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Krieg Krise Friedensbewegung In Gefahr und höchster Not bringt der Mittelweg den Tod Dezember 1983

Neue Formen der Reichtumsakkumulation und Herrschaftssicherung

Die eigentliche Ursache der Krise, nämlich der Fall der Profitrate, würde durch eine totale Unterwerfung und Integration des Ostblocks unter kapitalistische Verwertungsbedingungen zwar aufgehalten, aber nicht grundsätzlich umgekehrt. Um die Profitrate auf neuer, höherer Stufe zu realisieren, bedarf es einer grundlegenden Veränderung im weltweiten politökonomischen Verhältnis zwischen Kapital und Unterklassen, vermittelt über neue strategische Sektoren und eine Neustrukturierung der Produktionsformen. Das heißt aber, daß das Nachkriegsmodell, das durch Fließband und industrielle Massenproduktion samt Massenarbeit und Vollbeschäftigung gekennzeichnet ist und in dem Auto-, Elektro- und Chemieindustrie die entscheidenden Quellen der Profitmaximierung sind, ausgereizt ist und daß in der organischen Zusammensetzung des Kapitals, also im Verhältnis von toter, angehäufter Arbeit und lebendiger Arbeitskraft, eine ganz entscheidende Verschiebung zugunsten des fixen Kapitals vollzogen wird.

