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Hamburg: Freispruch im Prozess gegen den Fahrer des Lautsprecherwagens der Gelöbnix-Demo

Am 16.6.2003 demonstrierten ca. 2000 Menschen gegen das Bundeswehrgelöbnis
auf dem Hamburger Rathausmarkt. Im Verlaufe der Demonstration kam es zu
einem Angriff der Polizei auf den Lautsprecherwagen der Demonstration. Dabei
wurde u.a. die Windschutzscheibe des Wagens eingeschlagen. Im Anschluss an
die Demo wurde der Fahrer des Lautsprecherwagens festgenommen. Die Vorwürfe:
"versuchte gefährliche Körperverletzung ", "gefährlicher Eingriff in den
Straßenverkehr" und „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in einem
besonders schweren Fall“. er Prozess gegen den Fahrer des Lautsprecherwagens
der Gelöbnix-Demo endete am Donnerstag den 8.4. bereits am 1. Prozesstag mit
einem Freispruch! Schon am ersten Tag verwickelte sich der
Hauptbelastungszeuge der Polizei derartig in Widersprüche und relativierte
die Anklage, dass dem Staatsanwalt nichts anderes übrig blieb, als auf
Freispruch zu plädieren.

War die Anklage von der Polizei schon enorm hochgehängt, so spitzte sich die
Situation kurz vor dem Prozess nochmals zu, als die Richterin Kugler die
Verhandlung zunächst in den Staatsschutzsaal verlegte und erhöhte
Sicherheitsauflagen, wie das Tragen von Waffen innerhalb des Sitzungssaales
durch die Polizei, verhängte. Da diese völlig unverhältnismäßige Maßnahme
einer Vorverurteilung gleichgekommen wäre, forderte der Anwalt Andreas Beuth
die Richterin auf, dies zurüchzunehmen und drohte unverholen mit einem
Befangenheitsantrag. Richterin Kugler nahm daraufhin alles wieder zurück, so
dass die Verhandlung deutlich entspannter in dem ursprünglich vorgesehenen
kleinen Saal 184 stattfand. In der Anklageschrift hieß es noch, der Fahrer
des Lautsprecherwagens sei vorsätzlich mehrere Male auf eine Polizeikette
zugefahren und habe dabei einen Beamten getroffen. In der Befragung vor
Gericht musste dieser einräumen, dass der Wagen sich insgesamt höchstens
einen Meter bewegt habe, Demonstranten ihm gegenüber im gleichen Abstand zum
Auto standen und er, obwohl am Bein ungeschützt, nichtmal eine sichtbare
Spur an der Hose davon getragen hatte.Als der Anwalt Andres Beuth
umfangreiches Fotomaterial vorlegen wollte und eine große Anzahl
Entlastungszeugen ankündigte, unterbrach die Richterin die Befragung des
Polizisten, um zu besprechen, ob das Verfahren weiter fortgesetzt werden
sollte. Die Besprechung fiel recht kurz aus, da der Staatsanwalt ankündigte,
selbst auf Freispruch plädieren zu wollen. Die Vorwürfe seien nicht zu
halten, zumal der Fahrer hätte in Kauf nehmen müssen, während des Vorfahrens
auch Demonstranten zu verletzen. Richterin Kugler schloss sich dieser
Beurteilung an und äußerte darüber hinaus auch Zweifel an der Aussage des
Polizeibeamten.

Erfreulich war, dass der Prozess von vielen Leuten wahrgenommen wurde und
der Angeklagte und die Gelöbnix-Gruppe von ganz verschiedenen Seiten
ausgezeichnet unterstützt wurden. Dass diePolizei sich auch weiterhin
lächerlich machen wird, wird daran deutlich, dass der kurze Spaziergang von
Prozessbeobachtern von der U- Bahn Station Feldstrasse zum Gericht von einem
ständig größer werdenden Polizeiaufgebot begleitet wurde und unterwegs die
Personalien zweier Freunde aufgenommen worden sind, denen ein Verfahren
wegen Teilnahme an einer unangemeldeten Versammlung angedroht wurde. Wärend
der Verhandlung standen vier Polizeiwannen vor dem Gebäude und ca. 10 Beamte
in Kampfausrüstung vor dem Saal. Dies zeigt, dass es trotz des heutigen
Erfolges notwendig ist, weiterhin gegen die laufenden Versuche vorzugehen,
das Demonstrationsrecht anzugreifen.

Der Prozess, dass Widerstand und ein öffentlich geführter Umgang mit solchen
Anklagen was nützt. Vielen Dank an alle, die sich solidarisiert haben.

 

12.04.2004
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