Presseartikel zur Nazi-Demo am 10.02.01 in Hagen

Pressebericht vom 9. Januar 2001

Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer prüft intensiv die Rechtslage im Zusammenhang mit den Demonstrationen am 10.02.2001 in Hagen - Runder Tisch mit Oberbürgermeister und politischen Entscheidungsträgern der Stadt

Die für den 10. Februar 2001 in der Hagener Innenstadt angemeldete Demonstration des bundesweit bekannten Aktivisten der rechten Szene, Christian Worch, war heute Gegenstand eines Gespräches zwischen dem Oberbürgermeister der Stadt Hagen , den Fraktionsvorsitzenden und Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer.

Inzwischen liegen der Polizei Hagen mehrere Anmeldungen für Gegendemonstrationen vor.

Einheitlicher Wunsch der Politiker in dem Gespräch war es, dass eine solche Veranstaltung in Hagen keinen Platz finden darf. Frau Steinhauer erläuterte die schwierige rechtliche Situation. Die Entscheidung über ein mögliches Verbot oder Einschränkungen der angemeldeten Demonstration liegt aufgrund des Versammlungsgesetzes ausschließlich bei der Polizei.

Das Demonstrationsrecht ist im Artikel 8 des Grundgesetzes verankert. Von daher kann die Polizei keine Demonstration erlauben oder genehmigen, weil die Inanspruchnahme eines Grundrechtes nicht genehmigungsbedürftig ist. Es ist das Recht eines jeden Staatsbürgers, egal welcher Gesinnung, das die Polizei zu schützen hat .Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass dieses Recht auch dann zu schützen ist, wenn die Gefahr besteht, dass es demagogisch missbraucht wird.

Die Polizeipräsidentin kann eine Versammlung nur dann verbieten, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die im §15 Abs. 1 Versammlungsgesetz definiert sind. Die Messlatte für derartige Verbote ist von den Gerichten sehr hoch angelegt worden. So fordert das Bundesverfassungsgericht, dass eine konkrete Gefahr von der angemeldeten Demonstration ausgehen muss. Ein bloßer Verdacht oder eine Vermutung reichen nicht aus.

Frau Steinhauer wies darauf hin, dass eine Entscheidung deshalb noch nicht möglich ist, weil eine Vielzahl von Aspekten zu berücksichtigen und rechtlich zu prüfen sind. Neben Erfahrungswerten, die aus anderen Behörden eingeholt werden, sind zusätzliche Informationen durch die Veranstalter und weitere Beteiligte der Demonstrationen notwendig.

Es bestand Konsens bei allen Beteiligten, diesen intensiven Dialog weiterzuführen.

 

Westfälische Rundschau 12.01.2001 "Rat muss über Nazidemo beraten"

Hagen. Die Bündnisgrünen drängen darauf, in der nächsten Ratssitzung am 25. Januar über den geplanten Aufmarsch von Rechtsextremisten in Hagen zu beraten.

Die Bündnisgrünen sehen in dem durch den bundesweit bekannten Neonazi Christian Worch geplanten Aufmarsch am 10. Februar 2001 eine Herausforderung für die gesamte Stadt Hagen.

Außerparlamentarische Gruppen und die Ordnungskräfte dürften vom Rat nicht allein gelassen werden. Gerade die gewählten Vertreter und Vertreterinnen der demokratischen Parteien, die die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren, dürften nicht schweigend zusehen. Aus diesem Grund habe der Rat der Stadt die Pflicht, über geeignete Maßnahmen zu beraten.

[18.01.2001] Lüdenscheider Nachrichten

Hagen gegen Rechts
Gewerkschaft bündelt Gruppierungen, die gegen die rechten Demonstranten am 10. Februar auftreten können

HAGEN • Das mögliche Treffen von Rechtsradikalen am 10. Februar in Hagen hat ein breites Bündnis unterschiedliche Kräfte mobilsiert, die am gleichen Tag unter dem Motto "Hagener Bürger zeigen Flagge - Für Toleranz, gegen Fremdenhass und rechte Gewalt" einen Aktionstag gegen dieses Treffen durchführen wollen. Jetzt trafen sich Vertreter dieser Gruppen mit dem DGB-Kreisvorsitzenden Wolfgang Lange an der Spitze bei Oberbürgermeister Wilfried Horn. An dem Gespräch nahmen auch Vertreter der Polizei und der Stadtverwaltung teil. Noch ist nicht klar, ob die Polizeipräsidentin Steinhauer eine Möglichkeit sieht, den Aufmarsch der Rechten zu verbieten.