Als neue strategische Sektoren gelten neben der Biotechnologie und der Mikroelektronik der Energiesektor, der Nahrungsmittelsektor sowie die Rohstoffausbeutung der Meere und Pole. Das Entscheidende an diesen Sektoren was ihre strategische Qualität erst ausmacht ist, daß sie in der ausschließlichen Verfügungsgewalt des westlichen Imperialismus liegen müssen. Denn allein die Tatsache, daß alle anderen Mangel an diesen grundlegenden Lebens- und Produktionsressourcen leiden, macht sie zu Profitquellen in wahrhaft unbegrenzter Höhe. Über dieses Verhältnis: ausschließliche Verfügungsgewalt/weltweiter Mangel lassen sich jeder Preis diktieren und grenzenlose Extraprofite realisieren. In diesem Verhältnis liegt darüberhinaus ein ungeheurer Zuwachs an Kontrolle über die Existenzbedingungen der weltweiten Unterklassen und subsumierten Völker, was der Vision einer totalen Herrschaftssicherung des westlichen Imperialismus näher kommt als je zuvor.
Am Energiesektor weil am weitesten vorangetrieben läßt sich am besten verdeutlichen, was damit gemeint ist. Bekanntlich sprudelt der Energieträger Nr. 1 das Erdöl ja nicht am ergiebigsten auf dem Territorium des freien Westens, sondern im Orient. Diesem Mißstand der Natur wird seit den 70er Jahren energisch entgegengearbeitet. Dabei hatten die Ölländer niemals die Verfügungsgewalt über ihre Energiequellen, sondern nur den Eigentumstitel, der ihnen mit einer schäbigen Grundrente abgegolten wurde. Die entscheidenden Erschließungs-, Abbau- und Transporttechnologien lagen immer ausschließlich in den Händen des westlichen Imperialismus. Mit dem Energieprojekt Project independence wurde beschlossen, auch diesen schmerzlich vermißten Eigentumstitel in die Metropolen zu holen. Denn eine Abhängigkeit in diesem strategischen Bereich ist für die Industrie untragbar.
Die OPEC-Staaten vollzogen die von der Abteilung Brennstoffe und Energie des US-Außenministeriums forcierte Ölpreiserhöhung praktisch nur nach. Sie machten damit gezwungenermaßen den Weg frei für ein Programm, das einerseits über die hochgetriebenen Ölpreise den schwierigen und teuren Abbau der eigenen metropolitanen Ölquellen profitabel machen und andererseits mit einem Billionen-Dollar-Aufwand die Entwicklung neuer, unabhängiger Energiequellen mit Hilfe von Atomspaltung und -fusion, Solartechniken und Erdwärme vorantreiben soll. Das bedeutet die Rückverlagerung des Energiesektors in die Metropolen, um dadurch die bisher eingeschränkte, weil nur technologische, Verfügungsgewalt zu einer totalen zu machen.
Die gleiche Entwicklung läßt sich auf dem Nahrungsmittelsektor38 beobachten: Weizen als eine der mächtigsten Waffen gegenüber dem Ostblock und den Entwicklungsländern! (US-Landwirtschaftsministerium) das ist keine Übertreibung, sondern beweist, wie weit die strategische Kontrolle speziell der USA auf dem Nahrungsmittelsektor gediehen ist. Voraussetzung dafür war und ist die Ruinierung der bäuerlichen Subsistenzwirtschaft in der 3. Welt und die überdimensionale Subventionierung der westlichen Agrarmärkte, an der die Exporteure der 3. Welt regelmäßig scheitern.
Mittlerweile wächst im Zuge des kometenhaften Aufstiegs der Biowissenschaften ein weiteres Instrument zur Unterwerfung der Welternährung unter die Kontrolle des Imperialismus heran, das riesige Profite verspricht. Längst haben sich die Giganten unter den Erdöl-, Chemie- und Agrokonzernen in die Saatgutbranche eingekauft, um sich Patent und Verfügungsgewalt über die genetische Konstruktion der Lebensmittel der Zukunft zu sichern. Von einer zweiten Phase der grünen Revolution ist die Rede, die direkt an der Wurzel der Nahrungsproduktion der Züchtung von Saatgut ansetzt. Superpflanzen aus den molekular- und zellbiologischen Laboratorien einiger dutzend Transnationaler wie Shell39 oder Ciba-Geigy40 werden die Ruinierung des über Jahrtausende gewachsenen Reichtums unterschiedlichster Agrokulturen weiter forcieren und die Abhängigkeit der weltweiten Nahrungsmittelproduktion von den Investitionsentscheidungen und Gewinnmargen jener Konzerne zementieren.
Die industrielle Verwertung biotechnischer Grundlagenforschung geht jedoch weit über den Nahrungsmittelsektor hinaus. Die Reproduktion von Natur bedeutet einen entscheidenden Durchbruch hin zu neuen Herstellungsverfahren und Produkten, zu neuen Märkten und Profitquellen. Bakterienfabriken werden zur Produktionsstätte biologischer Wirkstoffe und chemischer Grundstoffe, die Wiederaufbereitung und Substitution von Rohstoffen durch genetisch manipulierte Organismen liegt im Bereich des Machbaren. Und jenseits dieses Milliardengeschäfts, das die Biotechnik eröffnet, liefert sie das Rüstzeug für eine perfekte qualitativ neue Bevölkerungskontrolle, die auch vor dem direkten Zugriff auf Köpfe und Körper vor allem Frauenkörper nicht zurückschrecken wird, wenn es gilt, den Menschen an die veränderten Verwertungsbedingungen anzupassen.
Parallel zu diesen Projekten sichert sich der westliche Imperialismus zur Zeit auf den Seerecht- und Antarktiskonferenzen über die Nahrungsmittel und Bodenschätze der Meere und Pole die entscheidenden Eigentumstitel nach dem Motto: die Meere und Polen sollen denen gehören, die über die Mittel und Technologien verfügen, sie auszubeuten.
Was die Beschlagnahme des Weltraums betrifft, so hat im All noch nie ein anderes Prinzip gegolten. Waren die Raumflüge allerdings bislang vor allem militärischen Erwägungen und imformationstechnischen Experimenten vorbehalten, so steht nun der Sprung in die Industrialisierung des Alls an. Die vollautomatisierte Fertigung unter den besonderen physikalischen Bedingungen des Weltraumes wie Schwerelosigkeit, Vakuum und extremen Temperaturunterschieden befindet sich zwar noch in der Anfangsphase, dennoch versprechen sich die Großunternehmen von Produkten Made in Space heute schon derartige Gewinne, daß sie Riesensummen in dieses Zukunftsprojekt investieren. Auf diesem Gebiet ist wohl die sowjetische Konkurrenz mit ihrem intensiv vorangetriebenen Weltraumprogramm mehr als nur lästig.
Die Sowjetunion stellt aber auch das Haupthindernis dar für das Projekt der weltweiten, ausschließlichen Kontrolle über alle entscheidenden Ressourcen. In ihren riesigen, aber schwer zugänglichen Bodenschätzen in Sibirien liegt für sie die Möglichkeit zur Autarkie beschlossen. Diese muß gebrochen werden, d.h. die Sowjetunion soll konkret über Verschuldung und einen gigantischen Rüstungsetat daran gehindert werden, die schwierigen Technologien für die Erschließung und den Abbau ihrer Naturressourcen zu entwickeln. Das Ziel dabei ist, ihr wie dem Nahen Osten das Grundrentemodell aufzuzwingen, sie mit Abschlagszahlungen für die Nutzungsrechte abzuspeisen, während der westliche Imperialismus Erschließung und Abbau kontrolliert und den Preis diktiert. Die sprunghafte Erhöhung der Erdöl- und Weizenpreise Anfang der 70er Jahre eröffnete jedoch noch eine weitere Dimension: damit wurde eine weitgehende Abschöpfung der Masseneinkommen in den Metropolen, die Aufsaugung der Devisenbestände des Ostblocks und die Abpressung der letzten Bonitäten der 3. Welt erzwungen (Selbst das, was die OPEC-Staaten daran profitierten, floß in Form des Petro-Dollar-Recycling41 wieder in die Metropolen zurück). Über dieses externe Zwangssparen saugten die imperialistischen Zentren Billionenbeträge ab für eine gigantische Kapitalansammlung, mit deren Hilfe die umfassende Neustrukturierung der Weltökonomie zu ihrem ausschließlichen Nutzen finanziert werden soll.
Und noch etwas kennzeichnet die neuen strategischen Sektoren: sie sind in nie gekannter Weise kapitalintensiv, ermöglichen einen riesigen Investitionsboom, ohne gleichzeitig große Arbeiterheere neu zu erzeugen. Im Gegenteil in ihnen wird die Nachfrage nach lebendiger Arbeitskraft auf ein Maß zurückgeschraubt, daß mit Fug und Recht von der Abschaffung der Arbeiterklasse in diesen Bereichen gesprochen werden kann. Das heißt, sie sind strategisch auch in dem Sinn, daß in ihnen mit der Eliminierung lebendiger Arbeit der Klassenkampf abgeschafft wird. Das ist in der Tat ein ganz entscheidender Schritt zur totalen Herrschaftssicherung.
Die Extraprofite der neuen strategischen Sektoren, die sich heute schon in den Öl- und Weizenpreiserhöhungen realisieren, setzen einen Mechanismus von Geldschöpfung jenseits von Arbeit und Mehrwert in Gang, der auch zum Rentabilitätsmaßstab für Investitionen im Produktionsbereich wird. Das heißt, diese müssen sehr mehrwertintensiv sein, um angesichts der Geldschöpfung von Weizen und Öl noch profitabel zu sein. Dieser innere Zusammenhang erhellt den Hintergrund für die so vehement beklagte Investitionsunlust unserer Unternehmer, ihre mangelnde Risikobereitschaft und erklärt, warum statt dessen die Kapitalmärkte anschwellen und die Spekulationsbörsen florieren. Das Kapital nutzt nur noch die extremsten Bedingungen für seine Produktion. Das bedeutet selbstverständlich nicht seinen Rückzug auf einige wenige ökonomische Inseln, sondern die Zerschlagung aller wirtschaftlichen und politischen Strukturen, die dieser extremen Profitrealisierung im Wege stehen.
