehst Dir doch heimlich auch mal ’ne Daunenjacke an...“ (Absolute Beginner, Rock on)

Eigentlich widerspricht eine derartige Reglementierung der Vorstellung, dass eine Stadt ein Lebensraum sei, dessen Nutzung nicht im Lichte eines einzigen Zwecks organisiert werden kann. Das genau ist ja Urbanität, jene „weltoffene Stadt Göttingen“ die immer wieder bemüht wird, nämlich das Aufeinandertreffen verschiedener teils widersprüchlicher Interessen auf begrenztem Raum, aus deren Nebeneinander dann das Spezifische einer Stadt erwächst. Und zwar nicht in einer Weise, die sich planen und organisieren lässt, sondern in gewissem Rahmen spontan und unkontrolliert.
Es sei denn, jemand legt diesen Rahmen so fest, dass abweichende Nutzungen ausgeschlossen sind. Genau dies passiert in der Göttinger Innenstadt, die immer mehr einem Einkaufszentrum angeglichen wird. Aufmüpfige Jugendliche auf dem Wilhelmsplatz stören da ebenso wie plakatierte Anzeichen kultureller oder politischer Gegenmodelle, die ein geschlossenes Kulissenbild unterlaufen. Derartige Irritationen der verkauften Illusion von Leben stören den reibungslosen Geschäftsablauf, in dem Produktangebote den hauptsächlichen Reiz darstellen sollen.

„Ich hatte es kaum Zuhause ausprobiert, da wusste ich schon, an dem Produkt ist was kaputt, das ist die Reklamation, ich tausch nicht mehr, ich will mein Leben zurück...“
(Wir sind Helden, Guten Tag)

Im Einkaufszentrum ist der Zweck, dem das individuelle Wohlbefinden unterzuordnen ist, das Einkaufen. Regelungen in der „Hausordnung“ werden entsprechend „im Interesse eines ungestörten Einkaufserlebnisses“ eingeleitet, gleichsam die Hausordnung des Kapitalismus an Sich. Die Innenstadt wird nicht mehr als Lebensraum angesehen, sondern unter dem „touristischen Blick“ und einer auf Entspannung ausgerichteten Konsumpraxis zur reinen Fassade, in der soziale Heterogenität als störend empfunden wird. Indem bestimmte unerwünschte Verhaltensweisen und Menschen ausgeschlossen werden, wird der Raum gesäubert von Anzeichen sozialer Ungleichheit.
Die Praxis des Ausschlusses korrespondiert mit der Ghettoisierung sozial Benachteiligter in den Randbezirken bei gleichzeitiger Reservierung der Innenstadt für kaufkräftiges Klientel. Dies entpolitisiert den öffentlichen Raum auch in anderer Hinsicht: die Vertreibung lässt Anzeichen der Brutalität kapitalistischer Vergesellschaftung verschwinden, eine öffentliche Armutspräsenz impliziert auch immer die Drohung des möglichen eigenen Abstiegs.

Dabei hat es auch schon vor dieser Forcierung die Idealvorstellung des öffentlichen Raumes als Sphäre des Aufeinandertreffens verschiedener heterogener Gruppen kaum gegeben. Immer war die Frage nach dem Zugang zum öffentlichen Raum abhängig von Machtverhältnissen, seien es Frauen, Kinder, Obdachlose oder libanesische Flüchtlinge – irgendjemand blieb immer draußen, und dieses Draußen war nötig für das Selbstverständnis derer drinnen.

„Danke, dass Du mich regierst...“ (Farin Urlaub, Lieber Staat)

Die Gleichsetzung von Heterogenität und Bedrohung ist offenbar weit verbreitet. Die öffentliche Sicherheitsrhetorik entspricht durchaus vorhandener tatsachenunabhängiger, garadezu statistik-resistenter Vorstellungen der BürgerInnen über ihre individuelle Bedrohungslage. Anders lässt es sich nicht erklären, dass etwa Videoüberwachung einigermaßen widerspruchslos hingenommen wird, jedenfalls nicht ohne den Leuten gänzlich das Bewusstsein für ihren kontrollierten Alltag abzusprechen. Die Sicherheitstechnologien schaffen dabei nicht Ausgrenzung; sie verstärken und manifestieren eher eine Tendenz, die in den Vorstellungen breiter Bevölkerungskreise sowieso angelegt ist.
Das Wegbrechen des Sozialstaates schafft Unsicherheit. Rationalisierungen angesichts mangelndem Beschäftigungszuwachses und sinkender Kaufkraft führen zu Einsparungen aller „überflüssigen“ Kosten. Soziale Rechte und arbeitsrechtliche Schutzregelugen sollen kurzerhand abgeschafft werden. Die reale Angst vor dem Entzug der Existenzsicherung soll mit einem Rückgriff auf die Volksgemeinschaft, einem „Sicherheitspakt“, aufgefangen werden. Politik und Medien inszenieren Bedrohungsbilder von „aggressiven Bettlern“ und „Sozialschmarotzern“ als unbestimmte Sündenböcke in plumper Stammtischlyrik, oftmals verbunden mit rassistischen Zuschreibungen.

