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Hamburg: Verfahren eingestellt. Tucholsky hat Recht – immer noch und immer wieder!

Wie heute bekannt wurde, wurde das Verfahren gegen drei Aktivisten eingestellt, die während der Rede des Verteidigungsministers Struck zum Bundeswehrgelöbnis auf dem Hamburger Rathausmarkt ein Transparent mit der Aufschrift „Tucholsky hat Recht“ vom Dach der Alsterarkaden gehängt hatten.
Das Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft hatten wegen „Hausfriedensbruch“ (§123 Strafgesetzbuch, StGB) sowie „Durchführung einer Versammlung ohne Anmeldung“ (§26 II Versammlungsgesetz, VersG) ermittelt. Die Aktion war am Ort des Geschehens der augenfälligste Ausdruck des Protestes gegen das Gelöbnis: Das ca. 4x10m große Transparent war etwa fünf Minuten vom gesamten Rathausmarkt deutlich zu sehen und veranlasste Struck dazu, von seinem Redetext abzuweichen.

Die Einstellung des Verfahrens "mangels Vorliegen einer Straftat" (§ 170 II StPO) sei ein Schlag ins Gesicht der Polizei, so ein Sprecher des Bündnisses GelöbnixHH! „Die Vorwürfe gegen Protestierende und Unbeteiligte sind derartig an den Haaren herbei gezogen, dass nun noch nicht einmal mehr die Staatsanwaltschaft den abenteuerlichen Konstrukten der Polizei folgen mag.“

Im Vorfeld des Gelöbnisses der Bundeswehr auf dem Hamburger Rathausmarkt am 16.6.03 sei es zu einer unmäßig überzogenen Gefahrenprognose durch Polizei und Verfassungsschutz gekommen, so das Bündnis. Der völlig unverhältnismäßige Polizeieinsatz, dem selbst interessierte Besucher der Veranstaltung zum Opfer gefallen seien, habe mit diesen Verfahren wenigstens nachträglich gerechtfertigt werden sollen. Nachdem die Mehrzahl der Verfahren bisher von den Gerichten eingestellt wurden oder mit Freispruch endeten, werde es in diesem Fall noch nicht einmal so weit kommen. Mit Spannung erwartet das Bündnis nun die Auswirkungen auf das Verfahren gegen den Fahrer des Lautsprecherwagens der Demonstration: „Die Vorwürfe in dem Verfahren gegen unseren Fahrer sind noch wesentlich abwegiger – allerdings scheint da der Staatsanwalt seinen persönlichen Ehrgeiz hinein zu stecken“.

Insgesamt nahmen an den Kundgebungen gegen das Gelöbnis mehr als 2500 Personen teil. Dem gegenüber stand ein Aufgebot von 3500 Polizisten, die mit aller Macht versuchten, jeglichen Protest in der Innenstadt zu unterdrücken. Obwohl sie auch vor Angriffen auf den Lautsprecherwagen der Demonstration nicht zurückschreckten, ist ihnen das nicht gelungen.

Das gewalttätige und überzogene Verhalten der Polizei ist mittlerweile in Hamburg nicht mehr unüblich. Seit Ende 2002 werden regelmäßig Teilnehmer von Demonstrationen eingekesselt, in Gewahrsam genommen und von der Polizei verprügelt. Nicht zuletzt die Schülerdemo am 24.3.03 macht deutlich, dass die Hamburger Polizei auch nicht davor zurückschreckt, zwölfjährige Kinder grundlos zu verprügeln.

 

05.03.2004
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