Haupthindernisse sind dabei das klassische Fabriksystem und die freie Lohnarbeit. Die Fabrik als Konzentrationspunkt des Lohnarbeit/Kapital-Verhältnisses und damit als Zentrum des Klassenkampfes wird systematisch auseinandergebrochen und neu zusammengesetzt, wie es z.B. FIAT42 vormacht. Ihr Kern soll weitgehend arbeitsfrei gemacht werden. Hierauf konzentrieren sich Rationalisierung und der Einsatz von numerisch gesteuerten Maschinen, von Robotern und von Computern, um Störungen im Produktionsablauf und den Klassenkampf außen vor zu halten. Doch hat die Rationalisierung neben ihrem ökonomischen Kalkül auch ein wesentlich politisches:
Menschen zu trainieren, damit sie ihre unregelmäßigen Arbeitsgewohnheiten ablegen und sich mit der unveränderlichen Regelmäßigkeit des komplexen Automaten identifizieren. (Ure)
Alle anderen Bereiche werden möglichst ausgelagert, damit die Klasse nirgends mehr zentriert wird, sondern automatisiert, um sie in entgarantierten Arbeitsverhältnissen, also jenseits aller rechtlichen und lohnvermittelnden Beziehungen, extrem vernutzen zu können. Dies wird sich zunehmend unter den Bedingungen von Kontraktarbeit, Leiharbeit, Teilzeitarbeit, Saison- und Heimarbeit und illegaler Beschäftigung vollziehen bzw. in Form unentlohnter Arbeit wie der sogenannten Eigenarbeit, der Subsistenzarbeit und der meist vergessenen Hausarbeit kurz: Arbeit, die angeeignet und nicht gekauft wird.
Die Wahrnehmung nur noch der extremsten Bedingungen der Kapitalverwertung wird das Heer der Überflüssigen ständig anwachsen lassen und zunehmend auch billigste Arbeitskraft unvernutzt lassen. So ist speziell in der 3. Welt die Tendenz zu beobachten, daß der Imperialismus regionales Verhungernlassen der Ausbeutung der Arbeitskraft vorzieht.
Das ist die Antwort des Kapitals auf den Streik- und Kampfzyklus der Unterklassen von 1967-74 und gleichzeitig der Hebel zur Abschaffung der freien Lohnarbeit, auch für ihren eigentlichen Exponenten, den weißen männlichen Metropolenarbeiter, dessen Freiheit idealtypisch darin bestand, seine Arbeitskraft für eine permanente Anstellung und einen Lohn, der zur Reproduktion einer Familie ausreicht, zu verkaufen. Der Prototyp dieses als zentral definierten Produktionsverhältnisses war immer nur eine Form der Ausbeutung, nur in einer bestimmten Phase des Kapitalismus vorherrschend und auf einige wenige Regionen der Erde, nämlich die Zentren der Kapitalakkumulation, beschränkt. Die Abschaffung der garantierten, entlohnten Arbeit bedeutet daher die Verallgemeinerung von Arbeitsbedingungen, denen die Mehrheit der Menschen in der 3. Welt und die Frauen schon lange unterworfen sind; denn die wilden Früchte ihrer Arbeit waren seit jeher die stofflichen Grundlagen für den Reichtum in den Metropolen.
Ich glaube, daß wir den historischen Moment erleben, in dem die Säule- kapitalistischer Produktion, der freie Lohnarbeiter oder Proletarier, auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Es handelt sich um eben jenen Arbeiter, der seit dem 19. Jahrhundert die klassische- Figur des vom Kapital ausgebeuteten und daher auch subjektiv zur Umwälzung der Gesellschaft Berufenen abgibt, zumindet was die Meinung der Linken betrifft. Aber auch die Nichtlinken hatten im wesentlichen diesen Arbeiter im Blick, wenn sie ihn auch nicht Proletarier nannten, sondern Mittelschicht, schweigende Mehrheit- etc. Denn Proletarier ist nicht nur der Fabrikarbeiter, sondern grundsätzlich jeder, der seinen Lebensunterhalt in erster Linie mittels eines Lohnes (bzw. eines Gehalts) bestreitet. Dieser Typ des Lohnarbeiters stellte bei uns immerhin eine Art Mehrheit dar, er trug die Gesellschaft, die Demokratie, er war Wähler (aus: Frauen, die letzte Kolonie43)
In der feministischen Theorie wird schon seit längerem darauf hingewiesen, daß mit der Abschaffung der klassischen Lohnarbeit auch ihre Entsprechung, das klassische revolutionäre Subjekt, verschwindet und die Frage nach dem zukünftigen Protagonisten revolutionärer Veränderungen ganz neu und viel umfassender gestellt werden muß.
Darüberhinaus wird die Zerschlagung der überkommenen wirtschaftlichen Strukturen zu knallharten politischen Konsequenzen führen, denn damit werden auch deren politische Entsprechungen, die bürgerlichen Demokratien, absolut. Das Kapital schickt sich an, die Gesellschaft mit ungeheurer ökonomischer und sozialer Gewalt umzuwälzen, die in ihrer Brutalität den vorausgegangenen Akkumulationskrisen und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen um nichts nachstehen wird. Der Staat als politischer Garant dieses Prozesses der schöpferischen Zerstörung wie ihn das Kapital zu charakterisieren beliebt und der in Wirklichkeit ein menschlicher und gesellschaftlicher Vernichtungsprozeß ist, wird diese Aufgabe in seiner jetzigen organisatorischen und politischen Form und dem Maß an institutioneller und technologischer Gewalt, über das er heute verfügt, nicht gewährleisten können. Die provozierten Spannungen und Brüche werden viel zu explosiv sein, um sie mit dem herrschenden System der Regierungen der knappen Mehrheiten unterdrücken zu können. So werden denn auch in den Stäben der Trilateralen längst neue Herrschaftsmodelle projektiert, da die Regierungssysteme der westlichen Hemisphäre zu demokratisch geworden sind. An der Entpolitisierung von Schlüsselproblemen wie Rüstung, Arbeitslosigkeit und Inflation wird gearbeitet und daran, wie sie der demokratischen Kontrolle zu entziehen seien. Welche Formen die heraufziehenden metropolitanen Zwangsstaaten letztlich annehmen werden, läßt sich nicht vorherbestimmen, zumal solche Planungen sich in der Konfrontation mit der Realität immer wieder verändern. Jedenfalls werden die neuen Herrschaftsinstrumente der globalen Erfassung, Kontrolle und Überwachung bereits mit fliegender Eile entworfen. Wir waren lange Zeit mit der ehemaligen Gauche Proletarienne44 der Meinung, daß heute nicht mehr der Faschismus das Innenministerium erobern muß, sondern das Innenministerium viel effektiver und reibungsloser durch den strukturellen Faschismus des Überwachungsstaates das Land kontrolliert. Wir sind uns da nicht mehr so sicher, ob das ausreicht und glauben, daß diese Einschätzung den heute bereits zu Ende gehenden politökonomischen Verhältnissen der Nachkriegsära entsprang.
Wenn heute die Herrschenden sagen, sie müssen auf jeden Fall die Schlacht um die Seelen der Völker gewinnen, dann deutet das an, daß allein mit Überwachen, Einbetonieren, Atomisieren und Telenarkose eine Ruhigstellung des Patienten nicht mehr garantiert ist.
Das kapitalistische System des freien Westens hat jenseits seines Warenangebots in den letzten 40 Jahren keine Legitimation gebraucht. Jetzt wird es eine brauchen, und da es keine gibt, wird es ideologisch und gesellschaftlich-organisatorisch mobil machen müssen, um die drohenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, die Revolten, Randalen und Riots umzubiegen und zu kanalisieren. Die einzige radikale Kampfideologie jedoch, über die der Imperialismus verfügt, ist das Faschismus-/Sexismus-/Rassismus- und Nationalismus-Syndrom. Die ersten alarmierenden Auswirkungen dieser geistig-moralischen Wende sind in allen Metropolenländern zu beobachten. Immer systematischer wird das durch soziale und wirtschaftliche Verelendung erzeugte individuelle und gesellschaftliche Haß- und Verzweiflungspotential nach unten kanalisiert und explodiert in Frauenhaß und Ausländerhatz, verkehrt sich in die Einkreisung der anderen, der Nichtdeutschen, der Nichtmänner, der Nichtweißen und soll sich zunehmend in militärischen Interventionen auf den Malvinen, im Tschad, im Libanon und auf Grenada nationalistisch befriedigen.
Genauso systematisch wird die Brutalisierung von Kindern und Jugendlichen über Video-Gewalt und -Vergewaltigung und Feindbild-Telespiele forciert, die sich dann bei Fußballspielen, der Jagd auf Türken und zunehmenden Gruppenvergewaltigungen ihre faschistoiden Höhepunkte ganz von selbst verschafft. Die Hölle, das sind die anderen. (Sartre) Gewalt gegen Frauen und die anderen das ist die neue Ware, die als software Videorecorder, Computer und Telespiele erst möglich macht. Hier sehen wir, daß Krieg als Krisenlösung bereits stattfindet in den Köpfen und im Unterbewußtsein von Millionen junger und alter Männer in dieser Gesellschaft, daß die Aggressionen gerichtet werden auf Frauen, Ausländer, Farbige, Unterentwickelte.
Nur in scheinbarem Gegensatz zu diesen aggressiven polit-ökonomischen Strategien stehen die biederen Figuren eines abgetakelten Schauspielers45 oder eines behäbigen Pfälzers.46 Sie sind vielmehr die idealen Protagonisten eines knallharten Imperialismus nach innen und außen mit gottesfürchtigem Herz und wabberndem Gemüt. Auch ihre so oft beklagten oder bespöttelten Unzulänglichkeiten ziehen unermüdlich Konzentration auf sich und von den brutal geschaffenen Fakten ab. Fakten, die mit reaktionärem Konservativismus oder Rezepten der 50er Jahre nichts zu tun haben und dafür umso mehr mit den neuen imperialistischen Strategien, die