Der Oberbürgermeister unterstrich, dass alle gewaltfreien Initiativen gegen das Treffen der Rechtsradikalen die volle Unterstützung der im Rat vertretenen demokratischen Fraktionen finden. Seinem Wunsch, das sich möglichst alle Gruppierungen zu einer gemeinsamen Veranstaltung gegen Rechts unter einem Dach formieren sollten und es nicht zu unterschiedlichen Demonstrationen kommen soll, entsprachen die Anwesenden.

Es wurde vereinbart, bis zum 10. Februar die Gespräche regelmäßig fortzusetzen, um die Planungen für die Gegendemonstration gegenseitig abzustimmen. Die Vertreter der Hagener Stadtverwaltung sagten ihre Unterstützung und Hilfe zu.

Westfälische Rundschau 19.01.2001  Resolution gegen Gewalt von Rechts

Hagen. 14 prominente Hagener haben im Vorfeld der für den 10. Februar angekündigten Neonazi-Demo in Hagen eine Resolution gegen die Gewalt rechter Splittergruppen unterschrieben.

"Wir verurteilen den Aufmarsch dieser Gruppen in unserer Stadt und sprechen uns entschieden gegen ihre menschenverachtenden Parolen aus", heißt es in der Erklärung, die den Beitrag von Ausländern zum Leben in der Stadt unterstreicht. Unterschrieben haben Kinderschutzbund-Geschäftsführerin Christa Burghardt, Intendant Rainer-Friedemann, Thomas Haensel vom Diakonischen Werk, Dr. Jörn Kreke, Ex-Intendant Peter Pietzsch, Superintendent Dieter Wentzek, Liselotte Funcke, Sparkassenchef Klaus Hacker, FernUni-Rektor Helmut Hoyer, DGB-Chef Wolfgang Lange, Theaterverwaltungschef Günter Pollex, Stadtwerke-Vorstand Ludwig Heimann, Ehrenbürger Rudolf Loskand und SIHK-Hauptgeschäftsführer Hans-Peter Rapp-Frick.

Westfälische Rundschau 19.01.2001 Rat sollte Stellung beziehen

Hagen. (ds) Zur Ratssitzung am nächsten Donnerstag gibt es einen Tagesordnungspunkt zum Thema: "Geplanter Aufmarsch von Rechtsextremisten in Hagen" - dem Aufzug des vorbestraften Neonazis Christian Worch. Der Punkt wird auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen erörtert. Sie sind der Meinung, dass die von der Mehrheit der Bevölkerung gewählten Ratsvertreter nicht schweigend zusehen dürften: "Aus diesem Grund hat der Rat der Stadt Hagen die Pflicht, über geeignete Maßnahmen zu beraten." "Geeignete Maßnahmen" kann allerdings keine Aufforderung der Politik an die Polizeipräsidentin sein, die Demonstration zu verbieten - rein rechtlich gibt das Versammlungsgesetz dazu wohl keine Handhabe. "Das meinen wir auch nicht", sagt Grünen-Geschäftsführer Hubertus Wolzenburg: "Ich würde mir wünschen, dass der Rat zur Teilnahme an der Gegendemonstration aufruft. Am liebsten wäre es mir, wenn der Rat geschlossen teilnähme", so Wolzenburg für die Grünen.

