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Wed Dec  4 17:38:07 1996
 

Führer für die Fahndung

Die Medien nach Bad Kleinen:
Mit Bitte um Aufklärung - wir suchen den starken Mann


Oliver Tolmein


Der frühere Generalbundesanwalt von Stahl vor der Presse


"Sollte wahr sein, daß ein Beamter der GSG 9 den mutmaßlichen Terroristen Wolfgang Grams erschossen hätte, als der schon wehrlos auf dem Bahngleis von Bad Kleinen lag - wir müßten es wohl ertragen." Feigheit vor dem Feind, mangelnde Bereitschaft auch mal einen Mord zu akzeptieren, wenn es der demokratischen Sache dient, soll dem Leitartikler der liberalen Zeit Hans Schueler niemand nachsagen. Als Anfang Juli 1993 fast alle Indizien dafür sprechen, daß Wolfgang Grams von der Polizei erschossen worden ist, wirft er sich mit beängstigendem Engagement in die Bresche: "Eine solche Hinrichtung wäre eine Tragödie. Doch sie würde zum Skandal nur, wenn die Aufklärung allein dem Zeugnis eines nicht in staatlicher Verantwortung stehenden Publikationsorgans wie der Spiegel überlassen bliebe." Der liberale Publizist geht vorsichtshalber vom worst case-Szenario aus - aber nur um endgültig Absolution erteilen zu können. Er bezeichnet den Vorgang als "Hinrichtung", also wirkt sie auch in seinen Augen wie ein potentieller hoheitlicher, der Gerechtigkeit dienender Akt. Vielleicht chartakterisiert er sie deshalb als tragisch, als ein Fehlurteil also, aber kein Verbrechen, schon gar nicht eine staatsterroristische Handlung, sondern schlimmstenfalls eine unglückliche Verstrickung in die das unergründliche Schicksal den Schützen und seinen Staat getrieben hat. Die Katharsis, die Schueler sich vorstellt, ist einfach - der Apparat soll sich zum Mord bekennen. "Es gibt keine Staatsräson, die es rechtfertigte ein Unrecht zu verheimlichen." redet der Autor den Verantwortlichen ins Gewissen - und gibt damit zu, daß es sehr wohl eine Staatsräson gibt, die erlaubt ein Unrecht zu begehen - und was ist schon ein Unrecht, im Staat, der selbst Recht setzt? Schueler führt seinen Gedankengang konsequent zu Ende: "Der Verdacht, ein Mensch sei von Staats wegen von denen hingerichtet worden, die ihn seinem Richter erst zuführen sollten, wiegt, wenn er erhärtet wird, schwerer als der Schuldbeweis." Es ist in Bad Kleinen, wie in Hoyerswerda, Mölln und Solingen - Deutschland soll leben, auch wenn andere sterben müssen. Nicht die Ermordung eines Staatsfeindes ist ein Problem, der Verdacht, der auf seinem Staatswesen lastet, kostet Schueler den Schlaf. Das Ansehen der Bundesrepublik muß gewahrt werden, dafür wird jeder Preis gezahlt.

Der Kommentar von Hans Schueler in der Zeit vom 9. Juli 1993 ist nicht die Ausnahme, er fließt ein in den Mainstream des bundesdeutschen Journalismus in diesen Tagen und Wochen. Einen Tag später veröffentlicht beispielsweise Jürgen Busche in der Süddeutschen Zeitung ein Gesamtkunstwerk, in dem Denunziationen, grammatikalische Entgleisungen und Politikberatung bemerkenswert komponiert und komprimiert worden sind: "Nicht so sehr die Tatsache, daß Beamte des Bundeskriminalamtes, eine besonders ausgebildete Polizeitruppe, und wer weiß, wer noch am Ort des Geschehens versagt haben, muß zu ernstesten Sorgen Anlaß geben. Mehr als alles andere stimmt bedenklich, daß die polizeiliche und politische Vorgehensweise bei der Terrorbekämfung genau die Wahnideen zu bestätigen scheint, von deren Unzerstörbarkeit eben der linke Terrorismus in den Köpfen etlicher fanatischer Menschen lebt." Fanatisch, terroristisch, Wahnideen - Busche würde die RAF und die, die er für ihr Umfeld hält, augenscheinlich lieber in die Psychiatrie einweisen, als in den Knast. Mehr als alles andere treibt aber auch ihn die Sorge um, daß als Ergebnis von Bad Kleinen der Rechtsstaat als das erkannt werden könnte was er ist - was Busche an sich egal wäre, wenn nicht die Gefahr bestünde daß dieser Klärungsprozeß der RAF nützen könnte. Und auch Busche steht mit seinen Sorgen nicht allein: "Es ist kaum zu fassen, wie Politiker und Behörden durch Verzögerungen, durch Mangel an Klarheit und Wahrheit der RAF die Argumente liefern." Nicht einmal die FAZ mag in diesen Tagen die Hinrichtungs-Version, die am wahrscheinlichsten wirkt, ganz ausschließen - und stimmt deswegen ein in den Chor der liberalen Kollegen. "Es gibt Hinweise, daß einer der Polizisten (...) die Kontrolle über sich verloren hat." heißt es am 3.Juli und am 10.Juli wird, um keinerlei Mißverständnisse aufkommen zu lassen erklärt: "Die Glaubwürdigkeit und letztlich Sicherheit des Gemeinwesens hat Vorrang, solange die Gerüchte brodeln." Soll heißen: Egal was passiert ist, der Kampf gegen den "Terrorismus" hat absoluten Vorrang - vor der Kritik, der Wahrheitsfindung, der Sorge um den Rechtsstaat. Das entspricht auch der Überzeugung der Woche, die schon bevor sie sich als Roman-Herzog-Fan-Blatt restlos dem law and order Populismus verschrieben hat, klarer als andere Medien vorführt, was passieren würde, wenn man die Journalisten, die sich in diesen Tagen, Leitartikler für Leitartikler als die besseren Staatsschützer andienen, nur machen ließe.