die 3. Welt völlig ruinieren;

den Zerfall des Ostblocks und seine totale Unterwerfung unter kapitalistische Verwertungsbedingungen mit allen politökonomischen und militärischen Mitteln verfolgen;

in den Metropolen die freie Lohnarbeit abschaffen, um die Klasse zu atomisieren und unter extremsten Bedingungen vernutzen zu können;

gesellschaftlich mobil machen, um das Haß- und Verzweiflungspotential, das dieser sozialen Verelendung entspringt, nach unten auf Frauen, Ausländer, die anderen zu konzentrieren;

und sich anschicken, über die Besetzung neuer strategischer Sektoren die Grundvoraussetzungen jeglicher menschlicher Existenz und Produktion nämlich Nahrungsmittel, Energie und Rohstoffe ihrer ausschließlichen Verfügungsgewalt zu unterwerfen.

Diese Analyse der aktuellen und zukünftigen Imperialismusstrategien haben wir nicht gemacht, weil wir die heutigen Verhältnise zu gemütlich finden und deshalb eine Horrovision an die Wand malen in der Hoffnung, damit die Leute zu agitieren. Das Gefühl der Ohnmacht war noch nie eine gute Antriebskraft, aus der heraus revolutionäre Energie erwachsen kann.

Wir haben diese Analyse gemacht, weil die Nachrüstung in den imperialistischen Strategien nur ein Puzzlestein ist, der aus seinem Zusammenhang gelöst nicht zu verstehen ist. Die Flut von Scheindiskussionen, die uns seit Jahren überschwemmt, ist dafür der beste Beweis. Nur wenn wir die Hintergründe der Stationierung, ihren imperialistischen Zweck, zu begreifen versuchen, haben wir eine Chance, Spaltungs- und Herrschaftsmechanismen zu durchschauen und Bruchstellen im Projekt der Zukunft auszumachen, an denen sich Widerstand entwickeln kann. Andernfalls werden von unseren Unklarheiten immer die profitieren, die die Betreiber einer neuen Weltordnung sind.

Lauer Herbst und kalter Winter?

Was eine Bewegung im Bewußtsein ihrer Anhänger bedeutet und welche objektive Rolle in der Geschichte sie tatsächlich einnimmt, muß nicht dasselbe sein. Die Friedensbewegung hat begünstigt durch ihre Zusammensetzung und durch ihre Struktur schon immer zwischen Radikalisierung und Anpassung laviert und steht mittlerweile an einem entscheidenden Punkt. Denn so aufrichtig und zum Teil unbekümmert die Beweggründe der Mehrzahl ihrer Mitglieder auch sein mögen was sie als politische Kraft in ihrer Gesamtheit hinterläßt, selbst wenn die Raketen längst stationiert sind, weist über ihren unmittelbaren Anlaß und ihr erklärtes Ziel hinaus und birgt die Gefahr in sich, daß zwar nicht die Pershing 2, wohl aber die radikale Linke und zentrale Inhalte ihres bisherigen Selbstverständnisses auf der Strecke bleiben.