Westfälische Rundschau 05.02.2001 Kein Verbot für den Aufzug der Neonazis

Hagen. (ds) Nach intensiver rechtlicher und tatsächlicher Prüfung in alle Richtungen, ob die vom einschlägig vorbestraften Neonazi Christian Worch angemeldete Demonstration am 10. Februar erfolgreich verboten werden könnte, teilte Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer gestern mit: "Wir werden kein Verbot aussprechen. Wir möchten nicht, dass die Rechten einen weiteren juristischen Sieg erringen." Bisher hätten Verbote von Seiten der Polizeiverwaltung in keiner Stadt vor den Gerichten Erfolg gehabt.

"Wir müssen konkrete Hinweise auf Gewalttätigkeit aus dieser Versammlung heraus haben, die sind nicht gegeben", erläuterte Hans-Werner Kuhleber, Leiter Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in der Polizeispitze. Den eindeutig zu belegenden Punkt Gefährlichkit fordert das Versammlungsrecht als mögliche Einschränkung des dominierenden Grundrechtes der Versammlungsfreiheit. Auch die Teilnahme von Vorbestraften rechtfertige rein juristisch diese Annahme nicht. Worch selbst ist unter anderem als Angehöriger eines verbotenen Neonazi-Sammelbeckens einschlägig vorbestraft. Er will am 10. Februar selbst als Kundgebungsredner auftreten.

In der City kein Platz für Rechte Nach dem Versammlungsrecht werde die Polizei, so hieß es bei der Polizeipräsidentin, für die Worch-Demo allerdings Auflagen machen: räumlich und vom Erscheinungsbild her. Die Rechtsextremen sollen nicht in der Innenstadt landen und auch nicht in Anbindung dazu, wenn in der City morgens ab zehn Uhr das breite Bündnis gegen Rechts vom Galen-Ring zur Kundgebung auf dem Nassau-Platz zieht. Worch habe sich auf einen Versammlungsort mit Umzug in Oberhagen bisher eingelassen, offenbar aber noch nicht zu weiteren Auflagen geäußert.

"Keiner muss die Klappe runterlassen"

Die Anwohner und Geschäftsleute in Oberhagen werden mit Handzetteln und in persönlichen Gesprächen ab Donnerstag eingehender informiert.

Aufklärung zum Demonstrationsrecht und Aufruf zur gesetzlich vorgeschriebenen gewaltfreien Meinungsäußerung betreibt die Polizei weiterhin an den weiterführenden Schulen in Hagen und Umgebung. Ab Donnerstag will sie aber auch mit anderen Handzetteln und in Gesprächen in der Fußgängerzone präsent sein und Informationen geben, sich ebenso gezielt an die Geschäftsleute in der Innenstadt wenden. "Keiner muss die Klappe runterlassen", hieß es vom Führungsstab der Polizei. Durch verkehrliche Einschränkungen für den Individualverkehr ("Besser umsteigen auf Bahn und Busse"), müsste vielleicht aber mit einer Einschränkung der Kundenfrequenz zu rechnen sein.

Mit mehreren tausend Leuten aus ganz NRW will die Polizei Samstag präsent sein.

 

Pressebericht der Polizei Hagen vom 01. Februar 2001

Polizei Hagen setzt sich für gewaltfreie Demonstrationen ein - Gespräche und Handzettelaktion in berufsbildenden und weiterführenden Schulen

Die Polizei Hagen tritt in Kommunikation mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen unserer Stadt. Im Zusammenhang mit Handzettelaktionen führen erfahrene Beamte ab dem 02.02.2001 Gespräche in allen weiterführenden und berufsbildenden Schulen Hagens und der näheren Umgebung. Mit Appellen und Verhaltensempfehlungen für die Teilnahme an Demonstrationen wenden sich die Beamten an die Schülerinnen und Schüler. Grund dafür sind die für den 10. Februar 2001 in Hagen angemeldeten Demonstrationen des bundesweit bekannten Aktivisten der rechten Szene, Christian Worch, und des Bündnisses gegen Rechts unter der Schirmherrschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Besonders für junge Menschen ist die Teilnahme an einer Demonstration eine wichtige Erfahrung in der Auseinandersetzung mit politischen Themen. Dabei sind jedoch gewisse Spielregeln zu beachten. Gerade junge Menschen wissen oft noch nicht zwischen erlaubtem Protest und verbotenem Tun zu unterscheiden. Deshalb wendet sich die Polizei Hagen mit ihren Informationen bereits jetzt vorrangig an diesen Personenkreis.