In der Ausgabe vom 8. Juli wird auf Seite im Leitkommentar und im Aufmachertext Untergangsstimmung beschworen: "Gute Nacht, Standort Deutschland" dröhnt Manfred Bissinger (immerhin Ex-konkret-Chefredakteur) selber, in den Spalten daneben wird die "Endstation Rechtsstaat" beschworen. In Gefahr und größter Not, das ist beiden Texten zu entnehmen, braucht es einen starken Mann: "Natürlich kann auch in einer Demokratie einer durchdrehen; das ist schrecklich und muß unverzüglich bestraft werden. Dramatisch aber wird der Vorgang (...) durch nicht wahrgenommene staatliche Autorität." Einer, der die Autorität verkörpert, die sich Bissinger wünscht, ist der neue Bundesinnenminister Manfred Kanther: "ein Mann, der als geradlinig und unbestechlich gilt. Eigenschaften, die der neue Mann nun bei der Aufklärung des tatsächlichen Geschehens schnellstmöglich unter Beweis stellen muß." Für den Fall daß Kanther Schwierigkeiten haben sollte, die in ihn gesetzten Erwartungen umgehen zu erfüllen, gibt die Woche in der nächsten Ausgabe schon gute Tips und klärt über grundsätzliche Schwächen der Fahndung auf: Es fehlt auch hier, findet diesmal Tom Schimmeck, der eine, starke Mann, mit allen Kompetenzen, die Führerfigur für den Fahndungserfolg. Statt dessen herrscht ein "Dschungel der Kompetenzen", "heilloses Wirrwarr zwischen den obersten Bundesbehörden", was in der Illustration zum Text dadurch anschaulich gemacht wird, daß beispielsweise die Geheimdienste überhaupt nicht mit dem BKA verkoppelt sind und Generalbundesanwalt von Stahl im Gegensatz zum guten, alten Kurt Rebmann, der sich wenigstens auch mal dafür stark gemacht hat, inhaftierte RAF-Mitglieder zu erschießen, "keine neuen Konturen" entwickelt hat. Ähnlich argumentiert übrigens der gemeinhin ja als kritisch-aufklärerisches Blatt in dieser Affäre angesehene Spiegel, der am 19. Juli beklagt: "(Die Arbeit der Sicherheitsbehörden) ist gelähmt von Streit, Inkompetenz und Parteibuchwirtschaft".
Als Mann fürs Positive, Journalisten sollen nicht nur zersetzend kritisieren, schickt die Woche dann noch ihren eigenen Sonderermittler an die Front in diesem Kampf um das Ansehen Deutschlands In der ersten Folge zeichnet Dagobert Lindlau, BKA-Berater, GSG 9-Vertrauter, Talkmaster und Beschwörer der Organisierten Kriminalität, einen rührendes Portrait der GSG 9, die vor allem trainiert haben soll, wie sie Gegner bekämpft ohne ihnen weh zu tun, oder gar zur Waffe greifen zu müssen. Im zweiten Teil präsentiert Lindlau dann das "Protokoll von Bad Kleinen" - ein Glanzstück an Ermittlungstätigkeit, dessen souveräne Art den Wunsch der kritischen Kollegen, die an Mord glaubten, ihn nicht so schlimm fanden, sondern nur erklärt bekommen wollten, überzeugt haben müßte: "Schüsse aus nächster Nähe werden in den Medien automatisch zur Hinrichtung. Das ist aber falsch. Selbst ein Nahschuß, sogar ein aufgesetzter Schuß kann ein berechtigter Schußwaffengebrauch in Notwehr sein. Dann zum Beispiel, wenn das die einzige Möglichkeit ist, einen feuernden Täter zu stoppen."