Dem widerspricht nicht, daß es innerhalb der Friedensbewegung von Beginn an minoritäre Gruppen gegeben hat, die deren Abgleiten zur verstaatlichen Protestform durch die hartnäckige Behauptung autonomer Handlungsspielräume aufzuhalten versucht haben. Die Gegendemonstranten in Krefeld47, jene Frauen, die im Hunsrück48 auf ein Militärgelände vordringen und es kurzfristig besetzen konnten, die vielen Friedensinitiativen, die die Blockaden nicht nur als spielerische Selbstdarstellung, sondern als ernsthaften Versuch der Störung und Behinderung der Kriegstreiberei begriffen und praktiziert haben sie alle standen für die Hoffnung auf eine massenhafte Radikalisierung, die tatsächlich an die Wurzeln des Systems geht, sich von Kriegsangst nicht blind machen läßt, sondern die atomare Drohung als letzte Konsequenz der Ausbeutungs- und Vernichtungsstrategien des hauseigenen Imperialismus begreift, der sich tagtäglich auf allen Ebenen reproduziert und uns nicht nur zu Opfern, sondern auch ständig zu Mittätern macht. Der Kampf gegen die Nachrüstung wollte er wirklich ernst machen hätte die Grundlage und Legitimation des Systems in Frage stellen müssen und schien gerade deshalb prädestiniert, zur Klammer und Vermittlung zwischen den unverbundenen sozialen, ökologischen, feministischen und anderen gesellschaftlichen Teilbewegungen zu werden, sie zu vereinheitlichen und zu potenzieren. Dies war offensichtlich ein Trugschluß. Statt den imperialistischen Zusammenhang zwischen Rüstung und Krise, 3. Welt-Elend und Sozialabbau, Sexismus und Rassismus usw. herauszuschälen und an all diesen Demarkationslinien neue Fronten aufzumachen, ist genau das Gegenteil eingetreten.
Aus allen gesellschaftlichen Bereichen haben sich Leute zurückgezogen und auf die Hauptgefahr hin konzentriert und organisiert. Die überdimensionale Bedrohung schärfte nicht den Blick für Ursachen und Zusammenhänge, sondern ließ Angst und Verzweiflung ins Kraut schießen, bewegte sich immer weiter weg von den Wurzeln, wo sich die Frage wer wen? konkret stellt und auch mit schwachen Kräften effektiver Widerstand machbar ist. Die Dialektik, daß sich die Kämpfe, je größer und globaler die Gefahr ist, umso gezielter und heftiger gegen die Fundamente der Macht richten müssen, diese Dialektik hat die Friedensbewegung ob bewußt oder unbewußt, sei dahingestellt außer Kraft gesetzt.
Dagegen konnten sich auch die Versuche des autonomen Teils der Friedensbewegung, real zu behindern, zu stören, zu sabotieren, nicht durchsetzen. Die Hoffnung, der Protest gegen die Nachrüstung werde sich radikalisieren und zur Konfrontation mit dem Regime eskalieren, indem die Autonomen ihren sozialen und antiimperialistischen Widerstand eng an Formen und Inhalte der organisierten Friedensbewegung orientierten, hat sich nicht eingelöst. Die alte Erfahrung, daß sich eine Bewegung nicht von innen heraus kritisieren läßt, sondern sich Kritik inhaltlich und praktisch in einer Gegenbewegung verwirklichen muß, scheinen wir offensichtlich immer wieder von Neuem machen zu müssen.
Davon unberührt bleibt die Tatsache, daß viele im Protest gegen die Stationierung individuelle Erfahrungen gemacht haben, die ihnen niemand mehr nehmen kann grundsätzliche Erfahrungen, nicht nur im Verhältnis zur Macht und ihrer Arroganz und Gewalt, sondern auch im Verhältnis zu sich selbst, zur eigenen gesellschaftlichen Rolle, zu den Beziehungen untereinander. In diesen Teilen der Friedensbewegung hat sich ein Widerstandspotential herauskristallisiert, dessen Bedeutung sich in den kommenden Auseinandersetzungen bewahrheiten wird. Und wenn aus dem Innenministerium Befürchtungen laut werden, daß sich die militanten Kerne der Friedensbewegung zur neuen terroristischen Generation entwickeln könnten, so spricht daraus nicht nur Propagandaabsicht, sondern auch das Eingeständnis, daß die Verstaatlichung des Protests nicht restlos geglückt ist. Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß die Teile der Friedensbewegung, die den Zusammenhang von Nachrüstung und Imperialismus thematisiert und praktisch angegriffen haben, stets in der Minderheit geblieben sind. In ihrer Mehrheit will die Friedensbewegung davon nicht wissen.
Im Gegenteil: die Analyse der Welt in die Kategorien des Klassenkampfes wird überlagert von einem scheinmoralischen Dualismus, der nicht zwischen oben und unten, sondern zwischen gut und böse unterscheidet. Das neue und doch so uralte Ideal, das zugleich gefährlich ist, weil es letztlich immer vor den materiellen Bedingungen kapituliert, ist wieder mal der friedfertige Mensch, der Klassenwidersprüche als Ausdruck menschlichen Fehlverhaltens begreift und sich ihre Lösung aus einer umfassenden moralischen Runderneuerung erhofft, während er hinter Konfrontationen und Kampf von unten die gleichen aggressiven Triebkräfte wittert wie in den menschenvernichtenden imperialistischen Globalstrategien. Aus dieser Sicht kann Friede nur die Folge massenhafter persönlicher Abrüstung und moralischer Aufrüstung sein und keinesfalls das mögliche Resultat einer Entwicklung, in deren Verlauf um die Abschaffung von Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnissen gekämpft wird. Hier hat das fadenscheinige Argument, daß man zunächst einmal mit sich selbst ins Reine kommen müsse, um die Sache des Friedens überhaupt glaubwürdig vertreten zu können, seine Basis; hier gilt, daß die Hände zum Beten gefaltet werden, damit sie sich nicht zu Fäusten ballen können.
In diesem moralisch-religiösen Weltbild schließen sich Engagement für den Frieden und Klassenkampf antagonistisch aus, weil der Kampf als solcher das Problem ist, gegen das man sich zusammengeschlossen hat. Die Friedensbewegung in ihrer Masse will nicht Widersprüche vorantreiben und austragen, sondern sich gegen sie abschotten. Sie sucht Oasen der Ruhe in einer Welt voller schreiender Gegensätze. Die Friedensgemeinde ist nicht nur Rückhalt angesichts der atomaren Bedrohung, sondern zugleich Objekt jener Vision von Ganzheit, von heiler Welt, die in der Realität in die Brüche geht. Vielleicht erklärt sich aus diesem überwältigenden Harmoniebedürfnis die kaum begreifliche Mischung aus demonstrativer Angst und beschaulicher Gelassenheit, der man auf den Kundgebungen der Friedensbewegung begegnet. Vielleicht liegt darin der Grund für die offensichtliche Diskrepanz zwischen der Dramatik, mit der die Folgen eines Atomkriegs ausgemalt werden und der penetranten Harmlosigkeit ihrer Aktionsformen. Die Demutsgesten und die Opferbereitschaft, die Frömmelei und der missionarische Eifer, die innere Leere, ja Seichtheit, die einem auf Friedensfesten entgegenschlägt all dies sind Indizien dafür, daß der Protest gegen die Raketen vor allem als Pazifisierung nach innen, als Entschärfung der Zeitbombe, die jedes Herz sein könnte, verstanden und gehandhabt wird.
Es läßt sich wahrscheinlich nicht genau ausmachen, ob die Entpolitisierung und Moralisierung der Friedensbewegung die Bedingung oder der Preis für den Einstieg und den zunehmenden Einfluß der Grün-Alternativen, der Kirchen, der traditionellen Kommunisten und Sozialisten und schließlich der Integrationsapostel aus den Reihen der Sozialdemokratie die, noch im Besitz der Macht, genauso knallhart stationiert hätte waren. Gleichwohl ist ihnen allen der Vorwurf zu machen, daß sie der gemütlichen Grundstimmung innerhalb der Friedensbewegung nicht entgegengewirkt, sondern sie vielmehr genährt und genutzt haben, um ihr plattes Konzept der Verbreiterung, das in dem bloßen Anwachsen einer Bewegung bereits ein Zeichen für ihre Stärke sieht, durchzusetzen.