Der rhetorische Appell an diffuse Ängste hat nicht den Anspruch diese zu überwinden, sondern durch Unterwerfung unter die eigene Kontrolle in einer Disziplinarbeziehung zu kanalisieren. Nur so ist die Zustimmung zur Beschränkung der eigenen Freiheit zu erreichen.
Dabei wird diese Beschränkung sowohl in der Intensität als auch räumlich beständig ausgeweitet: neben „mehr Grün“, sprich Polizeiüberwachung, im unmittelbaren City-Bereich wie Göttingens Bürgermeister fordert, werden längst auch die Zufahrtswege zur Konsummeile in das Kontrollsystem aufgenommen, ein erster Göttinger park&ride-Bus wurde jüngst mit einer Innenraum-Kamera ausgestattet.

Die Maßnahmen und Äußerungen zur „Säuberung“ der Innenstadt finden ihre überregionalen Äquivalente im neuen niedersächsischen Polizeigesetz, welches die lange gestrichene Begrifflichkeit der „öffentlichen Ordnung“ wiedereinführt und die präventiven d.h. willkürlichen Polizeibefugnisse erheblich ausweiten soll, sowie in der Abschiebepolitik der Bundesregierung und schließlich in der Festung Europa.

„Fight for your right to party...“ (Beastie Boys, Fight for your rights)

Die oft beschworene kulturelle Vielfalt, die einen Teil der Stadt ausmacht, soll für Großveranstaltungen mit Vermarktungsfaktor geopfert werden. Das echte Leben soll durch eine Monokultur ersetzt und die Säuberung der Stadt von einer weiteren Hundertschaft Bereitschaftspolizei durchgesetzt werden. Spiegelte sich das politische und kulturelle Leben dieser Stadt bisher in den Straßen wieder, sollen beispielsweise unabhängige Kulturinitiativen nun gezwungen werden, gegen Geld mit Plakaten in Wechselrahmen zu werben. Dieser Versuch der Kommerzialisierung der Plakatflächen kann nur als Kampfansage gegen jede Art von freier, unabhängiger politischer und kultureller Arbeit verstanden werden. Eine offensichtlich bereits begonnene Umorientierung von den Stromkästen zu Plakatierungen an Häuser und vorgeblich „kaufbare“ Flächen zeigt jedoch, dass derartige Reglementierungen nicht schicksalsergeben hingenommen werden. Der Versuch, den öffentlichen Raum als Ware zu handeln wird auch mit einem immensen Überwachungsaufwand kaum durchzusetzen sein.

Die Darstellung der bürgerlichen Demokratie als Ort dauerhaft formal verbriefter Rechte und Freiheiten erweist sich angesichts der Zugangsbeschränkungen als Illusion. Öffentlichkeit bedeutet für uns nicht die Konsumkultur von HändlerInnengemeinschaften der Innenstädte. Selbstorganisation bedeutet für uns nicht die Diktatur von neighbourhood communities, die lauern, ob Fremde oder Einheimische sich eines Regelverstoßes schuldig machen.
Die bürgerlichen Grundrechte sind ein Mythos, der beliebig verformt wird. Es hat keinen Sinn auf die vermeintlichen Spielregeln der bürgerlichen Demokratie zu pochen, wenn ihre Grenzen von den Danielowskis, Schills und Schilys im Land vorgegeben und willigen Blockwarten überwacht werden. Es kann also nicht darum gehen etwas einzuklagen, sondern uns zu nehmen, was wir brauchen.
Wir kämpfen für die Schaffung gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen es keine Beschränkung der Selbstbestimmung der Individuen durch permanente Beobachtung oder andere staatliche Restriktionen gibt.

reclaim the city!
Die Stadt sind wir alle!
Danielowski muß sauberer werden!

Plakat