Daß ein Zeuge, der seinen eigenen Aussagen und der Gegenrecherche des Spiegel zufolge am Einsatz beteiligt war, den aufgesetzten Nahschuß nicht als Versuch den bereits am Boden liegenden Grams zu stoppen qualifiziert, sondern als gezielte Tötung irritiert Lindlau so wenig wie die ähnlich lautende Aussage der Kioskverkäuferin Joanna Baron: Die eine fertigt er mit einem Nebensatz ab - sie habe bei der BKA-Vernehmung Erinnerungslücken gehabt. Der andere aber "läßt durch Wortwahl und Diktion erkennen, daß er womöglich in der Nationalen Volksarmee oder bei der Volkspolizei der DDR Erfahrungen gesammelt hat." Das sagt, wenn es denn zuträfe, zwar nichts über die Zuverlässigkeit der Zeugenaussage, dokumentiert aber Lindlaus außerordentliche Kreativität bei der im Ermittlungsverfahren Bad Kleinen ungewöhnlich beliebten und erfolgreichen Praxis, Beweismittel durch Gerüchte und Spekulationen zu entkräften.

Die bürgerlichen Medien präsentieren sich in diesen Tagen im Juli, das zeigt diese kleine, tendenziöse und doch repräsentative Presseschau, so demonstrativ deutsch, so überparteilich staatsparteiisch wie schon lange nicht mehr. Gerade in dem Moment, wo die Desinformations-Politik des Staatsapparates so offensichtlich wird, wo die meisten bekanntgewordenen Fakten gegen die Staatsversion sprechen, wo also die Kontrollfunktion der skandalorientierten Medien tatsächlich einmal hätte greifen können, stecken die maßgeblichen deutschen Kommentatoren wie ein Mann zurück. Während ihre Kollegen in den Nachrichtenredaktionen die Tickermeldungen über neue Unterlassungen, Vertuschungsversuche und Widersprüchlichkeiten, brav zu Hundertzeilern verarbeiten, suchen sie fieberhaft einen Ausweg aus der Krise: Ein GSG 9-Mann, schlagen die Politikberater in den Redaktionsstuben ihren Kameraden von den anderen drei Gewalten vor, soll als "durchgeknallt" geopfert, der Mord im übrigen als Mord deklariert und dann auch engagiert entschuldigt oder zur Nebensache erklärt werden. Den Mitgliedern des Krisenstabes von 1977 muß das Herz vor Freude gehüpft sein - mit dieser wie von selbst vereinheitlichten Presse im Rücken hätten sich die "Selbstmorde" von Stammheim auch gut und gerne als offene Hinrichtungen exekutieren lassen.
Gegen dieses einheitliche Bild, das die Medien zu diesem Zeitpunkt abgeben spricht vor allem, daß tatsächlich wesentliche Informationen, die die Mordversion glaubwürdig erscheinen liessen, von den Medien, vor allem von Monitor und dem Spiegel veröffentlicht worden sind. "Die drei Gewalten haben nach (!) Bad Kleinen versagt." zieht Christian Semler in der taz vom 6. Juli deswegen als seine Bilanz, "Die vierte Gewalt, die unabhängigen Medien - sollten ihren Triumph nicht auskosten. Denn es steht etwas auf dem Spiel , das zu zerbrechlich ist." Semler, der offensichtlich der Auffassung ist, daß die drei Gewalten in Bad Kleinen selber nicht versagt haben, schreibt nicht ganz präzise, was denn so zerbrechlich ist, daß die Medien sich zurückhalten sollen. Diese Mischung aus scharfer Kritik und vagen Forderungen durchzieht aber auch die Berichte der anderen, im allgemeinen sprachlich versierteren kritischen Medien. Wahrscheinlich meint Semler, daß die Rechtssicherheit das Gut ist, dem die Medien ihren Triumph opfern sollen - und er kann im Rückblick recht zufrieden sein. Auch die mutigsten Enthüllungsjournalisten haben sich in ihren Berichten zu Bad Kleinen bemüht, diesen Grundkonsens auf keinen Fall zu zerstören.