Doch weder dieser Vorwurf, noch die xte Auflage der wer hat uns verraten?-Klage, noch die richtige und absolut notwendige Kritik an Führungscliquen, Staatsverträgen und Standleitungen beantworten die brisante Frage, ob das konservative Grundmotiv innerhalb der Friedensbewegung lediglich deshalb so breite Resonanz findet, weil es nicht praktisch mit einer klassenkämpferischen Bewegung und Kultur konfrontiert wird oder ob heute angesichts der ständig eskalierenden Drohungsspirale breite Volksbewegungen nur zu den Bedingungen eines derartigen moralisch-religiösen Weltbilds zu haben sind und ob sich wirklich das Prinzip Hoffnung immer weniger am Menschen und seiner Fähigkeit, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen also am Klassenkampf festmacht, sondern sich jenseits aller materiellen Verhältnisse Rettung und Heil aus einer klassennegierenden, herrschaftsverbrüdernden moralischen Umkehr verspricht. Die weltweite Renaissance der Religionen, Sekten, Mythen und Mysterien könnte hierfür ein Indiz sein. Wie auch immer die Hintergründe dieses Phänomens haben wenig Mysteriöses an sich. Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, schreibt Marx und die Drangsal wird täglich neu geschürt. In unablässiger Folge spucken die Administrationen der Macht globale Endzeitstudien und Katastrophenszenarios aus, nichts wird hinterm Berg gehalten, bemäntelt oder beschönigt. Noch nie hat ein System die verheerenden, menschenvernichtenden Konsequenzen seiner Herrschaft derart offen und offensiv propagiert und von sich aus ohne jegliche Zensur ständig neues Tatsachenmaterial über seine überdimensionale Bedrohlichkeit ins Volk lanciert. Die sich überschlagenden Konjunkturen von Angst und Schrecken haben Methode, entspringen eiskaltem Machtkalkül, sind eine Waffe. So werden die Raketen nicht klammheimlich untergeschoben wie vor ihnen Generationen von Waffensystemen sondern schon vor ihrer Fertigstellung in alle Kanäle der gesellschaftlichen Kommunikation gepreßt. Verhandlungen werden inszeniert, um das heiße Thema ständig am Köcheln zu halten:
Gute Durchsetzungsbedingungen erwarten sich die Politstrategen davon, daß zwar der konkrete Inhalt der Konsultationen geheim bleibt, das Verfahren und der Zweck allerdings offensiv in die Öffentlichkeit getragen wird, damit die möglicherweise erforderlich werdenden Opfer und Kollektivmaßnahmen innenpolitisch gestützt werden. (aus: Die Sicherheit des Westens Neue Dimensionen und Aufgaben).
Weil der Imperialismus Proteste gegen die militärische Eskalation nicht von vornherein ausschalten kann, zieht er alle Register, um dessen Stoßrichtung in seinem Sinne zu steuern und die berechtigte Kriegsangst zur Massenpsychose umzudrehen, die er im Interesse der Durchsetzung des Projekts der Zukunft mobilisieren kann. Damit wird selbstverständlich nicht die Angst vor der atomaren Aufrüstung gegenstandslos oder als Paranoia denunziert. Denunziert werden muß aber ihre absichtsvolle und manipulative Inszenierung durch die Macht:
Denunziert werden muß jeglicher Versuch, Katastrophenstimmung zu schüren und wachzuhalten, damit das Regime umso freiere Hand bei der Umsetzung des imperialistischen Projekts nach innen hat. Im Schatten der Vernichtungsdrohung wird die Wende angepeilt, wird die Auflösung des Wohlfahrtsstaats49 betrieben, werden die Weichen zu einer neuen Politik der Verarmung, der Vertreibung und Vernichtung gestellt. Die Krisenstrategen verschaffen sich freie Bahn, indem sie Folgen der Krise als das kleinere Übel und notwendiges Opfer verkaufen, das zur Vermeidung einer weitaus größeren Katastrophe gebracht werden muß. Die Utopie einer freien Gesellschaft fällt einer politischen Moral anheim, deren einziger Wert im physischen Überleben der Menschheit besteht.
Denunziert werden muß jeder Versuch, Endzeitstimmung propagandistisch anzuheizen, um dem gesellschaftlichen Individuum seine Ausgeliefertheit und seine Machtlosigkeit einzuhämmern. Das Gefühl der überwältigenden Bedrohung wird in dem Maße zur Legitimationsgrundlage für den imperialistischen Staat, wie Lösungen nicht mehr gegen die Herrschenden, sondern nur noch im Verein mit ihnen möglich erscheinen. Je brutaler die Krise exekutiert wird, umso stärker wächst das Heer der eifrigen kleinen Polit- und Militärstrategen, die den Mächtigen dieser Welt Ratschläge andienen, was sie wie besser machen könnten. Auf allen Kanälen wird der Dialog mit der Macht wieder geknüpft, richtet sich die Hoffnung auf Parlamente, Ministerien, Abgeordnete, ja selbst den Sicherheitsapparat und es gerät dabei in Vergessenheit, daß die Beziehung einer Emanzipationsbewegung zur Politik nicht partizipativ sein darf, sondern destruktiv sein muß (Agnoli50)
Und schließlich muß jeder Versuch denunziert werden, jene Mischung aus apokalyptischer Grundstimmung, abstrakter Friedenssehnsucht und sozialer Begriffslosigkeit, die für die Friedensbewegung so typisch ist, dazu auszunutzen, um ganz anderen Forderungen und Zielen die Legitimation einer Massenbasis zu verschaffen. Die Übungen in Machtunterwerfung, die Dressur von Gewaltfreiheit, der Konsenszwang in Bezugsgruppen sind nicht so harmlos, wie sie auf den ersten Blick aussehen. Das darin verwurzelte Gefühl moralischer Überlegenheit könnte sich in Verbindung mit der immer wieder geschürten Angst vor totaler Vernichtung leicht als hochbrisantes Gemisch erweisen, das seine Sprengkraft allerdings in ganz anderen Konstellationen entfaltet. Die Grenzen zwischen missionarischem Eifer und Kreuzzugsmentalität sind bekanntlich fließend. Die Gefahr liegt nicht allein darin, daß die Friedensbewegung Resignation und Verzweiflung hinterläßt, sondern daß sie zum Durchlauferhitzer einer politischen Programmatik wird, die ihre ursprünglichen Intentionen bis zur Unkenntlichkeit verzerrt.
Wie leicht das dumpfe Gefühl der Bedrohung umschlagen kann, gegen ausgemachte Störenfriede mobilisierbar ist, haben die organisierten Teile der Friedensbewegung in ihrer Reaktion auf das autonome und militante Spektrum insbesondere nach Krefeld anschaulich vorgeführt. Die Heftigkeit und Wut, mit der dort auf der Seite des Staates gegen die Chaoten vom Leder gezogen wurde, ist lediglich die häßliche Fratze, die Kehrseite des Ideals vom guten Menschen. Es mag persönliche Motive und auch sonst gute Gründe geben, warum es in bestimmten Situationen falsch oder fragwürdig ist, seine Ziele mit gewaltsamen Mitteln zu verfolgen. Wo Gewaltfreiheit aber zum unantastbaren Prinzip erhoben wird, an dem sich gut und böse scheiden, geht es nicht um Argumente, sondern um Unterordnung und Gehorsam. Mit ihren Distanzierungen und Denunziationen haben die Friedensfunktionäre vor allem eines klargestellt: daß sie den Maßstab, dem sie sich verpflichtet fühlen mögen, längst als Machtanspruch über die gesamte Bewegung verstehen und handhaben.
Natürlich steht dahinter weniger Moral als vielmehr politisches Kalkül: es setzt auf den historischen Kompromiß im Innern, der im übergeordneten Interesse der Erhaltung als Gattung (Bahro51) geschlossen werden soll und als dessen Wegbereiter und Garant die Führungsschicht der Friedensbewegung nach unten abwiegelt und nach oben Verträge schließt ganz so als ließe sich der Verzicht auf die Raketen gegen das Angebot der Sozialpartnerschaft einhandeln. Wenn Robert Jungk52 behauptet, daß, wer Nie wieder Krieg sagt, auch Nie wieder Bürgerkrieg sagen müsse, dann stellt er die wirkliche Alternative der Geschichte Sozialismus oder Barbarei, Bürgerkrieg oder Völkermord endgültig auf den Kopf. So verhindert man nicht imperialistische Kriege, sondern im Gegenteil: so strickt man mit am inneren Frieden als eine ihrer zentralen Vorausetzungen.