Mit Unterstützung der Bezirksregierung Arnsberg werden gleiche Aktionen noch in dieser Woche in den Universitäten Bochum, Wuppertal und Dortmund und ab dem 06.02.2001 in den weiterführenden und berufsbildenden Schulen der Städte Iserlohn, Schwerte, Ennepetal, Lüdenscheid, Schwelm und Herdecke durchgeführt.

Zur Information der Medien ist ein Handzettel als Anlage beigefügt. Darüber hinaus bieten wir den Medienvertretern die Möglichkeit zu einem Fototermin während der Aktionen in Hagen ab dem 02.02.2001 an. Zwecks Terminabsprachen wird mit telefonische Anmeldung unter Tel. 02331/*****, Pressestelle des Polizeipräsidiums Hagens, gebeten.

Gewaltfrei?

Pressebericht der Polizei Hagen vom 05. Februar 2001

Rechtsextremer Aufmarsch - eine große Herausforderung für die Hagener Polizei

Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer unterstützt friedlichen Protest

"Für die Polizei Hagen stellt die für den 10.02.2001 in Hagen angekündigte Demonstration des bekannten Rechtsextremen Christian Worch eine große Herausforderung dar, denn wir haben eine besondere Verantwortung für diejenigen, die friedlich für Freiheit und Toleranz demonstrieren wollen" erklärt Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer.

Gegen die Bedrohung unserer Gesellschaft durch den Rechtsextremismus müssen sich alle mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln wehren. Sämtliche Verbote von rechtsextremen Veranstaltungen wurden in vergleichbaren Situationen von den Gerichten aufgehoben. "Juristische Triumphe" von Rechtsextremen gegen die Polizei sind schädlich für unseren Rechtsstaat.

Um zu verhindern, dass Rechtsextreme ihr Recht auf Versammlungs- und Meinungsäußerungs - freiheit missbrauchen, wird die Polizei Hagen sehr wirksame Mittel des Versammlungsrechtes einsetzen. So wird die Versammlung des Herrn Worch nicht im Stadtzentrum stattfinden, um zu verhindern, dass die Rechtsextremen dem friedlichen Protest der Hagener Bevölkerung zu nahe kommt. Die Polizei wird verhindern, dass die Rechtsextremen Angst und Schrecken verbreiten können.

"Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, dass das friedliche Miteinander in unserer Stadt nicht durch den Rechtsextremismus zerstört wird", betont Frau Steinhauer. Deshalb werden wir alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen und strenge Auflagen erlassen. Dabei werden wir bis an die Grenzen gehen, die die Verwaltungsgerichte derzeit setzen. Mit diesen Auflagen , die in Kürze auch der Öffentlichkeit mitgeteilt werden, wollen wir verhindern, dass unter dem Deckmantel des Grundgesetzes Demonstrationen in braune Aufmärsche umgewandelt werden.

"Allerdings kann es nicht allein Aufgabe der Polizei sein, dieses Ziel zu erreichen. Nur mit allen Bürgerinnen und Bürgern sowie den Ordnungspartnern sind wir in der Lage, das soziale Klima, die Fähigkeit zum Dialog und zum friedlichen Umgang miteinander zu erhalten", äußerte Frau Steinhauer. So begrüßen wir auch die zahlreichen Initiativen der Hagener Bürgerinnen und Bürger gegen den Rechtsextremismus auf die Straße zu gehen und sich der DGB-Demonstration anzuschließen. Unsere Gesellschaft muss sich mit demokratischen Mitteln gegen Verfassungfeinde wehren. Aber jeder Protest darf nur innerhalb der Grenzen, die von Grundgesetz und Versammlungsrecht gezogen werden, stattfinden. Die Polizei wird alles tun, um die friedlichen Bekundungen gegen "Rechts" zu schützen. Sie wird aber konsequent gegen Rechtsverstöße durch gewaltbereite und gewalttätige Rechte und Autonome einschreiten.