Daß der Spiegel 1993 anders als nach den angeblichen "Selbstmorden" in Stammheim nicht erst Jahre ins Land gehen ließ, eher er die Seltsamkeiten und Widersprüchlichkeiten der staatlichen Version mit Fakten, die die Anwälte für das Todesermittlungsverahren recherchiert hatten, konfrontierte, markiert keinen Bruch mit der Tradition der Staatsschutz-Berichterstattung. Bemerkenswerterweise stützt der Spiegel seine "Hinrichtungs"-These von Anfang an weniger auf die Aussage der Zeugin Joanna Baron, als vielmehr auf die eines Mannes aus dem Apparat, der selbst bei der Aktion dabeigewesen sein soll und sich nun in "höchster Seelennot" befunden haben soll: "Der Zeuge bat zudem, die Kollegen von der GSG 9 differenzierter zu behandeln - das sind keine Killer." Bemerkenswert ist, daß der Spiegel zwar einerseits den Eindruck erweckte rücksichtslos an der Aufklärung des Geschehens in Bad Kleinen beteiligt zu sein - andererseits aber von vornherein nur ein sehr begrenztes Spektrum von Möglichkeiten (Rache, Affekt einzelner Beamter) zuläßt. Keineswegs wird ernsthaft darüber nachgedacht, ob der Apparat ein Interesse an einer gezielten Eskalation gegen die RAF gehabt haben könnte. Auch der Zusammenhang zu anderen nie wirklich aufgeklärten Todesfällen von RAF-Gefangenen bei Fahndungen und in Gefängnissen wird im Spiegel stets in die gleichen Formeln gekleidet: " Und dann haben wir wieder die gleiche Diskussion wie bei Stammheim - nach den Suiziden von Baader und anderen in der Zelle, die seit 1977 als Legende vom staatlich verordneten Mord herhalten müssen." Gerade in der kritischen Berichterstattung des Spiegel, der immerhin auch die Krisenstabs-Protokolle von 1977, in denen die Gefangenen-Erschießungs-Szenarien enthalten waren, mit langer Verzögerung abgedruckt hat, wird der innere Zusammenhang von Deutschem Herbst und Deutschem Sommer charakteristisch abgehandelt: Die Berichterstattung über den Mord, der in Bad Kleinen eventuell stattgefunden hat, wird benutzt, um die Selbstmordversion des Staates für Stammheim, die auch die Medien übernommen haben, festzuschreiben. Das was Aufgabe eines kritischen Journalismus wäre, die Ungereimtheiten, Vertuschungen und Widersprüchlichkeiten bezüglich Bad Kleinen zum Anlaß zu nehmen, auch das alte von "Pannen" und "Zufällen" geschriebene Kapitel nochmal neu aufzuschlagen und zu interpretieren, wird nicht einmal ansatzweise unternommen. Stammheim wird, den um Jahre zu spät aber immerhin veröffentlichten Fakten der eigenen Berichterstattung zum Trotz, nicht als reales, zu untersuchendes Ereignis genommen, sondern als Chiffre: Als Chiffre für die rücksichtslos-aggressive Propaganda der Linke, in der alles, sogar "Selbstmorde" hergenommen werden, um den Staat schlecht zu machen. "Wieder einmal, wie schon nach dem Selbstmord von Häftlingen im Stammheimer Gefängnis 1977, ist der verheerende Eindruck entstanden, die Terroristen seien die Opfer, nicht die Täter." Eine erstaunliche Formulierung - schließlich ging es ja weder bei den Untersuchungen zum Deutschen Herbst in Stammheim, noch bei den Ermittlungen über Wolfgang Grams Tod, um die allgemeine Frage, ob "die Terroristen" Opfer oder Täter sind, die Frage war, wer ganz konkret den Tod von vier Menschen herbeigeführt hat. Die eigentümliche Formulierung des Spiegel legt eine Sichtweise nahe, in der Grams oder auch Raspe, Ensslin und Baader, auch dann nicht als Opfer eines Mordes wahrgenommen werden dürfen, wenn sie nicht selbst Hand sich gelegt haben. Einmal RAF-Mitglied - immer Täter. Was aber, muß man fragen, will der Spiegel mit einer Berichterstattung, die diesen Ausgangspunkt hat, daß es letztlich darauf ankommt klarzustellen, daß "die Terroristen" so oder so Täter wären und nicht Opfer, wirklich aufklären? Bestenfalls, das wird im Verlauf der Berichterstattung, die ihren deutlichsten Tiefpunkt in der auf Druck der Strafverfolgung, anderer Medien und wahrscheinlich einflußreicher Freunde aus der Politik erfolgten, offenen Distanzierung vom eigenen Zeugen hat, interessiert sich der Spiegel für das Aufdecken einer Panne im System, keinesfalls für die Entdeckung eines kommandierten Mordes. Dafür sorgen natürlich auch die anderen Informanten aus dem Apparat, die die durch gezieltes Streuen von Details über Konkurrenzen, Zwistigkeiten, Versäumnissen und Forderungen aus dem Innenleben der Staatssicherheit die Insider-orientierte Artikelproduktion in Gang halten.