Dennoch: im lähmenden Streit um die Gewaltfrage droht unterzugehen, daß der historische Kompromiß nur Vehikel ist, um ganz anderen Zielen Nachdruck zu verleihen. Organisierte Teile der Friedensbewegung schicken sich an, ihr politisches Süppchen auf deren Rücken zu kochen. Ihre Kritik an der Nachrüstung geht weiter über die Raketenfrage hinaus und mündet in der Perspektive einer blockfreien Großmacht Europa. Wenn die Hegemonialmächte den Krieg wollen und man selbst den Frieden so die fatale Logik dann muß man selbst nur stark genug werden, um die anderen zur Vernunft bringen zu können. Wir müssen leider selbst gefährlich werden, um den Frieden zu wahren, hat Manes Sperber53 die Perspektiven der Friedensbewegung aus französischer Sicht abgesteckt, als ihm der Friedenspreis übergeben wurde. Ist es nur Schlamperei, daß sich kein Bastian54 und keine Petra Kelly55 dagegen empört haben oder ist es stillschweigendes Einverständnis? Und da in Europa nichts läuft, ohne daß an der deutschen Frage gerührt wird, ist von links das Problem der Wiedervereinigung aufgeworfen worden. Im vorgeblichen Interesse der Abrüstung wird so an der Fiktion eines progressiven deutschen Nationalismus gewerkelt eines Nationalismus, in dessen Namen nicht nur zwei verheerende Weltkriege entfesselt, sondern auch jene Endlösung, jener Holocaust inszeniert wurden, als deren zukünftiges Opfer die Friedensbewegung heute demonstratives Massensterben veranstaltet. Geschichte verkehrt!
Die Legende von der Geisel Europa und die Parole von der besetzten BRD, die zwischen den Supermächten USA und UdSSR zermalmt zu werden droht, tragen nicht nur zur Verharmlosung und Entschärfung des westdeutschen und westeuropäischen Imperialismus bei. Sie dienen den grün-sozialdemokratischen Politstrategen darüberhinaus zur Begründung einer souveränen europäischen und deutschen Politik, deren materielle Basis selbst gar nicht mehr zur Debatte steht:
Wir bemühen uns, eine eigene europäische Politik zu betreiben wenn dies die konkrete Alternative ist, dann sage ich ja, die unterstütze ich. Ich würde sie auch dann unterstützen, wenn sie eine lupenreine kapitalistische wäre. (Dan Diner/SB56)
Zum lupenreinen Kapitalismus gehört der Expansionismus wie das Salz zur Suppe. Ein lupenreiner Kapitalismus hält sich nicht an die Grenzen des Nationalstaats, sondern muß auf der Jagd nach Profiten diese immer wieder überschreiten. Lupenreiner Kapitalismus hat wenig mit Frieden und dafür umso mehr mit Imperialismus und Krieg zu tun. Das gilt auch und in zunehmendem Maß für das westdeutsche Kapital, dessen Wiedererstarken in dem scheinbar progressiven Postulat nach Überwindung des Blocksystems lediglich ideell nachvollzogen wird. Die innerimperialistische Kräfteverschiebung schlägt sich in der Forderung nach einer neuen Nachkriegsordnung nieder. Dem westeuropäischen namentlich dem westdeutschen Kapital soll endlich das Stück vom Kuchen der weltweiten Ausbeutung zugestanden werden, das seinem ökonomischen Gewicht angemessen ist.
Blockfreiheit im Namen des Friedens massenwirksam vermittelt das ist das Wasser auf die Mühlen derer, die sich von einem neutralen Westeuropa Spielraum für einen flexibleren imperialistischen Kurs versprechen.
Daß die innerimperialistische Konkurrenz hinter den globalstrategischen Interessen der NATO-Staaten gegenüber dem Rest der Welt zurücksteht, haben wir gesagt. Ein blockfreies Europa ist keineswegs neutral, bedeutet nicht Abkopplung vom Westen, also Schwächung des imperialistischen Lagers, sondern Verdopplung seiner Macht. Die Revision von Jalta57, die quer durch die politischen Parteien propagiert wird, zielt auf die Überwindung der europäischen Teilung unter westlicher Flagge, zielt nicht auf ein atomwaffenfreies, sondern auf ein kapitalistisches Europa von Polen bis Portugal.
Wer heute einem linken Patriotismus das Wort redet und die Friedensbewegung für ein blockfreies Europa zu mobilisieren versucht, ohne dessen ökonomisch-politische Strukturen anzugreifen, darf sich nicht wundern, wenn unterm Strich eine nationalchauvinistische Bewegung dabei herauskommt, die bewußt oder auch nicht im Kielwasser imperialistischer Destabilisierungspolitik schwimmt.
Die Friedensbewegung darf nicht ausgewogen, sie muß einseitig antiimperialistisch sein oder sie entwickelt sich zum Auffangbecken nationalistischer Emotionen, von denen noch immer die Herrschenden profitiert haben. Warum fordern die Grün-Alternativen in schönster Ausgewogenheit Abrüstung in Ost und West, statt dem Mythos einer Bedrohung aus dem Osten, der schon immer zur Legitimation westlicher Aufrüstung hat herhalten müssen, entgegenzutreten? Warum stoßen sie sich nicht daran, wenn sie mit ihren Initiativen zu einem günstigen Zusammenschluß der Friedensbewegung West mit einer unabhängigen Friedensbewegung Ost, ebenso mit ihren Aktionen auf dem Alexanderplatz58 oder mit ihrer vorbehaltlosen Solidarität mit der Solidarnosc59 und der Charta 7760 stets Beifall von den falschen Rängen ernten? Und warum können sie nicht über den US-Imperialismus, über Grenada reden, ohne im selben Atemzug Schweinereien der Sowjetunion aufzuzählen? Mit der Mobilisierung antiamerikanischer und antikommunistischer Ressentiments lassen sich in der BRD leicht Mehrheiten gewinnen. Ein Beispiel von politischer Stärke im Sinne von Emanzipation ist das nicht. Im Gegenteil so verstandene europäische Politik leistet einem Befreiungsnationalismus Vorschub, der nichts mit der Linken zu tun hat und seine politische Basis dort finden wird, wo der deutsche Patriotismus schon immer beheimatet war: im reaktionären und rechtsradikalen Lager.
Der linke Patriotismus ist nicht die Ausnahme, sondern er liegt im Trend. Anstatt die konservative Erneuerung von oben mit einer radikalen Gegenkultur zu konfrontieren, schwimmt die Friedensbewegung in deren Sog. Wenn die neuen grünen Philosophen den Wertkonservativismus entdecken und Abschied vom Proletariat61 nehmen, um in Zukunft in den trüben Reservaten konservativer Provenienz zu fischen, müssen sie als erstes mit ihrer linken Vergangenheit brechen und fundamentale emanzipatorische Positionen über Bord werfen. Die Friedensfrauen revidieren das Selbstverständnis der Frauenbewegung, indem sie den Kampf gegen Unterdrückung, gegen Sexismus, gegen strukturelle Gewalt hinter das große gemeinsame Ziel des Friedens zurückstellen. Und wenn Teile der Frauenbewegung sich wieder auf genuin weibliche Normen und Verhaltensweisen besinnen, um in der Natur der Frau bereits alle Eigenschaften angelegt zu sehen, die in den Wertmaßstäben der Friedensbewegung in Form von Opferbereitschaft, Unterwürfigkeit, Absage an Konfrontation und Kampf ihre Entsprechung gefunden haben, so begünstigen sie damit die biologische Zementierung einer Weiblichkeit, die längst als Produkt von Herrschaft begriffen und bekämpft worden war.
Die schleichende Einnistung reaktionärer Ziele und Inhalte im progressiven Gewand ist nicht zuletzt Ausdruck und Resultat linker Versäumnise. Nicht die Rechten haben sich in den sozialen Bewegungen breitgemacht, sondern die Krise der Linken hat dazu beitragen, daß dort Unklarheiten und Positionen herumgeistern, von denen letztlich die Rechten profitieren. So hat die apokalyptische Vision von der Auslöschung der Menschheit als Argument gegen die Atomenergie bereits in linken Teilen der AKW-Bewegung eine Rolle gespielt, beinhaltete die Warnung vor dem nuklearen Gau, der ganze Bevölkerungsteile vernichten würde, den propagandistischen Appell an die globale Betroffenheit einer abstrakten Volksgemeinschaft, deren Überlebensinteresse vor sozialen und politischen Interessen rangiert, von rechts also leicht gegen die Klassenfrage ausgespielt werden kann. Und selbst in linksradikalen Gruppen wurde unter Antiimperialismus vor allem Anti-US-Imperialismus verstanden, während die Aufrüstung der westeuropäischen Staaten und ihre zunehmende Bedeutung auf dem Weltmarkt praktisch unter den Tisch gefallen sind. Auf einem solchen Boden konnte die Legende von der besetzten BRD, konnte der linke Patriotismus prächtig gedeihen.

