nadir start
 
initiativ periodika archiv adressbuch kampagnen aktuell

New York: FBI Schikane geht weiter - Künstler droht Verurteilung zu 20 Jahren Gefängnis

8.Juli 2004

FBI Schikane gegen Künstler und Wissenschaftler geht weiter. Kurtz und Ferrel droht eine Verurteilung zu 20 Jahren Gefängnis wegen einer Anklage eines Bundesgerichts.
Dr. Steven Kurtz, Associate Professor of Art an der Universität von Buffalo, wurde heute am Bundesgerichtshof in Buffalo angeklagt und verhaftet in vier Fällen von Postbetrug (United States Criminal Code, Title 18, United States Code, Sections 1341 und 1343), wobei in allen Fällen die Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis möglich ist.

Die Anklage gegen Dr. Robert Ferrell, Professor of Genetics an der Universität von Pittsburgh, der gemeinsam mit Kurtz angeklagt wurde, wurde aus Gesundheitsgründen um eine Woche verschoben.

Die Angeklagten wurden nicht wegen Bioterrorismus angeklagt, auf das sich der ursprüngliche Durchsuchungsbefehl und die Ermittlungen der
Joint Terrorism Task Force stützte, sondern wegen einer aufgebauschten Version eines "unbedeutenden Diebstahls", wie sich Kurtz Anwalt Paul Cambria ausdrückte.
Die Gesetze, die zur Anklage in Anspruch genommen wurden, kommen normalerweise bei Geld- oder Eigentumsbetrugsdelikten zur Anwendung. In der Vergangenheit wurden diese Gesetze gerne angewandt, wenn die Regierung keine anderen Straftaten beweisen konnte.(Siehe  http://www.caedefensefund.org/ für den Hintergrund und den vollständigen Text der Anklage).

Kurtz darf sich aufgrund der Anklage nicht mehr frei bewegen und muss mit zufälligen und geplanten Kontrollen eines Bewährungshelfers rechnen, außerdem muss er sich regelmäßig Drogentests unterziehen.

Bedeutende WissenschaftlerInnen sind verwirrt und alamiert

Eine Menge Leute wundern sich, warum dieser offensichtlich absurde Fall immer noch weiter verfolgt wird.
"Ich bin vollkommen überrascht", sagte Donald A. Henderson, emeritierter Dekan der Johns Hopkins University School of Hygiene and Public Health und Wissenschaftler am Center for Biosecurity der University of Pittsburgh Medical Center. Henderson ist von Präsident Bush ausgezeichnet mit der Freiheitsmedaille für seine Arbeit am Antipocken-Programm der Weltgesundheitsorganisation und wurde von der Bush Administration vorgeschlagen, das National Advisory Council on Public Preparedness zu führen.

"Nachdem was ich gelesen und gehört habe, hat Prof. Kurtz mit vollkommen ungefährlichen Organismen gearbeitet ...um über die Risiken und Gefahren biologischer Waffen hinzuweisen. Auch diejenigen von uns, die auf diesem Gebiet arbeiten, sind besorgt über deren mögliche Anwendung und die Gefahr des Bioterrorismus." Henderson wies darauf hin, dass die Organismen, die in Kurtz' Fall zur Frage stehen, Serratia marcescens und Bacillus atrophaeus, nicht auf der Liste derjenigen Substanzen stehen, die für den Bioterrorismus eingesetzt werden können.
( http://newstandardnews.net/content/?action=show_item&itemid=646 ).

Natalie Jeremijenko, Professorin für Design Engineering an der University of California in San Diego, gab an, dass WissenschaftlerInnen ständig Material untereinander austauschen. "Ich mache das, meine StudentInnen machen das. Es ist eine Basis wissenschaftlicher Zusammenarbeit. ... Deshalb müßten sie die gesamte Wissenschaftliche Gemeinschaft anklagen."

Vielleicht aufgrund solcher Perspektiven hat das renommierte Wissenschaftsmagazin "Nature" WissenschaflterInnen dazu aufgerufen, Kurtz zu unterstützen."Genau wie bei der Verfolgung einiger WissenschaftlerInnen in den vergangenen Jahren, scheinen die Staatsanwälte Kurtz als exemplarisches Beispiel für alle anderen KünstlerInnen herauszugreifen..... Kunst und Wissenschaft sind Formen von Forschung, die erhellen und kontrovers sein können. Und die Freiheit beider muss bewahrt werden als Teil einer gesunden Demokratie, ebenso wie ein Sinn für Verhältnismäßigkeit." ( http://www.caedefensefund.org/press/CAEed.pdf ).

Massnahme zur Gesichtswahrung oder Warnung an Künstler?

Einige glauben, dass der gesamte Fall hauptsächlich eine Taktik zur Gesichtswahrung des FBI ist: "Kürzlich verhafteten FBI Agenten den Kunstprofessor Steve Kurtz, indem sie behaupteten, er sei ein Bioterrorist. Jetzt haben die Verantwortlichen das Ganze auf Postbetrug runtergesetzt. ...Das FBI bekommt immer ihren Mann, sogar wenn die ihre Anklage ändern müssen. Vorsicht an alle!" ( http://www.buffalonews.com/editorial/20040707/3028537.asp ).

Andere, wie die Herausgeber von "Nature", die oben zitiert wurden, beurteilen die Sache wesentlich heimtückischer. "Es wird wikrlich einen großen Einfluss auf die Arbeit der Leute haben, die sich in dem Feld bewegen - und in anderen Bereichen auch.", sagte Stephen Halpern, ein SUNY Buffalo Jura Professor, der sich mit Verfassungsgesetzen beschäftigt.( http://newstandardnews.net/content/?action=show_item&itemid=646 ).