Der Spiegel gibt also eine Fülle von, zum Teil durchaus hochbrisanter Informationen wieder, durch die fehlende Analyse von Hintergründen, durch das Ausblenden von größeren Zusammenhängen und die ideologisierende Einbettung neutralisiert die Redaktion deren Wirkung aber gleich wieder. Besonders deutlich wird das an der Art und Weise, wie Stammheim und Bad Kleinen in Beziehung zueinander gesetzt werden. Dabei wäre es naheliegend gewesen gerade hier genau hinzuschauen, zu fragen, ob die aktuellen Ereignisse nicht die vergangenen in einem neuen Licht escheinen lassen, statt davon auszugehen, daß was schon einmal geleugnet wurde, auch beim zweitenmal nicht geschehen sein kann. Auch eine Reflektion der jeweiligen politischen Konstellation, die beiden Kontroversen um Mord oder Selbstmord zugrunde gelegen hat, ist ausgeblieben: 1977 war die RAF, nachdem sich herausgestellt hatte, daß ihre Geisel-Austausch-Pläne keine Aussicht auf Erfolg hatten und die Entführung der "Landshut" durch das Kommando Martyr Halimeh gescheitert war, vor allen Dingen politisch, letztenendes aber auch militärisch am Ende. In dieser Situation konnte der Tod der Gefangenen, deren Freilassung zu erreichen das Ziel jahrelanger, äußerst riskanter militanter Aktionen war, als Zeichen des völligen Scheitern nach außen und in die Gruppe der Militanten hinein wirken: Man hatte nicht nur die Freilassung der GenossInnen nicht erreicht, sondern nicht einmal etwas gegen ihren Tod unternehmen können. Ein solches Zeichen zu setzen machte aber nur für den Gewinner des Deutschen Herbstes Sinn, den Staatsapparat, dessen Vertreter im Kleinen Krisenstab, wie wir wissen, die Tötung der Gefangenen als Mittel zur Demoralisierung der RAF auch diskutiert hatten. 1993 befand sich die RAF in einer anderen, aber ähnlich grundsätzlichen Krise: Mit ihrer Erklärung vom April 1992, auf bewaffnete Angriffe gegen führende Repräsentanten des Systems zu verzichten, hatte sie für die Gefangenen nichts erreicht. Auch die als strategischer Neuansatz definierte Gegenmacht von unten wollte sich nicht so recht aufbauen lassen. Der Anschlag auf den Knast Weiterstadt hatte zwar Sympathien eingebracht, aber auch keine militante Perspektive eröffnet.Der Staatsapparat hatte deutlich gemacht, daß an ein Entgegenkommen, an ein Ende der RAF ohne "Gesichtsverlust" nicht zu denken war. Und just in dieser Phase wird ein extrem aggressiver Fahndungseinsatz betrieben, dem ein RAF-Mitglied, Wolfgang Grams, unter zumindest sehr merkwürdigen Umständen zum Opfer fällt. Die RAF, die davon ausgeht, daß der Staatsapparat ihren Genossen ermordet hat, steckt in einem Dilemma. Sie müßte jetzt ihrer April-Erklärung zufolge den bewaffneten Kampf wiederaufnehmen (und etliche Kommentatoren haben sie dazu indirekt aufgefordert) - das wäre aber gleichzeitig ihr politisches Ende, denn die Gründe, die sie für den Abbruch der Attentate auf führende Repräsentanten des Systems angegeben hat, waren im wesentlichen grundsätzlicher Art. Reagiert sie nicht mit neuen Anschlägen ist sie militärisch erledigt und damit, weil folgenreicher als die Erklärungen immer die Anschläge waren, auch politisch. Profiteur dieser nicht positiv aufzulösenden Situation ist auch in diesem Fall wieder der Staatsapparat. Was spricht also gegen die Überlegung, daß der Staatsapparat in Bad Kleinen versucht haben könnte, was ihm in Stammheim unvorhersehbarer Weise nicht dauerhaft gelungen ist: die RAF endgültig zu erledigen?

Hier lohnt sich ein Blick auf die Berichterstattung der taz, einer Zeitung, die es ohne den Deutschen Herbst wahrscheinlich nicht geben würde, für die die Verbreitung von Gegenöffentlichkeit, das Durchbrechen von Nachrichtensperren und Denkblockaden einmal Programm gewesen ist. Die taz beschäftigt sich ausführlich und umfassend mit den Ereignissen in Bad Kleinen und ihren Nachwirkungen. Stärke der taz-Berichterstattung ist, was unter anderem ihren begrenzten Kapazitäten geschuldet ist, weniger die eigene Recherche, als die kritische Kommentierung der Ereignisse, die Dokumentation von Erklärungen von Birgit Hogefeld und den Anwälten, sowie Interviews, in denen vorzugsweise Leute aus dem Spektrum der "Kritischen Polizisten" und intelligentere Vertreter des Apparats ihre Einschätzung der Ereignisse präsentieren können. Die Perspektive aus der heraus die meisten taz-Artikel und -Kommentare verfasst sind, ist realpolitisch - ihr Ziel sind die bessere Fahndung, die menschlicheren Haftbedingungen, die erfolgreichere Abwicklung des Konflikts zwischen Staat und RAF. Dieses Geschäft läßt sich so engagiert nur betreiben, wenn man sich sicher ist, daß es eine gemeinsame Grundlage mit denen gibt, auf die man einwirken will. Die taz, das wird gerade in ihren Versuchen Bad Kleinen zu bewältigen deutlich, glaubt an das Gute im deutschen Staat. 1977 kann deswegen von ihr nicht als Jahr der Vernichtungs-Phantasien und des Staatsterrorismus beurteilt werden, sondern nur als verhängnisvolles Scheitern einer Kultur des Dialogs, die jetzt mit aller Macht gerettet werden muß. "Jetzt rächt es sich", schreibt taz-Leitartikler Christian Semler in seinem "Kurzen Rückblick von Bad Kleinen auf das Jahr 1977", "daß ein Dialog aller beteiligten Akteure über den Deutschen Herbst bis heute unmöglich war." (taz 3.7.1993). Warum es unmöglich war schreibt Semler nicht - und er kann es auch nicht, weil er und mit ihm die Mehrheit der Redakteure der taz sich so sehnlichst ein Ende der militanten Angriffe wünschen, die sie in einen Loyalitätskonflikt aus ihren Gründerzeiten stürzen, daß sie die Gründe für die Guerilla-Politik der RAF genausowenig analysieren wie die Staatssicherheitspolitik des Apparates, sondern immer nur nach neuen Punkten suchen, an die ein Vorschlag für das Ende des Kampfes geknüpft werden kann. "Die Forderung von Stahl zu feuern, ist deshalb keineswegs eine bloß formale Geste", räsonniert Semler, "In ihr könnte sich der Anspruch geltend machen, die Frage, wer wen mit welchen Mitteln zu bekämpfen hat, endlich in die Arena zurückzuverweisen, in die sie gehört: die der vernunftgeleiteten demokratischen Diskussion." In dieser Arena der Diskussion, in der Forderungen als Anspruch auf Zurückverweisung die Vernunft herausfordern, hat sich dem damaligen Chefredakteur der taz Micha Sontheimer, ein Mann schon als Gladiator für die Demokratie ein Denkmal gesetzt: "Bis zum Rücktritt Seiters` erschien es zwangsläufig, daß die Konfrontation zwischen RAF und Staat wieder eskalieren würde (...) Nachdem die Bundesregierung, respektive Rudolf Seiters, einen ebenso überraschenden wie deeskalierenden Schritt getan hat," wollen wir jetzt den heraufziehenden Frieden nicht etwa durch Fragen nach dem "warum" und weitere Überlegungen zu 1977 stören, sondern Hausaufgaben verteilen: "ist es jetzt an der RAF, nicht nach den altbekannten Mustern unnachgiebiger Vergeltung zu agieren." Eine Aufforderung, die von der taz, die im Verlauf der Ermittlungen zu Bad Kleinen so gut wie noch nie mit internen (Des-) Informationen aus dem Apparat versorgt worden ist, noch mehrmals wiederholen wird. Zum Beispiel in einem Kommentar aus Anlaß der Falschmeldung, daß eine Gruppe von Gefangenen kurzzeitig zusammengelegt werden wolle, um das Ende des bewaffneten Kampfes zu diskutieren. Die taz erkennt nicht etwa, daß das ein ganz unsinniges Unterfangen wäre (weil es eine entsprechende Erklärung der Gefangenen bereits gibt), sondern läßt die alte "Kinkel-Initiative", dieses Phantom der staatlichen Deeskalationspolitik, wieder zu Ehren kommen: "Die Kinkel-Initiative muß endlich umgesetzt werden" fordert Micha Sontheimer am 12. Juli 1993 und hat diesmal eine Aufgabe für den Staat parat: "Seit der Deeskalationserklärung der RAF und besonders nach der Katastrophe von Bad Kleinen ist jetzt der Staat am Zuge (...) Warum sollen die Gefangenen nicht endlich die Möglichkeit bekommen, sich in einem Gefängnis zu treffen, um ihr antiquiertes Selbstverständnis einer kritischen Prüfung zu unterziehen? (...) Es gäbe vielerlei zu tun." Auch dieser Vorstoß bleibt allerdings ergebnislos, weil die Gefangenen nun einmal nicht beabsichtigt haben ihr "antiquiertes Selbstverständnis" nach den Vorstellungen der Modernisierer von der taz-Fraktion kritisch zu überprüfen... Am Ende beiben für die taz nur Enttäuschungen: "Mit diesem Scheitern der Zäsur (die die RAF im April 1992 gesetzt hat, O.T.) (wurde) eine vielleicht einmalige Chance für das Ende des RAF-Terorismus verspielt", klagt Wolfgang Gast (30.8.1993). Auch die Mission des V-Mannes Klaus Steinmetz, die taz-Reporter Rosenkranz einfühlsam, als ginge es um sein eigenes Wirken, nachzeichnet, ist gescheitert: "Der mutmaßlich erste V-Mann, den die Staatsschutzbehörden in 23 Jahren an die RAF heranführen konnten war so etwas wie ein Doppelagent. Er hat sich nie vorbehaltlos für eine Seite entschieden. Ja er fühlte sich bis zum Schluß der linken Szene, die seinen Alltag ausfüllte, stärker verbunden als den geheimen Schlapphüten." (taz 2.8.93). Auch der taz bleibt so als Rückzugs-Terrain, von dem aus sie bei nächster Gelegenheit die ganze "jetzt ist die Gelegenheit so gut wie nie"-Chose erneut durchspielen kann, nur das, was auch der Spiegel und so viele andere geschrieben haben: "Die Erschießung des RAF-Mitglieds Wolfgang Grams und deren nach wie vor ungeklärte Umstände bilden den Stoff für die Legenden, mit denen neue Mitglieder für den Untergrund rekrutiert werden." (taz 30.8.1993) Damit liefert die taz auch die Erklärung, warum sie, wie hart die Indizien für einen Mord von Staats wegen auch sein mögen, nie davon abgehen wird, die Legenden des Staatsapparats letztenendes als die wahrscheinlichere Wahrheit wenigstens erscheinen zu lassen: Weil sie sich mehr als für die Fakten für deren Konsequenzen interessiert, weil sie wenn es hart auf hart kommt, auch bereit schein alles zu tun, was verhindert, daß neue Leute "für den Untergrund rekrutiert" werden: Das Ende des bewaffneten Kampfes, nicht das Ende des Staatssicherheitsapaates ist das Ziel ihres vernunftgeleiteten demokratischen Diskurses.
Die taz beantwortet also die Frage, was gegen die Überlegung spicht, daß der Staatsapparat in Bad Kleinen versucht haben könnte, was ihm in Stammheim unvorhersehbarer Weise nicht dauerhaft gelungen ist, gar nicht, weil schon sie zu stellen mit ihrer Berichterstattung nicht vereinbar ist. Eine überraschende Antwort haben dagegen die Autoren des Buches "Operation RAF" parat: Für sie hat sich in Bad Kleinen die These ihres 1993 auf die Bestseller-Listen katapultierten Buches "RAF-Phantom" bestätigt, daß es keine RAF mehr gibt, 1977 mithin, wie auch immer, die Zerschlagung der RAF bereits gelungen ist. Diese Zerschlagung allerdings muß dem Staatsapparat höchst ungelegen gekommen sein, was die Autoren allerdings nicht auf die Frage bringt, wieso sie dann betrieben worden ist, sondern sie zu einer recht gewagten Spekulation motiviert: Sie legen in ihrem Buch nahe, daß Bad Kleinen die Antwort des Staatsschutzes auf ihr "RAF-Phantom" gewesen sei: "Selten haben Bundesanwaltschaft und BKA, aber auch die Verfassungsschutzbehörden, einen Fahndungserfolg so dringend benötigt, wie den von Bad Kleinen (...) Mit der Operation RAF (...) konnten angebliche Führungsfiguren der RAF endlich einmal in persona vorgezeigt werden, mit dem Effekt, daß die leidigen Gerüchte um deren Existenz oder Nicht-Existenz einstweilen verstummten (...)" Die Selbstüberschätzung der Autoren wird jedenfalls nicht durch die erdrückende Beweiskraft der von ihnen aufgeführten Indizien übertroffen: Zwar haben tatsächlich Spiegel und taz unmittelbar nach Bad Kleinen festgestellt, daß die von einigen Autoren zum Phantom erklärte RAF offensichtlich doch existiere - diese Auffassung haben sie in den Jahren zuvor aber auch ohne spektakuläre Show-Downs und Verhaftungen nicht ernstlich aufgegeben. An einem Punkt läßt sich exemplarisch aufzeigen, wie unsolide die "Phantom"-These in Zusammenhang mit Bad Kleinen konstruiert ist: Ausführlich setzen sich die Autoren mit der Erklärung der RAF vom 6. Juli 1993 zu Bad Kleinen auseinander - und halten für ein besonders starkes Indiz gegen die Authentizität des Dokuments, also für die Bestätigung ihrer "Phantom"-These, daß "die Dunkelmänner aus der RAF Beweismittel gegen ihre angeblichen Genossen (liefern). Ein merkwürdiges Verhalten von konspirativen, angeblich linken Revolutionären." Über die seit Bestehen der RAF geübte Taktik, daß ihre Mitglieder sich in Verfahren zu ihrer Organisation (nicht zur Beteiligung an einzelnen Aktionen) bekennen und nicht auf Unschuld plädieren, sondern einen politischen Prozeß führen, kann man trefflich streiten - zur Kenntnis nehmen aber muß man sie: Es ist also keineswegs erstaunlich, daß die RAF Wolfgang Grams als einen der ihren betrauert - es wäre erstaunlich gewesen, wenn sie es nicht getan hätten. Ist dieser Einwand also eher von Unkenntnis geprägt, wirkt der nächste schon unangenehm schmierig: "Die Behauptung, daß Wolfgang Grams hingerichtet worden sei, mag man - nachdem sie sich die unbekannten Briefeschreiber namens RAF zu eigen gemacht haben - selbst gar nicht mehr aufstellen - obwohl man nach Lage der Dinge ohne weiteres dieser Meinung sei könnte." Wahr ist, was von Leuten geäußert wird, denen wir uns verbunden fühlen (...) die journalistische herrschende Meinung in diesem Land hat eben, auch wenn sie als besonders kritische daherkommt, ihre klaren Fixpunkte.

So wenig überzeugend wie der Verweis auf die RAF-Erklärung als Beweis für die Phantom-Existenz der RAF, so unsinnig ist die als politische Analyse verkleidete Behauptung, der Staatssicherheitsapparat benötige die RAF um seine eigene Existenz und die Ausweitung seiner Kompetenzen zu legitimieren. Die Einschränkung von Verteidigerrechten, die Diskussion um den großen Lauschangriff, um die Abkürzung der Strafverfahren, die Ausweitung von Haftgründen, den Einsatz von Bundeswehr an den Grenzen und im Landesinneren wird spätestens seit der Wiedervereinigung Deutschlands nicht mehr mit den Aktivitäten der RAF begründet, sondern mit angeblich steigender "Ausländerkriminaltät", mit dem behaupteten Machtzuwachs der "Organisierten Kriminalität", mit der Bedrohung Deutschlands durch "Flüchtlingsströme" etcpp. In der Politik der Inneren Sicherheit hat längst ein Paradigmenwechsel stattgefunden - der war nötig, weil Voraussetzung für die anstehenden spürbaren Verschärfungen der Polizeipraxis und Entrechtung weiter Teile der Bevölkerung ist, daß überzeugend suggeriert werden kann, nur so ließe sich eine Bedrohung, die "uns alle" angeht abwenden. Daß die RAF eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellt, konnte aber schon lange kaum mehr plausibel behauptet werden - mit der Vereinigung Deutschlands kam als Problem dazu, daß für die Menschen in den neuen Bundesländern, die die jahrelange ideologische Mobilma-chung gegen die RAF nicht miterlebt hatten, "Terrorismus" noch viel weniger furchterregend wirken mußte, eine rassistische Mobilmachung dagegen recht erfolgreich vorangetrieben werden konnte.

Aber das investigativ arbeitende Journalistentrio Landgraeber/Sieker/Wisniewski, das sorgfältig und engagiert wie sonst kaum jemand die Widersprüchlichkeiten und bewußten Lügen der Staatsversion herausarbeitet, fällt in seiner politischen Analyse weit hinter die eigene Recherche zurück. Während sie dort überzeugende Indizien dafür auflisten, daß Wolfgang Grams bewußt auf den Bahnsteig 4 vor die Maschinenpistolen eines geheimen Einsatzkommandos getrieben worden ist, kommen sie in ihrem Resümee zu dem an Naivität kaum mehr zu überbietenden Schluß: "Zum ersten Mal wurde für jedermann ofensichtlich: Bei der Fahndung nach der RAF geht es nicht mit rechten Dingen zu (...) Man stelle sich vor, Wolfgang Grams wäre noch am Leben: (...) Bei der Vielzahl der vernichteten Spuren und widerspüchlichn Zeugenaussagen wäre für ihn ein Freispruch aus Mangel an Beweisen im Bereich des Möglichen gewesen." Tatsächlich ist die Geschichte der Fahndung nach der RAF voller "Pannen", die aber, wie auch Bad Kleinen, die Öffentlichkeit nie nachhaltig beunruhigt haben - und einen Freispruch aus Mangel an Beweisen als Möglichkeit zu unterstellen ist angesichts der Geschichte der real existierenden RAF-Prozesse dermaßen absurd, daß man, wendete man die Bewertungs-Methode der Autoren auf ihr eigenes Produkt an, sie umstandslos als "Landgraeber/Sieker/Wisniewski-Phantom" entlarven müßte, das in geheimem Auftrag versucht die politischen Verhätnisse hierzulande als im Großen und Ganzen gut bestellt darzustellen - wenn da nicht ein paar Hardliner in den Apparaten wäre, die auch "eine schallende Ohrfeige ins Gesicht all jener redlichen Ermittler (verteilt haben), die sich seit Jahrzehnten mühen, kriminalistische Methoden zuverlässiger zu machen und damit mehr Rechtssicherheit im Strafverfahren zu schaffen. Ihre Arbeit wurde durch die polizeilichen Pfuscher von Bad Kleinen mit Füßen getreten." Die Hausdurchsuchung, die das BKA bei den Autoren durchgeführt hat, wäre, richtete man auf sie einen so schrägen Blick, wie sie auf die RAF, nur ein zusätzliches Indiz für die Phantom-These: Wie sonst ließe sich der Ruf des Trios besser festigen, als wenn man sie in die Nähe von Staatsfeinden rückte. (...)

Sie sind es, das versichern sie in ihrem Buch "Operation RAF" so oft es geht, gewißlich nicht. Und deswegen ist auch für sie, ihren sonstigen phanatsievollen Ausschweifungen zum Trotz, zu Bad Kleinen im Ergebnis wenig mehr eingefallen, als "polizeiliche Pfuscharbeit" zu konstatieren.Womit auch dieses Trio in der Konsequenz mit den anderen Kollegen konform geht, die in dieser brisanten Situation in all ihren hunderten von Texten nicht zu einer Aufklärung beitragen, sondern den Übergang zur Tagesordnung vorbereiten: Denn die eine Botschaft wird konsequent und von allen transportiert - egal was in Bad Kleinen geschehen ist, tiefgreifende Konsequenzen werden daraus nicht zu ziehen sein. Ein paar Rücktritte, eventuell die Auflösung einer Polizeisondereinheit - das zu fordern ist alles, was der parlamentarisch orientierten Opposition und Öffentlichkeit in Deutschland noch einfällt.