Fragen keine Rezepte ...

Was unsere Kritik an der Friedensbewegung betrifft, so sind die Schlußfolgerungen einigermaßen klar

wir müssen aus der fatalen Abhängigkeit von dem Friedensbündnis herauskommen und eigene Fronten aufmachen. Die Anlehnung und Orientierung an Themen und Verlaufsformen des Protests gegen die Stationierung bedeutet eine politische wie praktische Einengung, aufgrund derer sich die erklärten Ziele in ihr Gegenteil zu verkehren drohen. Mit der biologistischen und rassistischen Forderung nach einem atomwaffenfreien Europa von Polen bis Portugal haben Linke nichts gemeinsam! Nur in der Perspektive einer autonomen Gegenbewegung, die sich von den inhaltlichen Beschränkungen und vom Niveau der Friedensbewegung frei macht, den Zusammenhang von Krise und Krieg wieder artikuliert und ihre Kritik als Praxis begreift, besteht die Chance, das Bündnis zu polarisieren und ein Gegengewicht zu schaffen, das einer Transformation der Friedensbewegung in einen neuen Befreiungsnationalismus entgegenwirkt. Innere Unruhe und Zersetzung der Fundamente der Macht an den Punkten, wo mit schwachen Kräften effektiver Widerstand zu leisten ist, sind nach wie vor die entscheidenden Mittel gegen die Aufrüstung. Solange eine radikale Massenbewegung nicht in Sicht ist, die im Widerstand gegen die imperialistischen Vernichtungsstrategien zugleich die Machtfrage stellt, bleibt uns keine andere Wahl

unsere Politik muß weiterhin auf eine Stärkung der Linken, auf ihre Radikalisierung und erweiterte Militanz abzielen. Sie darf sich nicht auf Ausschnitte der gesellschaftlichen Wirklichkeit angesichts einer vermeintlichen Hauptgefahr begrenzen, sondern muß das System in seiner Totalität angreifen und die Verbindungslinie zwischen Krise und Krieg, zwischen sozialer Verarmung in den Metropolen und Verelendung und Vernichtung in der 3. Welt, zwischen Sexismus und Rassismus, zwischen technologisch vermitteltem Angriff von oben und ökologischer Verödung ziehen. Die Konsequenzen, die sich aus unserer Analyse des imperialistischen Projekts der Zukunft ergeben, gehen allerdings darüber hinaus, ohne daß sie uns in ihrer Tragweite bereits klar wären. Wir wollen keine Antworten vorspiegeln, wo wir selbst vor allem offene Fragen haben

Die neuen sozialen Bewegungen das hat die Friedensbewegung auf den Punkt gebracht verlaufen zunehmend quer zur Klassenfrage, überlagern soziale Inhalte und entwickeln sich in Teilen nach rechts. Als ausschließlicher Bezugspunkt einer revolutionären Praxis werden sie fragwürdig. Jenes Ab in die Bewegung!, das die Frage der Mobilisierung vor ihre Inhalte und Ziel stellt, reicht als Kriterium nicht länger aus. Die Unterklassen sind zwar als neues Subjekt revolutionärer Veränderungen ausgemacht, allerdings nur auf der Ebene der Analyse und kaum auf der Ebene gesellschaftspolitischer Praxis. Wo sie sich wehren und kämpfen, entwickeln sie Widerstandsformen, die sich von denen der neuen sozialen Bewegungen grundsätzlich unterscheiden. Kurze, aber heftige Randalen, Krawalle, Riots wie sie sich seit Brixton und Toxteth62 abzeichnen haben mit traditioneller Kampagnenpolitik nichts mehr zu tun. Eine Linke, die sich auf die Unterklassen bezieht, muß die Verlaufs- und Organisationsformen ihres eigenen Widerstandes überdenken, wenn sie Vermittlungsmöglichkeiten nach unten finden will.

Vor dem Hintergrund der Abschaffung der freien Lohnarbeit und der Verallgemeinerung von Arbeits- und Reproduktionsformen, die nicht mehr von der Zentralisation der Klasse ausgehen, sondern deren Atomisierung und Zersplitterung beabsichtigen, stellt sich die Frage nach den Konstitutionsbedingungen von Bewußtsein und Organisation in neuer Form. Die Behauptung, daß die Frauen, die Ausländer, die von sozialer Verarmung Betroffenen und Bedrohten die neuen Protagonisten der zukünftigen Kämpfe sein werden, sagt noch nichts darüber aus, wie sich angesichts der Umwälzung der Lebensbedingungen in den Metropolen tatsächlich Subjektivität herausschälen kann und welche Aufgabe eine radikale Praxis der Linken im Prozeß der Konstitution von Bewußtsein spielen wird. Die 3. Welt kann in ihrer Gesamtheit nicht mehr als historisches Subjekt verstanden werden, von dem revolutionäre Veränderungen auch in den Zentren der Kapitalakkumulation ausgehen und als dessen verlängerter Arm der Widerstand hier sich definiert. Die unterdrückten Völker und Länder können nur partielle Befreiungsprozesse aus kolonialer Abhängigkeit machen. Die Konsolidierung dieses Prozesses ist an die Bedingung des Kampfes im Herzen der Bestie (Che63), an die Zerstörung des Imperialismus in seinen Kernländern gebunden.
Gleichzeitig scheint die Ära nationaler Befreiungskämpfe zu Ende zu gehen. In den Hungerrevolten und Plünderungen in Sao Paulo deutet sich an, daß die nationalistische Klammer zwischen einheimischen Eliten und Unterklassen brüchig geworden ist und der gemeinsame Kampf um soziale Befreiung in den Metropolen wie in der 3. Welt zur materiellen Grundlage eines neuen Internationalismus wird.
Die Bedeutung der neuen strategischen Sektoren, die Quelle einer gigantischen Reichtumsakkumulation und Herrschaftsinstrument zugleich sind, muß sich in praktischen Konsequenzen niederschlagen. Es stellt sich die Frage, ob sie zu zentralen Angriffspunkten einer revolutionären Strategie in den Metropolen werden, ob Sabotage zur vorrangigen Kampfform der radikalen Linken wird, auf die hin wir uns zu qualifizieren und zu organisieren haben.
Die Transformation der bürgerlichen Demokratien, die aus den politökonomischen Umwälzungen resultiert, wird die legalen Handlungsspielräume der Linken weiter einengen, zumal dann, wenn die Bedingungen selbst eine Radikalisierung des Widerstands erfordern. Daß die neuen sozialen Bewegungen keinen Schutz darstellen, in dessen Schatten sich Militär organisieren läßt, hat die Friedensbewegung hinlänglich bewiesen. Eine radikale Linke, deren Selbstverständnis darin besteht, Widerstand immer wieder zu ermöglichen, muß sich eigene Strukturen von Subversion und Illegalität schaffen, um unberechenbar, unfaßbar, unbesiegbar zu bleiben.


aus: Die Fruechte des Zorns
Texte und Materialien zur Geschichte der Revolutionaeren Zellen und der Roten Zora
ID-Archiv im IISG/ Amsterdam (Hg.)
ISBN: 3-89408-023-X
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