Professoren und Angestellte der Universitäten von California äußern ähnliche Befürchtungen. "Wir sind alle sehr besorgt und verstört, dass die Verfolgung eines CAE Mitglieds und Forschungskollegen weitergeführt wird ... Wir erkennen hier ein Verhaltensmuster, dass zur Einschränkung der akademischen Freiheit, der küntlerischen Freiheit, der Freiheit interdisziplinärer Forschung, der Freiheit der Information, der Freiheit des Wissensaneignung und -wiedergabe, der Freiheit der Gutgläubigkeit und der friedlichen Froschung führt. All dies sind fundamentale Rechte und Ecksteine einer modernen akademischen Umgebung."

"Kurtzs Materialien sind politsch gefährlich, nicht physisch", sagte Mary-Claire King, jene Genetikerin an der Universität von Washington, die als erste die Existenz eines Gens für erblichen Brustkrebs nachwies. "Sie [Steve Kurtz und das Critical Art Ensemble] benutzen [wissenschaftliche] Ideen, indem sie ihre eigene Art der Veranschaulichung betreiben, und sagen dann: 'Vielleicht wollt ihr dies ja mal auf diese Art betrachten.' Für mich ist das Unterricht. Für mich scheint das nicht die Sicherheit der Heimat zu gefährden. Tatsächlich würde es mich entsetzen in einem Land zu leben, indem dies als Bedrohung geahndet wird."
( http://www.tribnet.com/entertainment/story/5238040p-5173016c.html ).

Das CAE wollte die genannten Bakterien in einem Projekt einsetzen, dass die Geschichte der Beteiligung der USA an Kriegsführung mit Krankheiserregern kritisiert, eingeschlossen die Verwendung von Hunderten von Millionen von Dollars durch die Bush Administration, um Hochsicherheitslabore im ganzen Land zu errichten.
Viele bedeutende WissenschaftlerInnen erkennen in diesem Plan ebenfalls das Nahen einer Katastrophe. "Ich bin besorgt darüber aus Sicht der Wissenschaft, der Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit und der Ökonomie", schreibt Dr. Richard Elbright, Direktor eines Labors am Waksman Institut für Molekularbiologie der Rutgers Universitäten und ein Howard Hughes Medical Institute Forscher. "Sie werden auf alle Fälle alle verlieren."
( http://www.nytimes.com/2004/06/29/science/29cont.html ).

In einem Brief an das FBI schreibt das PEN American Freedom to Write Komittee, dass "das PEN starke, zielgerichtete Gesetze zur Terroristenbekämpfung und derer, die terroristische Attacken planen, unterstützt. Um die terroristische Gefahr zu bannen, dürfen wir jedoch nicht dem Impuls der Zensur und dem Verbot ganzer Wissensgebiete folgen. Die Mittel von Terroristen sind Mittel des modernen Lebens, und viele dieser Mittel, Biotechnologie eingeschlossen, haben weitreichende Anwendungsmöglichkeiten. Außerdem stellen sie schwierige ethische und politische Fragen, die zu erörtern sowohl das Recht und die Pflicht einer freiheitlichen Gesellschaft sind. Künste wie Literatur und Performenz sind unabkömmliche Mittel, um die Öffentlichkeit zu stimulieren und öffentliches Bewußtsein zu erweitern von ansonsten obskuren Wissensgebilden.... Handlungen [des FBI und der Joint Terrorism Task Force] können einschränkende Wirkung auf sprachliche Äußerungen haben, die ganz eindeutig vollen Schutz des First Amendment geniessen. Sie haben sich dazu verpflichtet, antiterroristische Massnahmen zu ergreifen ohne die zivile Freiheit und den verfassungsmässigen Schutz zu kompromittieren."

Unzählige andere WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen, Institutionen und andere haben Unterstützungsbriefe für Kurtz und Ferell geschrieben. Einige davon finden sich hier:  http://www.caedefensefund.org/letters.html .

Ermittlungen gehen weiter

Selbst nach der heutigen Verhaftung ist die Ermittlung gegen Kurtz und Ferrel nicht zu Ende. Die große Jury hört immer noch Berichte von geladenen Zeugen an, darunter Autonomedia, ein unabhängiger Verlag, der fünf Bücher des CAE veröffentlicht hat (  http://www.autonomedia.org/ ).
Autonomedia, vorgeladen für den 13. Juli, um sämtliche Korrespondenz und Schriften, die in ihrer Zusammenarbeit mit dem CAE entstanden sind, vorzuzeigen, wird von der New York Civil Liberties Union vertreten, die als sachverständige Berater des American Booksellers Committee for Free Expression bestellt wurden.

OrganisatorInnen und UnterstützerInnen des Verteidigungskommittees haben bekannt gegeben, dass sie ihre Informations-, Aufklärungs-, und Protestaktivitäten weitermachen werden.
Etliche Unis haben zum Fall bereits Teach-Ins für den Herbst organisiert, und Fundraisingveranstaltungen sowie öffentliche Diskussionen sind während des ganzen Juli und August in Chicago, London, New York und anderen Städten geplant.

Um zu spenden, siehe  http://caedefensefund.org/donate.html.
Neuigkeiten über den Fall:  http://www.caedefensefund.org/.
Um per Email häufiger über Neuigkeiten unterrichtet zu werden:  http://groups.yahoo.com/group/CAE_Defense/

 

09.07.2004
CAE / Übersetzung nadir-aktuell   [Aktuelles zum Thema: Kritik d. Gentechnik]  [Schwerpunkt: Repression gegen das Critical Art Ensemble]  Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht